Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brandwache

Brandwache

Titel: Brandwache
Autoren: Connie Willis
Vom Netzwerk:
vollständig war?
Wahrscheinlich braucht er jemanden, der Elektrizität erzeugen
kann und eine Fremdsprache beherrscht. Nur, weil mir sein Bild
gefallen hat und ich bei mir dachte, daß er vielleicht englisch
sprechen könnte, mußte ich eine komplette Närrin aus
mir machen.«
    Als sie die Hälfte des Weges zum Büro zurückgelegt
hatten, fing es an zu schneien. Sally stellte die Scheibenwischer
an.
    »Bei meinem Glück«, sagte Mr. Mowen, »wird es
einen Schneesturm geben, und ich werde zusammen mit Charlotte
eingeschneit.« Er blickte aus dem Seitenfenster zu den
Schornsteinen hinüber. Sie stießen eben einen neuen blauen
Schwall in die Luft. »Das Projekt Ungenutzte Emissionen ist
schuld. Auf eine vertrackte Weise verursacht es all diese verdammten
Unfälle.«
    Sally sagte: »Ich schaue mit den Augen nach jemandem aus, der
ein annehmbares Englisch spricht, und da treffe ich ihn endlich; und
was sage ich? ›Sie haben mich mit dem Gesicht auffangen.‹
Und jetzt glaubt er, jemand namens Brad McAfee habe mich beauftragt,
ihn von der Pressekonferenz abzuhalten – und er wird nie mehr
mit mir sprechen. Soviel Dummheit! Wie konnte ich nur so dumm
sein?«
    »Ich hätte nie zulassen dürfen, daß sie mit
dem Projekt anfingen, ohne es gründlicher zu testen«, sagte
Mr. Mowen. »Was ist, wenn wir zuviel Ozon in die Ozonschicht
pumpen? Was ist, wenn diese Niederschläge aus Natriumcarbonat
etwas mit der Verdauung der Menschen anstellen? Keine meßbaren
Nebeneffekte, haben sie gesagt. Aber wie soll man Pech messen? Anhand
seines Ausmaßes an Verhängnis?«
    Sally war in eine Parklücke direkt vor Mr. Mowens Büro
gefahren. Inzwischen schneite es heftig. Mr. Mowen zog den Handschuh
an, den Sally ihm gegeben hatte. Er suchte in seinen Taschen nach dem
anderen. »Einundsechzig«, sagte er. »Sally, willst du
mit mir hineingehen? Ich werde den Aufzug niemals dazu bewegen
können, sich in Gang zu setzen.«
    Sally betrat mit ihm das Gebäude. Während der Aufzug sie
beide hinauftrug, sagte sie: »Wenn du so davon überzeugt
bist, daß das Projekt Ungenutzte Emissionen deine
Pechsträhne verursacht, weshalb weist du dann nicht die
Forschung an, es abzustellen?«
    »Sie würden mir niemals glauben. Wer hätte je von
Unfällenals Nebeneffekten der Abgasbeseitigung
gehört?«
    Sie betraten das Vorzimmer des Büros. Janice sagte derart
erfreut »Hallo!«, als wären sie von einer Expedition
in die Arktis zurückgekehrt.
    Mr. Mowen sagte: »Danke, Sally. Ich glaube, von hier aus
komme ich allein zurecht.« Er tätschelte ihr die Schulter.
»Weshalb erklärst du diesem jungen Mann nicht, was
geschehen ist, und sagst ihm, daß es dir leid tut?«
    »Ich glaube, das würde nicht genügen«,
erwiderte Sally. Sie küßte ihn auf die Wange. »Wir
sind nicht gut in Form, nicht wahr?«
    Mr. Mowen wandte sich Janice zu. »Verbinden Sie mich mit der
Forschung und lassen Sie meine Frau nicht herein«, sagte er,
ging in sein Büro und schloß die Tür hinter sich. Ein
Krachen erscholl; danach hörte man Mr. Mowen unterdrückt
fluchen.
    Janice seufzte. »Dieser junge Mann, der anscheinend etwas mit
Ihnen zu tun hat«, sagte sie zu Sally. »Ist sein Name
zufällig Brad McAfee?«
    »Nein«, erwiderte Sally. »Aber er glaubt
es.«
    Auf dem Weg zum Aufzug blieb sie stehen, hob den Handschuh ihres
Vaters auf und steckte ihn in die Tasche.
     
    Sobald Mr. Mowens Sekretärin aufgehängt hatte, rief Sue
Brad an. Sie war sich nicht sicher, worin die Verbindung zwischen
Brad und der Tatsache bestand, daß das Terminal der
Sekretärin Mr. Mowens nicht richtig arbeitete, aber sie hielt es
für besser, ihn wissen zu lassen, daß Mr. Mowens
Sekretärin seinen Namen kannte.
    Es wurde nicht abgehoben.
    Sie versuchte es noch einmal zu Mittag, und dann noch einmal zur
Kaffeepause. Beim dritten Mal war die Leitung besetzt. Um viertel
nach drei kam Sues Abteilungsleiter herein und teilte ihr mit,
daß sie früher Schluß machen könne, weil zur
Rush-hour schwere Schneefälle angesagt waren. Sie versuchte ein
letztes Mal, Brad anzurufen, um sich zu vergewissern, daß er an
seinem Platz war. Es war noch immer besetzt.
    Daß sie früher Feierabend hatte, traf sich gut. Sie
hatte bei der Arbeit nur einen Pullover getragen, und der Schnee fiel
schon jetzt so dicht, daß die Landschaft draußen kaum
noch zu erkennen war. Außerdem hatte sie heute morgen nur
leichte Schuhe mit flachen Absätzen angezogen. Jemand hatte ein
Paar leuchtend-blaue Moonboots in der Garderobe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher