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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Lajoux soll noch einmal schauen, ob irgendetwas fehlt oder verändert ist – im ganzen Hotel am besten. Und fragen Sie Madame Mendu, ob Pennecs Freund Fragan Delon oder jemand anderes gestern später am Abend da war. Ob jemand mit Pennec an der Bar war gestern, wie kurz auch immer. Ach ja, und sprechen Sie mit Madame Leray!«
    »Gut. Ich habe eine vollständige Aufstellung aller Hotelangestellten.«
    »Gibt es einen zweiten Eingang zum Hotel?«
    »Ja, durch die Küche. Er ist im Hof, in den man auch über die schmale Gasse hinter dem Hotel gelangt. Dort befindet sich eine schwere gusseiserne Tür, die wohl nie benutzt wird und immer abgeschlossen ist. Der Schlüssel hängt an der Rezeption.«
    »Was für ein Fest war das hier in Pont Aven letzte Nacht?«
    »Oh, nur das örtliche Fest-Noz, wissen Sie, das ist …«
    »Ich weiß, was das ist.«
    Den ganzen Sommer über fanden sie statt, die »traditionellen bretonischen Tanzfeste« mit der traditionellen Volksmusik, die nicht so Dupins Sache war, jeden Abend in einem anderen Dorf, egal, wie klein es auch sein mochte – ein endloser Reigen.
    »Monsieur le Commissaire, Sie sollten jetzt wirklich …«
    »Der Koch, kurz.«
    Riwal hatte es sich offenbar schon gedacht. Mit nur ein klein wenig resigniertem Gestus deutete er den Flur entlang.
    »Wir haben eines der unbelegten Zimmer genommen.«
    Er unternahm noch einen Versuch: »Wenn Sie wollen, spreche ich mit dem Koch.«
    »Wir machen es ganz kurz.«
    »Es heißt, Edouard Glavinec rede ohnehin nicht gerne, Monsieur le Commissaire.«
    Dupin schaute Riwal ein wenig irritiert an.
    »Was?«
    Das Zimmer war für ein so altes Haus erstaunlich großzügig und hell, mit schlichten, aber hübschen weißen Holzmöbeln eingerichtet, altes Eichenparkett, helle Stoffe. An einem kleinen Tisch nahe der Tür saß ein junger, schlaksiger Kerl, der irgendwie vollständig unbeteiligt wirkte. Er nahm fast keine Notiz von ihnen, als sie eintraten.
    »Bonjour Monsieur. Commissaire Dupin, Commissariat de Police Concarneau. Es heißt, Sie haben Pierre-Louis Pennec gestern Abend noch gesehen.«
    Glavinec nickte kurz. Er machte ein freundliches Gesicht dabei.
    »Wann war das?«
    »Viertel vor elf.«
    »Sind Sie sich sicher mit der Uhrzeit?«
    Glavinec nickte wieder.
    »Warum sind Sie sich so sicher?«
    »Ich war mit allem fertig, die Küche wurde nur noch aufgeräumt. Dann ist es immer so Viertel vor elf.«
    »Wo genau haben Sie ihn gesehen?«
    »Unten.«
    »Genauer?«
    »An der Treppe.«
    »Wohin ist er gegangen?«
    »Er kam von oben runter.«
    »Und Sie?«
    »Ich wollte eine rauchen. Draußen.«
    »Und wohin wollte er?«
    »Keine Ahnung. An die Bar, denke ich. Er ging später immer an die Bar.«
    »Und haben Sie miteinander gesprochen?«
    »Ja.«
    Es war wirklich ein wortkarges Gespräch. Dupin war vollkommen unklar, woher dieser Mensch die Leidenschaft nahm, die er beim Kochen offensichtlich auslebte. Er war kein Spitzenkoch, aber das Restaurant, wusste Dupin, wurde ernst genommen. Sogar Nolwenn empfahl es. Er musste gut sein.
    »Worum ging es?«
    »Um nichts Großes.«
    Dupins leicht fassungsloser Blick bewegte Glavinec, doch noch etwas hinzuzufügen.
    »Was wir heute machen wollten.«
    »Was meinen Sie?«
    »Was wir heute kochen würden, das Tagesgericht und so. Wir haben immer ein besonderes Tagesgericht. Das war Monsieur Pennec wichtig.«
    Ein erstaunlich ausführlicher Satz.
    »Es ging nur darum, um nichts anderes?«
    »Nein.«
    »Und ist Ihnen nichts aufgefallen an Monsieur Pennec? War er auf irgendeine Art anders als sonst?«
    »Nein«, antwortete Glavinec erwartungsgemäß. »Nichts.«
    Dupin seufzte.
    »Er wirkte auf Sie also wie immer?«
    »Ja.«
    »War er alleine? Kam jemand hinzu?«
    »Ich habe niemanden gesehen.«
    »Und ansonsten, im Hotel, an anderen Personen? Ist Ihnen da etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
    Dupin wusste, dass es eine überflüssige Frage war. Bevor Glavinec etwas antwortete, fügte er hinzu:
    »Ich bitte Sie, sich umgehend an uns zu wenden, wenn Ihnen doch noch etwas einfällt, das Ihnen bemerkenswert scheint. Sie sind eine wichtige Person für uns. Pierre-Louis Pennec ging nach Ihrem Gespräch vermutlich an die Bar und wurde dort wahrscheinlich nur wenig später ermordet. Verstehen Sie, warum Ihre Aussagen von größter Bedeutung sein könnten?«
    Auch jetzt veränderten sich Glavinecs Blick und Mimik nicht. Dupin hatte es auch nicht erwartet.
    »Ich muss gehen. Wir werden uns sicher in den nächsten Tagen
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