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Brandnacht (German Edition)

Brandnacht (German Edition)

Titel: Brandnacht (German Edition)
Autoren: Robert Brack
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sagte ich. »Du willst mir wohl erzählen, du hast deine kleine Tochter im Antifa-Kindergarten abgeholt.«
    »Ja, klar«, sagte er verwirrt.
    »Man kann auch entführen dazu sagen, hm?«
    »Was?«
    »Ein Skinhead im Antifa-Kindergarten, erzähl mir keinen Scheiß!«
    »He, Alter, du bist völlig auf dem falschen Dampfer.«
    »Bleib da stehen, lass die Kleine los.«
    Das Mädchen hatte sich etwas beruhigt. »Was will der Mann, Papa?«, fragte sie.
    Das brachte mich aus dem Gleichgewicht. Dieser Typ, ein Vater? Ich blickte mich um. Wieso kam keine schreiende Kindergärtnerin rausgelaufen?
    »Sei ruhig, Lenchen, ist gleich vorbei.«
    Er riss sich die Bomberjacke auf und deutete auf seine Brust. Auf dem T-Shirt war ein Indianer zu sehen. Dazu die Worte »Hamburg Redskins«.
    »Die Antifa sind wir«, sagte er. »Kapiert? Schon mal was von Redskins gehört? Mit Politik kennst du dich wohl nicht aus? Und mit Baseball auch nicht, was?« Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Die Kleine nahm mir den Baseballschläger aus der Hand, holte aus und knallte ihn gegen meine Kniescheibe. Mit einem lauten Aufschrei ging ich zu Boden.
    »Lass das, Lenchen. Das ist ein Versehen.«
    »Aber er hat mir den Schläger weggenommen.«
    »Komm jetzt.«
    Der Schmerz war größer, als ich es ertragen konnte, ich ächzte und stöhnte und wälzte mich auf dem Boden. Nach einer Weile konnte ich mühsam aufstehen und davonhumpeln. Es begann zu regnen.
    Als ich den Camaro abholen wollte, wurde er gerade unter der Aufsicht des Stadtteil-Cops auf einen Abschleppwagen gehoben. Es wurde Zeit, dass ich mich mit den Bullen arrangierte, um wieder an meine Autos zu kommen.
    Um meinen Hunger nach menschlicher Nähe, Bier und Fleisch zu stillen und weil ich ganz gern zuerst einen Blick auf die Werkstatt werfen wollte, für den Fall, dass die Bullen mir dort auflauern sollten, steuerte ich »Carol's Bar & Grill« an.
    »Nass geworden?«, fragte Carol ziemlich mitleidlos, als ich reingetrottet kam. Sie wischte die Tische ab, nachdem der Hauptansturm der Lkw-Fahrer vorbei war.
    »Ein bisschen.«
    Sie warf einen Blick nach draußen. »Was für einen Wagen fährst du denn heute? Klemmt das Verdeck?«
    »Gib mir lieber mal ein Bier.«
    Sie deutete mit dem Kopf zum Tresen. Dort stand Sandra und sah mich hochnäsig an.
    »Ich bin dein lebendiger Anrufbeantworter«, sagte sie.
    War sie jetzt gut gelaunt oder bloß hinterhältig schnippisch? Vorsicht war geboten.
    »Gib mir erst mal ein Bier.« Ich setzte mich auf einen Barhocker.
    »Bist du zu Fuß gekommen?«, rief Carol aus einer der Fensternischen. »Deine Turnschuhe sind ja total durchgeweicht.« Eine nasse Spur führte auf dem frisch gefeudelten Boden von der Tür bis zum Tresen.
    »Hier, ein Handtuch«, sagte Sandra und hielt mir eins hin, damit ich mir die Haare abtrocknen konnte.
    »Soll ich dir was Trockenes zum Anziehen holen? In meinem Schrank ist noch eine Jeans von du-weißt-schon und ein Hemd von dir.«
    Du-weißt-schon war Carols Ex, ein Trucker, der sie mit den Worten »Ich geh noch mal eben den Reifendruck überprüfen« verlassen hatte.
    Sandra stellte eine Flasche Corona vor mich hin. »Wenn du dich umziehen willst«, sagte sie, »komm doch auf die andere Seite des Tresens.«
    Schelmisch. Na, das konnte ja ein lustiger Abend werden.
    »Soll ich dir die Limone in die Flasche drücken?«, fragte sie.
    »Ich glaube, aus dem Alter bist du raus, oder?«
    Sie wurde rot. Heute war ein seltsamer Tag.
    »Auf welchen Knopf muss ich jetzt drücken?«, fragte ich.
    Sie sah mich verwirrt an. »Knopf?« Und wurde noch röter.
    »Wegen der Nachricht auf dem Anrufbeantworter.«
    Ich griff nach dem Bier.
    »Ach so.« Sie fasste sich wieder. »Ich sags dir in der umgekehrten Reihenfolge auf, weil die Anrufe zwar zeitlich anders hereinkamen, aber umgekehrt aufeinander aufbauen, inhaltlich, meine ich.«
    »Sie hatte heute Nachmittag ihre Rhetorik-AG!«, rief Carol.
    Sandra warf ihr einen giftigen Blick zu. »Elmar hat angerufen … Er meint, du sollst dich freiwillig stellen. So schlimm sähe das gar nicht aus. Ein paar Erklärungen, drei Tage U-Haft und …«
    »Drei Tage U-Haft?«
    »Ja. Wir können dir Essen und Bier bringen. Ich hab extra gefragt.«
    »Blödsinn, Schwachsinn, niemals!«
    »Aber vorher, meinte er, solltest du deinem Kumpel Heiner was Gutes tun und ihn dazu bringen, sein Krimi-Fest abzusagen. Der hat nämlich schon wieder einen Drohbrief bekommen.«
    »Wie soll er das bloß James beibringen«,
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