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Brüchige Siege

Brüchige Siege

Titel: Brüchige Siege
Autoren: Michael Bishop
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die Phillies ausgerechnet
    ihn als Spieler haben wollten. Jedenfalls gelingt es nicht vielen Spielern, auf Anhieb von einem drittklassigen Club in ein
    Team zu springen, das in der großen Show mitmischt. Folglich
    tat ich seine Behauptung als nicht verifizierbare und plumpe
    Aufschneiderei ab.
    Dann drehte er den Spieß um. »Frage mich, warum ich
    ausgerechnet Sie an mich heranlasse, Sportsfreund. Ich meine, wo schon ein Dutzend Sportreporter hinter mir her waren. Die Burschen waren auch nicht übel. Nein, Ihnen hab ich
    Rauchzeichen gegeben. Haben Sie eine Ahnung, wieso?«
    Ich war verdattert.
    »Weil Ihre Arbeiten den Namen Gabe Stewart tragen.«
    »So heiße ich, Mr. Boles.«
    »Danny. Ist zu eng hier, um auf Distanz zu bleiben.«
    »Okay, Danny.«
    »Ausschlaggebend war Ihr Name, Gabe. Als die Phillies mich
    ‘43 haben wollten, da machte da ein Bursche namens Gabby
    Stewart den Shortstop. Sein Schlagschnitt* lag bei 0.200. Im Fangen war er nicht ganz so gut. ‘44 hat Freddy Fitzsimmons ihn dann ans Third Base gestellt. Stewart konnte seinen Schnitt um neun oder zehn Punkte heben, aber im Jahr darauf war er von der Bildfläche verschwunden; ob eingezogen oder zurück in die Minor-League, kann ich nicht sagen. Hab nie wieder von ihm gehört. Trotzdem war er mein Favorit bei den Phillies.
    Sein schwacher Schlag und sein unsicherer Handschuh
    veranlaßten jedenfalls das Management, es mit zwei
    Segelohren zu versuchen, die einem hageren Bürschchen aus
    Oklahoma gehörten. Sie sind nicht etwa mit Gabby
    verwandt?«

    »Mein Vorname ist Gabriel. Stewarts gibt es wie Sand am
    Meer.«
    Boles lachte lautlos; er hatte das Mikro von der Kehle
    genommen. Die Krähenfüßchen um die Augen bekamen
    Zuwachs. Die Schultern hüpften wie bei einem
    Marionettenskelett.
    Schließlich sagte er: »Erst mein Buch nach meinen
    Vorstellungen, dann Ihres nach Ihren. Ich beteilige Sie an meinem, und Ihres ist ganz für Sie, vom ersten Wurf bis zum finalen ›Aus‹. Abgemacht?«
    »Abgemacht«, sagte ich überrascht. Das war mehr, als ich
    erwarten konnte.
    Wir schüttelten uns die Hand. Das Baseballspiel im Radio
    tauchte weg wie ein pfeifender Tümmler. Bei etlichen Early-
    Times vereinbarten wir eine Reihe von Sitzungen, bei denen
    Boles auf Band reden sollte.
    Ein paar Tage später, beflügelt durch die Aussicht auf einen
    lukrativen Buchvertrag, schwebte ich in das Büro des
    Chefredakteurs und kündigte beim Ledger-Enquirer.

    1

    WENN ICH SO ZURÜCKBLICKE, dann war die Zeit als Minor-
    Leaguer so etwas wie eine Kette aus B-movies*. Billiger
    Kitzel. Billige Busse, billige Hotels, billige Stadien, billige Sitze, billige Ausrüstung, billiges Talent.
    Cheap-cheap.
    Klingt wie’n Oster-Küken, eh? Oder wie der mechanische
    Schaffner in der U-Bahn zum Atlanta-Airport. Was höre ich
    die Leute sagen? Eine ›Roboterstimme‹? Tja, eine
    Roboterstimme. Sorry, kann’s nicht ändern. Immerhin, mit
    dem Gerät an der Kehle kann ich reden. Es gab Durststrecken
    in meinem Leben, da hatte ich nicht einmal diese Stimme.
    Mama damals hätte das SF-Ding als ein Geschenk Gottes
    betrachtet. So schrecklich ich klinge, hätte sie Geld bezahlt, um mich so reden zu hören.
    O ja, B-movies. Zweite Garnitur, wollte ich damit sagen.
    ∗
    Nicht wie Gone With the Wind oder For Whom the Bell Tolls , nichts von dem intellektuellen Scheiß. Manche waren
    allerdings ganz hübsch. Mit wenig Geld gemacht, aber nicht
    schlampig. Monster-Kintopp. Fesche Musicals. Gangster-
    Shows. Man kriegte was fürs Geld.
    So wie abends auf dem Baseballplatz von Highbridge,
    McKissic Field, wenn die Hellbenders gegen die Mudcats oder
    die Boll Weevils antraten. Da ging es zur Sache. Die Hälfte
    von den Klamotten und Dreiviertel von dem, was man futterte,
    war rationiert.

    ∗ Vom Winde verweht / Wem die Stunde schlägt

    Nicht so die Movies, auch nicht der Baseball. Von beidem
    gab es mehr als genug, und die Leute strömten nur so – immer
    aus demselben Grund: um den Krieg zu verdrängen, besonders
    die schlimmen und konfusen Nachrichten, und wegen des
    Kitzels natürlich. Um sich in etwas zu verlieren, was nichts mit dem Durcheinander aus deprimierenden Meldungen zu tun
    hatte.
    Juni ‘43 trat ich in die CVL ein, die Chattahoochee Valley
    League, schnurstracks aus dem High-School-Team in
    Tenkiller, Oklahoma, nahe am Tenkiller Lake im Cherokee
    County. Mein County lag in dem alten Rothaut-Territorium,
    das der Kongreß für die Cherokees reserviert hatte, jenes
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