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Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel

Titel: Britannien-Zyklus 04 - Die Herrin der Insel
Autoren: Diana L. Paxson
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käme, sollte Artor ihn je anerkennen.
    Den Rest des Winters hatten sie in Londinium verbracht, und nun befanden sie sich wieder auf dem Weg nach Norden. Der direkteste Weg nach Alba hätte über die alte Römerstraße durch die Länder der Angeln nach Lindum geführt. Stattdessen jedoch hatte sich die königliche Reisegesellschaft nach Westen gewandt und über Calleva nach Sorbiodunum begeben, ehe sie den Pfad einschlug, der in nördlicher Richtung zu dieser Ebene führte, dem größten offenen Landstrich Britanniens.
    Medrod schauderte. Hier, wo es keinerlei Schutz vor dem Wind gab, war es überaus kalt. Selbst im Sommer würde hier stets ein Lüftchen wehen, vermutete er. Nun, eine Woche nach dem Osterfest – dem Fest der Auferstehung, wie die Christen es nannten –, drang der Wind durch den Stoff seines Mantels wie eiskalte Nadeln und heulte wie eine rastlose Seele.
    Weiter vorne erblickte er die ersten Grabhügel, die sich über die Ebene erstreckten. Vielleicht war ihm der Vergleich mit der rastlosen Seele deshalb in den Sinn gekommen. Medrod verzog das Gesicht. Seine Mutter hätte die Geister freudig lächelnd willkommen geheißen. Sein… Vater, der nahe der Spitze der Kolonne ritt, saß gelassen auf seinem großen, schwarzen Ross; sein wachsamer Blick gab keinerlei Gefühlsregung preis.
    Medrod drückte die Fersen in die Flanken der rotbraunen Stute und trieb sie voran. Der Pfad war breit genug, um nebeneinander zu reiten, und der Krieger unmittelbar vor ihm zügelte das Pferd, sodass Medrod die Stute neben den König lenken konnte. Kurz hefteten Artors graue Augen sich auf Medrod, dann wandten sie sich wieder ab.
    Verursache ich dir Unbehagen, mein lieber Vater und Onkel? Zwar hatte der König ihn mit größter Höflichkeit willkommen geheißen, dennoch herrschte stets eine Spannung zwischen ihnen. Waren es Schuldgefühle, die Artor so vorsichtig wirken ließen, fragte sich Medrod? Oder hatte Morgause ihn, Medrod, in etwas verwandelt, das niemand lieben konnte?
    »Das ist nicht der Weg nach Glevum«, sprach er laut aus.
    »Nicht der direkteste, stimmt«, gab Artor zurück.
    »Warum sind wir dann hergekommen? Die Gegend ist zweifellos höchst bemerkenswert, aber ist es im Königreich so friedlich, dass Ihr die Zeit mit Besichtigungsausflügen vergeuden könnt? Ich dachte, Ihr wolltet das Land unbedingt gefestigt sehen, damit Ihr Euch nach Gallien begeben könnt – «
    »Als Maximian aufbrach, um Anspruch auf das Kaiserreich zu erheben, griffen die wilden Stämme im Norden an wie Wölfe, nachdem der Hirte die Herde verlassen hat. Ich werde diese Küste so lange nicht verlassen, bis ich unsere Verteidigungseinrichtungen zu meiner Zufriedenheit begutachtet habe. Bediver und die Männer, die er nach drüben geführt hat, werden Riothamus unterstützen, bis ich komme.«
    »Bediver ist der Sohn der Schwester des alten Mannes«, merkte Medrod mit einem seitwärts gerichteten Grinsen an. »Fürchtet Ihr nicht, Riothamus könnte ihn als seinen Erben einsetzen?«
    »Das wäre nur natürlich«, meinte Artor mit leiser Stimme, den Blick nach wie vor auf das Land vor sich gerichtet. »Sollte das geschehen, würde ich mich für Bediver freuen und mich nur allzu gern zu seinem Verbündeten erklären, obwohl ich ihn an meiner Seite vermissen würde.«
    Medrods Herz raste in der Brust. Er hat vor, mich zu seinem Erben zu machen! Ganz sicher sogar, weshalb sonst sollte er so mit mir reden?
    »Da – «, sagte Artor, als sie den Gipfel der Anhöhe erreichten. »Deshalb sind wir hergekommen.«
    Medrod richtete sich gerade auf und schirmte mit der Hand die Augen ab. Zu ihrer Rechten erstreckte sich die Reihe der Grabhügel über die Ebene. Der ihnen am nächsten befindliche war größer als die anderen. Seine Seiten wirkten unter der Grasschicht immer noch rau, so als hätte er noch zu wenig Zeit gehabt, vollständig mit dem Land zu verschmelzen.
    »Dies sind die Gräber der alten Könige, die in die Erde des Landes zurückgekehrt sind, das sie liebten.«
    Medrod schauderte, als er in Artors Worten den Widerhall seiner Gedanken hörte.
    »In dem Grabhügel dort am Ende ruhen die Gebeine der britischen Fürsten, die Hengest in der Nacht der Langen Messer so heimtückisch getötet hat. Mein Onkel Ambrosius liegt dort begraben, ebenso mein Vater Uther.«
    Mein Großvater… dachte Medrod. Dies war ein Erbe, das seine Mutter nicht teilte. Neugierig beäugte er den Grabhügel und versuchte sich zu erinnern, was er über jene
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