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Brüllbeton - Kriminalroman

Brüllbeton - Kriminalroman

Titel: Brüllbeton - Kriminalroman
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Titelhelden der Fernsehserie Columbo abgeguckt hat. Und so einer ist Polizist? Kein Wunder, dass es in unserem Land mit der Disziplin bergab geht.
    Der Nachbar konnte nicht ahnen, dass Kroll die Sendung in der Tat liebte, denn da wusste er gleich von Anfang an, wer der Mörder war, selbst wenn man den Vorspann mit dem Tathergang verpasst hatte. Kroll war aufgefallen, dass der Täter stets die Person war, die Columbo als Erste die Hand schüttelte. Schade, dass sein Job nicht auch so ablaufen konnte.
    Kroll hatte kürzlich sein Fünfzigstes vollendet. Das einst hippielange Haupthaar hatte einer Dreiviertelglatze weichen müssen. Er war im Grunde genommen eher ein Romantiker als ein Mann der Tat. Und so hatten seine von buschigen Brauen verdeckten tief liegenden Augen mehr den weichen Glanz eines Träumers als den harten Strahl eines Fernsehserienpolizisten. Er machte seine Arbeit mehr mit dem Herzen, weniger mit dem Hirn.
    Sein Blick war das Jugendlichste an ihm. Wenn er mit jemandem sprach, funkelten die Pupillen, als wäre er ein Maler, der in seinem Modell ein Motiv für ein Meisterwerk sucht. Er neigte dazu, beim Sprechen schnell hintereinander zu blinzeln. Gewöhnlich heftete er seinen Blick so lang auf seinen Gesprächspartner, bis dieser verlegen zur Seite schaute. Manche hatten den Eindruck, er könne bis tief in die Seele seines Gegenübers blicken.
    Das spürte auch der Nachbar, als sich Kroll zu ihm an den Zaun gesellte und ihm direkt ins Gesicht erwiderte: »Sie sollten sich freuen, dass unser Bürgerbegehren gegen den Brüllbeton von Erfolg gekrönt ist.«
    Â»Schon, aber so habe ich mir den Sieg nicht vorgestellt. Wollen die etwa eine neue Autobahn bauen? Womöglich gleich dreispurig – und das alles von unseren Steuergeldern.«
    Â»Tja«, murmelte Kroll, »Fortschritt, Geschwindigkeit und Reisefreiheit haben eben ihren Preis.«
    Sein Nachbar verstand offenbar Krolls Ironie nicht: »Was heißt hier Fortschritt? Unsere schöne Natur wird zerstört, und wir müssen Tag und Nacht die Fenster schließen, weil der Brüllbeton unsere Nerven kaputtmacht.«
    Er rückte sich in eine selbstbewusste Positur und setzte die Kennermiene auf: »Wissen Sie was? Hier, einen halben Kilometer von der Autobahn entfernt, haben sie einen Schalldruckpegel von über 100 Dezibel gemessen. Zulässig sind nur 80! Nur weil die Leute mit über 150 an die Ostsee fahren müssen, und nur, weil man beim Bau der Autobahn gepfuscht hat.«
    Kroll erinnerte sich, dass der Nachbar ein Wochenendhaus auf Usedom hatte und selber jedes Wochenende mit 150 km/h dorthin fuhr. Aber er sagte nichts, weil ihm der nachbarliche Friede wichtiger war.
    Sein Gegenüber kam ihm kumpelhaft so nahe, dass Kroll den Kognakgeruch aus seinem Mund wahrnahm. »Sie sind doch bei der Polizei. Können Sie da nichts unternehmen? Oder sitzen Sie den ganzen Tag nur am Schreibtisch und bearbeiten die Knöllchen ehrsamer Bürger? Was machen Sie da eigentlich?«
    Â»Nein, nein«, wehrte Kroll freundlich ab. »Ich bin bei der Mordkommission. Kapitalverbrechen. Tod durch Vergiftung, tödliche Schießereien und«, er spielte theatralisch mit der Klinge seiner Rosenschere, »letale Messerstechereien im Rotlichtmilieu«.
    Der andere starrte ihn an und überlegte, was er darauf erwidern sollte. Da klingelte Krolls Handy. Laut und verzerrt: Da – dä – dä – da – dä. Der Gitarrenriff von You really got me von den ›Kinks‹, die Kroll ebenso bewunderte wie ›Led Zeppelin‹.
    Der Nachbar erschrak sichtlich und trat einen Schritt zurück. »Sagen Sie mal, kann Musik eigentlich auch töten?«

    *

    Â»Hopfinger hier. Chef, wir haben einen neuen Fall. Tote Frau unter der Betondecke. Ich habe den Spurendienst gerufen und dann die Arbeiter weitermachen lassen. Die stehen unter Termindruck, und da ja alles klar ist, habe ich …«
    Â»Nun mal langsam, Hopfinger. Eines nach dem anderen. Erstens: Wo sind Sie? Und zweitens: Wieso können Sie eine Tote unter einer Betondecke sehen?«
    Â»Ja also, das ist so: Wir sind hier auf der A 20 im Bereich der Wakenitz-Niederung. Das müsste ganz in der Nähe von Ihrem Haus sein. Da könnten Sie doch schnell mal vorbeikommen. Obwohl, ich denke, dass ich bereits alle notwendigen Maßnahmen getroffen habe. Aber vielleicht wollen Sie sich selber von meinen
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