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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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von Saint-Nicolas, einen Annex der Hauptinsel werden ließ. Zwischen beiden lag nun der außergewöhnlichste Strand des Archipels, alle zwölf Stunden – und fünfundzwanzig Minuten! – neu und rein dem Meer entwachsen.
    Nur an zwei anderen Tischen saßen Gäste. Eine Gruppe Engländer, der Kleidung nach zu urteilen Segler, und eine Gruppe Franzosen, dem Anschein nach Pariser, Dupin hatte einen sicheren Blick für so etwas. Beiden Gruppen war eine gewisse Aufgeregtheit anzumerken, was nicht verwunderlich war. Dupin nahm an, dass sie über die angeschwemmten Leichen sprachen. Natürlich.
    Sie hatten bei der Untersuchung der Leichen keinerlei Hinweise auf die Identität der Toten gefunden, keine Papiere, keine Handys, nichts, in den Hosentaschen von zweien war etwas Kleingeld gewesen, bei einem ein Zettel, der vom Salzwasser schon schwer angegriffen und bisher nicht zu entziffern war. Kadeg hatte angerufen und einen schneidig formulierten Bericht vorgetragen, kurz nachdem Dupin auf Saint-Nicolas angekommen war.
    Dupin hatte Hunger. Mehr als das obligatorische Croissant zum ersten café hatte er noch nicht gegessen. Warum sollte er nicht etwas bestellen? Ein bisschen komisch kam er sich vor, eine Insel weiter lagen drei unbekannte Tote am Strand, die Ermittlungen liefen, alle waren beschäftigt, nur er saß hier und – machte Ferien, so fühlte es sich an. Gerade hatte er sich – gegen seine Skrupel – entschieden, etwas zu essen, da wurden seine Gedanken jäh von einem ohrenbetäubenden Lärm unterbrochen. Ein Hubschrauber überflog in einer langen Kurve Saint-Nicolas Richtung Osten, er war wie aus dem Nichts gekommen, Dupin erkannte den Seerettungsdienst. Es musste einer der Hubschrauber sein, von denen Goulch gesprochen hatte. Als er sich entfernte und Dupin gerade im Begriff war aufzustehen, klingelte sein Handy.
    »Ja?«
    Er hatte nicht auf die Nummer geachtet. Er hasste es, wenn er das vergaß.
    »Ich bin es.«
    Erleichert atmete er auf. Nolwenn.
    »Gut, ich wollte …«
    »Locmariaquer. Er hat von Guernsey aus angerufen. Ein Freund von ihm wird vermisst. Yannig Konan. Ein Unternehmer und Investor, wie man so sagt. Er ist zunächst mit Matratzen reich geworden, dann hat er sein Geld in die verschiedensten Geschäfte gesteckt. Er hat seine Finger in allem Möglichen. Richtig reich«, Nolwenn betonte das »richtig«, mit gerümpfter Nase, das konnte Dupin förmlich hören, »und ein erfahrener Segler. Konan war auf einer Bootstour mit einem Bekannten.«
    »Ein Freund von … ein Freund des Präfekten?«
    »Ja. Denken Sie, dass er …«
    »Zu zweit? Sie waren zu zweit unterwegs?«
    »Ja. Zu zweit. – Ein Krimineller, dieser Konan, wenn Sie mich fragen.«
    »Ein Krimineller? Was meinen Sie mit … Ach … Er wird schon wieder auftauchen, dieser Matratzenunternehmer. Wir haben hier drei Leichen.«
    Eine schwebende Pause entstand.
    »Seit wann wird er vermisst?«
    Dupin ärgerte sich über seine Nachfrage, er hatte eigentlich keine Lust, sich damit zu beschäftigen.
    »Er wollte sich gestern Abend bei seiner Frau melden. Und heute Morgen wollte er zurück sein im Hafen von Sainte-Marine. Da liegt sein Boot, da hat er auch eines seiner Häuser. Konan hat heute eine Reihe wichtiger Termine. Er ist bislang nicht aufgetaucht und hat niemanden benachrichtigt, deswegen hat sich sein Büro in Quimper bei seiner Frau gemeldet, die …«
    »Und der Bekannte?«
    »Auch er geht nicht ans Handy, sagt Konans Frau.«
    »Wo waren sie mit dem Boot unterwegs?«
    »Das wusste seine Frau nicht genau. Sie verbringen bei gutem Wetter wohl häufig das Wochenende auf dem Boot. Oft auf den Glénan. Angeln und tauchen. Die Weite suchen, wie wir sagen.«
    Jeder zweite Bretone, schätzte Dupin, hatte ein Boot. Und wenn man selbst keines hatte, so kannte man jemanden, der eines hatte. Das galt selbstverständlich nur für die Küstenbretonen. Kein Inlandsbretone käme je auf die Idee, auch nur ans Meer zu fahren.
    »Sie werden schlicht keinen Empfang haben, da, wo sie sind. Auf dem Meer scheint das so eine Sache zu sein mit dem Empfang.«
    »Konans Boot verfügt über ein Satellitentelefon. Aber darüber sind sie ebenso wenig zu erreichen.«
    »Sie werden …«
    Der Hubschrauber war zurückgekommen. Wie eben war er merkwürdigerweise erst zu hören, als er schon fast genau über Dupin stand. Der Lärm war brutal.
    »Was ist bei Ihnen los?«
    Nur mit Mühe verstand Dupin Nolwenns Frage.
    »Ein Hubschrauber!«, brüllte er.
    »Ein
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