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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege
Autoren: Michael Bishop
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an, selbst gegen
    Monsterschulen mit weit mehr Schülern. Einmal haben wir’s
    einem hochnäsigen Team von Fort Smith, Arkansas, besorgt.
    In diesem April und Mai kämpften wir jeden Dienstag- und
    Samstagnachmittag und kamen auf fünfzehn Siege und drei
    Niederlagen. Die Leute in Tenkiller liebten uns. Wir waren
    Helden für sie. Bald jeder arbeitende Spießer aus der Stadt

    knapste sich die Zeit ab, um unsere Spiele zu sehen, selbst
    wenn er die Stunden nacharbeiten mußte.
    Tenkiller ist typisch für Ost-Oklahoma: Lebensmittelladen,
    Friseur, Kosmetikstudio, Apotheke, ein Depot für Saatgut und
    Futter, ein Eisenwarenladen und ein Dutzend Schlosser.
    Unsere Hauptindustrie war damals Deck Glider, Inc. Deck
    Glider gehörte einer Firma in Tulsa, der H. C. Hawkins
    Company. Vor dem Krieg stellte das Deck-Glider-Werk
    Hochleistungs-Bohnermaschinen her. Ma hat seit Herbst ‘37 in
    dem Werk gearbeitet. Ihre Nachtschicht störte Daddy so sehr,
    daß er eines Tages auf und davon war.
    Wie dem auch sei, nachdem Daddy ohne Lebewohl oder
    künftige Adresse fort war, da mußte Ma arbeiten, damit wir
    was auf dem Teller hatten. Bis Pearl Harbor hatte sie sich zum Vorarbeiter hochgearbeitet. Das Problem war, nachdem FDR*
    den hinterlistigen Nipponesen den Krieg erklärt hatte, da
    erklärte uns das WPB*, daß Bohnermaschinen nichts zur
    Verteidigung beitrügen. Dasselbe galt für Toaster,
    Staubsauger, Kaffeemaschinen, Verkaufsautomaten,
    Zahnpastatuben und eine Menge anderer Erzeugnisse, die
    Metall oder Plastik enthielten. Also schnitt uns das WPB von
    den Materialien ab, die wir zur Produktion des Deck Glider brauchten. In Wahrheit war die Herstellung einer
    Bohnermaschine illegal. Schon das Horten von alten
    Zahnpastatuben war mit Geldstrafe belegt.
    Mama kriegte fast die Panik. Wie sollte sie uns über Wasser
    halten, wenn die Fabrik zumachte? Was Jobs für Frauen
    anging, hatte Tenkiller nicht viel zu bieten. Die Stadt hatte
    schon alle Carhops*, Kellnerinnen, Telefonistinnen und
    Sekretärinnen, die sie brauchte. Außerdem war jeder von
    diesen Jobs schlechter bezahlt. Mama mußte jeden Monat für
    das Haus bezahlen. Es gab Männer mit einem Hausstand, der

    viel größer war als unsrer, die hatten noch mehr Angst als
    Mama.
    Dann kam ein Abteilungsleiter von H. C. Hawkins in Tulsa
    vorgefahren und hat sie alle beruhigt. Die Muttergesellschaft –
    der alte Mr. Hawkins hatte Köpfchen – hatte mit Uncle Sugar*
    ein paar Rüstungsverträge unter Dach und Fach gebracht. Deck
    Glider, Inc. würde für einen Monat dicht machen, um die
    Maschinen und Montagebänder auf das Bohren von
    Getriebelagern für Panzerabwehrgeschütze umzustellen.
    Keiner würde entlassen. Vielleicht müßte man sogar anbauen
    und noch Arbeiter von auswärts einstellen. Ansässige
    Bauunternehmer müßten dann für diese Leute Wohnraum
    schaffen. Das Pendeln – selbst mit Fahrgemeinschaften und
    trotz Sonderzuteilungen an Sprit und Reifen für
    Rüstungsarbeiter – galt als unpatriotisch.
    Als Ma mir erzählte, wie die Hawkins Company die Jobs
    gerettet hatte, da hat sie geweint. »Hier ist wieder Boomer-
    Sooner-Land*, Danny Die Streitkräfte brauchen massenweise Panzerabwehrkanonen.«
    Doch selbst als Deck Glider ein Rüstungsbetrieb war, teilte
    sich ein Kern aus alten Arbeitern – Tenkiller-Urgestein
    sozusagen – die Arbeit so ein oder tauschte die Schicht mit
    zugezogenen Kollegen, daß er den Heimspielen der Red Stix
    beiwohnen konnte. Das Werk arbeitete in drei Schichten zu je
    acht Stunden. Mama arbeitete tagsüber, sechs Tage die Woche.
    Immerhin hatte unser Spielfeld unüberdachte Sitze hinter dem
    Catchernetz*, die für die Deck-Glider-Belegschaft reserviert
    waren. Ma ließ kein Heimspiel aus und verschenkte keine
    einzige Stunde bezahlter Arbeit, und das, wo sie doch immer
    Tagesschicht hatte. Sie tauschte oder fing eben früher an. Und Ma war nicht verrückter auf die Red Stix als Mr. Neal, der
    Friseur, oder Tom Davenport, der Eigner einer windigen
    Ölgesellschaft, oder sonst jemand in Tenkiller. Es waren die

    Red Stix, die diese Beifuß-Gesellschaft*
    zusammenschweißten, nicht etwa Deck Glider oder die
    hiesigen Kirchen…
    Jeden Sonntagmorgen las LaGuardia*, der Bürgermeister von
    New York, seinen Stadtkindern über Radio die Comicstrips
    vor. Eine Station in Muskogee schnappte die Sendung auf und
    gab sie an uns tumbe Okies und Arkies* weiter. Einmal hab
    ich ihn gehört. Ich kannte sein Gesicht aus einer
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