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Bruno Chef de police

Bruno Chef de police

Titel: Bruno Chef de police
Autoren: Martin Walker
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vernünftigen Eindruck, und ihr kleines Gästehaus schien sie ebenfalls bestens zu führen. Sogar ihr Französisch war durchaus verständlich, was von dem der wenigsten anderen Engländer, die sich hier niedergelassen hatten, behauptet werden konnte. Er schaute auf die Straße, die dem Flusslauf folgte, sah die ersten Bauern mit ihren Lastwagen zum Wochenmarkt fahren und fand, dass es allmählich Zeit wurde, seinen Dienst anzutreten. Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte die ihm vertraute Nummer des Bahnhofshotels.
    »Sind sie bei dir aufgekreuzt, Marie?«, fragte er. »Sie waren gestern auf dem Markt von Saint-Alvère, müssten also in der Gegend sein.«
    »Nein, Bruno. Hier waren nur die Jungs vom Museumsprojekt und ein spanischer Lastwagenfahrer«, antwortete die Wirtin. »Weißt du noch? Als sie das letzte Mal hier waren und nichts gefunden haben, wollten sie sich in Périgueux ein Auto mieten, um dich damit von ihrer Spur abzubringen. Verdammte Gestapo.«
    Bruno spielte mit den EU-Inspektoren, die auf den französischen Märkten die Hygieneverordnungen für Lebensmittel durchzusetzen versuchten, ein Katz-und-Maus-Spiel; er fühlte sich in erster Linie seiner Gemeinde, ihrem Markt und Bürgermeister verpflichtet, weniger den geschriebenen Gesetzen Frankreichs, zumal wenn diese tatsächlich aus Brüssel stammten. Gegen Hygiene war zwar nichts einzuwenden, aber die Bauern der Gemeinde von Saint-Denis stellten ihre
pâté de foie gras
und ihre
rillettes de porc
schon seit Jahrhunderten her, und dass ihnen irgendwelche fremden Bürokraten vorschrieben, unter welchen Bedingungen sie ihre Gänseleberpastete und ihren durch langes Schmoren und Rühren von Fleisch- und Fettresten des Schweins gewonnenen Brotaufstrich verkaufen durften, passte ihnen überhaupt nicht. Also hatte Bruno zusammen mit anderen Mitgliedern der regionalen
police municipale
ein komplexes Frühwarnsystem entwickelt, um die Markthändler rechtzeitig alarmieren zu können, wenn Kontrollen zu erwarten waren.
    Die Inspektoren - in einer Gegend Frankreichs, die der deutschen Besatzung entschieden Widerstand geleistet hatte, gemeinhin Gestapo genannt - waren zu ihrem ersten Kontrollbesuch in einem Auto mit roten belgischen Nummernschildern auf den Märkten des Périgord aufgekreuzt. Beim zweiten Besuch, vor dem Bruno gewarnt hatte, waren alle vier Reifen plattgestochen worden. Daraufhin kamen sie in einem Auto aus Paris mit den Endziffern 75 auf dem Kennzeichen. Aber auch sie bekamen es mit der Résistance zu tun, und Bruno fürchtete schon, dass die Gegenmaßnahmen vor Ort außer Kontrolle geraten könnten. Er ahnte sehr wohl, wer für die platten Reifen verantwortlich war, und hatte mit ein paar mahnenden Worten unter vier Augen die Wogen zu glätten versucht. Gewaltakte waren überflüssig, solange das hiesige Frühwarnsystem gewährleisten konnte, dass die nicht EU-konformen Waren von den Märkten verschwunden waren, bis die Inspektoren eintrafen. In der Folgezeit änderten die Inspektoren ihre Taktik. Sie kamen mit dem Zug und quartierten sich in den jeweiligen Bahnhofshotels ein. Doch sie wurden von den Hotelbetreibern auf den ersten Blick erkannt, und die hatten alle jede Menge Cousins und Zulieferer, die
crottins
aus Ziegenkäse und
foie gras
herstellten, Marmeladen und Speiseöle, gewürzt mit Walnüssen oder Trüffeln, Butter und Joghurt,
pâtés
und
mousses
und
confits,
dank deren das Périgord als das Herzstück der gastronomischen Kultur Frankreichs galt - zumindest für Lokalpatrioten wie Bruno und seinen einzigen Vorgesetzten, den Bürgermeister von Saint-Denis, sowie alle gewählten Ratsmitglieder der Gemeinde und selbst für Montsouris, den Kommunisten. Bruno verstand es deshalb auch als seinen amtlichen Auftrag, Nachbarn und Freunde vor den Idioten aus Brüssel in Schutz zu nehmen, die sich unter gutem Essen allenfalls Miesmuscheln und Pommes frites vorstellen konnten und dann auch noch edle Kartoffeln mit Fertigmayonnaise verhunzten. Jetzt versuchten es die Inspektoren also mit einer neuen Finte: Sie inszenierten ihren Überfall mit einem vor Ort gemieteten Auto, um nicht aufzufallen und später mit intakten Reifen wieder verschwinden zu können. Gestern war es ihnen in Saint-Alvère tatsächlich gelungen, vier Strafprotokolle auszustellen. Auf dem Markt von Saint-Denis aber, mit seiner fast 700-jährigen Tradition, würden sie keinen Erfolg haben, nicht wenn Bruno seine Leute schützen konnte.
    Er warf einen letzten Blick auf
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