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Brixton Hill: Roman (German Edition)

Brixton Hill: Roman (German Edition)

Titel: Brixton Hill: Roman (German Edition)
Autoren: Zoë Beck
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Geräusch moderner Schalldämmung fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
    Em stand auf und holte ein neues Weinglas. Sie goss sich den gesamten Rest der Flasche ein und trank das Glas aus. Der schwere Rotwein zeigte Wirkung. Sie ließ sich auf dem Sofa zurücksinken und schloss die Augen. Alan … Wer sonst sollte dahinterstecken? Es gab niemanden, der Kimmy den Tod gewünscht hätte. Das war nicht der Zweck des Anschlags gewesen. So etwas konnte man außerdem nicht planen. Aber Em in Schwierigkeiten zu bringen – das war gelungen. Nicht ernsthaft. Eher wie eine Art Denkzettel. Em öffentlich bloßzustellen. An ihrem Ruf zu kratzen. Einen Skandal zu erzeugen.
    Kimmy hatte nicht sterben sollen.
    Aber Em war schuld an ihrem Tod. Ohne sie hätte Alan nie diese wahnsinnige Aktion durchgezogen. Ohne sie wäre Kimmy niemals in diese Situation gekommen, die ihre alten Ängste geweckt und sie in solche Panik versetzt hatte, dass sie ihren Verstand ausgeschaltet hatte und aus dem Fenster gesprungen war, in dem Glauben, sich dadurch zu retten … Alan war Kimmys Mörder.
    Em stand vom Sofa auf. Sie schwankte, brauchte einen Moment, um sich zu fangen. Sie hatte eine Flasche Wein getrunken und kaum etwas gegessen, aber sie war absolut klar und wusste, was zu tun war.

Kapitel 7
    N ämlich online zu gehen. Eric hatte einmal zu ihr gesagt: »Vor der Nutzung sozialer Medien sollte es eine Alkoholkontrolle für jeden geben.« Damit hatte er nicht sie gemeint, sondern sich auf Geschichten bezogen, die ihm Kollegen in der Kanzlei erzählt hatten. Eigene Geschichten. Die von Klienten. Oder von Freunden. »Dann würden die Leute nicht so viel Unsinn in die Welt setzen.«
    Em hatte erwidert: »Und als Nächstes musst du Redeverbot in allen Pubs einführen.«
    »Das ist was anderes«, hatte er behauptet.
    Aber das stimmte nicht. Zwischen den Menschen hatte sich nicht viel verändert. Sie wollten vor allem geliebt werden. Jetzt eben im Internet. Sie schrieben auf Facebook über ihre Befindlichkeiten und präsentierten Fotos und stellten ihre Musik vor, damit ihre Freunde sagen konnten: Gefällt mir . Sie hatten Freunde, die keine waren, Freunde, die sie nicht wirklich kannten. Was daran sollte neu sein, oder anders? Nach wie vor war es eine große gesellschaftliche Ächtung, jemanden aus seinem Fre undeskreis auszuschließen. Nicht teilhaben zu lassen. Die Reihen zu schließen. Nur nannte man es auf Facebook »entfreunden«. Manchmal war entfreunden so, als werfe man den Fehdehandschuh. Jemanden »blockieren« konnte man auch, dann wurde man für denjenigen in der virtuellen Welt unsichtbar. In der realen Welt allerdings nicht.
    Was hatte sich also geändert? Dass sich die Daten leichter einsehen ließen? An Daten hatte man schon immer herankommen können, je nachdem, wie viel Aufwand man betreiben wollte und konnte. Aber die Gefühle – sie blieben dieselben, mit und ohne Internet. Die Sehnsucht nach Anerkennung. Nach Liebe. Das eitle Präsentieren, das unterwürfige Schmeicheln. Es mochte einfacher geworden sein, seiner Wut freien Lauf zu lassen. Im Schutz der Anonymität warf man mit Dreck, zeigte seinen Hass, kotzte endlich einmal aus, was einem schon lange auf der Seele lag.
    Aber das war nicht wirklich neu. Es war nur ein bisschen anders.
    Und anders als Eric gehörte Em zu denen, die man early adopter nannte: Leute, die von Anfang an dabei gewesen waren. Sie hatte die neuen Medien nicht einfach nur genutzt, sondern sie wirklich ausprobiert und sich ausgetobt. Sie hatte Phasen gehabt, in denen sie sich selbst Internetverbot erteilen musste, um überhaupt zum Arbeiten zu kommen, und sie hatte sich in den letzten Monaten auf ein paar wenige Plattformen beschränkt, um den Überblick zu behalten. Ihre Homepage pflegte sie selbst, ebenso ihre öffentlichen Accounts auf Twitter und Facebook, die sie zu Marketingzwecken eingerichtet hatte. Sie postete über ihre Veranstaltungen, stellte Probenfotos online, erzählte von ihrem vermeintlichen Alltag, gab sich nahbar, zog aber eine klare Linie zu ihrem Privatleben. Em wunderte sich über Menschen, die ohne Skrupel Fotos von ihren Häusern, ihren Kindern, ihren Autos online stellten und erzählten, wann sie wo im Urlaub waren und welche Schule ihre Kinder besuchten. Dazu war Em viel zu vorsichtig. Doch bei aller Vorsicht war es ihr nicht gelungen, einen Hacker fernzuhalten. Darauf war sie nicht vorbereitet gewesen.
    Nun saß sie auf ihrem Bett, hatte ihren Laptop auf den Knien und dachte:
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