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Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker

Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker

Titel: Boneshaker - Priest, C: Boneshaker - Boneshaker
Autoren: Cherie Priest
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ganzen Leute da drin, sie wären gestorben.«
    Er schniefte und rieb sich mit dem Handrücken unter der Nase. Vielleicht lief sie oder war einfach nur taub von der Kälte.
    »Aber mein Großvater, Maynard, was hat er gemacht? Sein Vorgesetzter hat ihn angewiesen, das letzte Stück des Viertels abzuriegeln, aber das wollte er nicht, solange noch Leute drin waren. Und diese Leute, sie waren arm, wie wir. Sie waren nicht durch und durch schlecht, nicht alle. Die meisten waren nur für kleinere Vergehen festgenommen worden, für einen kleinen Diebstahl oder weil sie irgendwas kaputtgemacht haben. Und mein Großvater, der wollte das nicht tun. Der wollte sie nicht da drin abriegeln und sterben lassen. Der Fraß kam schon angekrochen, und der kürzeste Weg zum Revier war schon komplett verseucht. Aber er lief zurück, mitten rein in den Fraß, und bedeckte sich das Gesicht, so gut er eben konnte. Als er dort ankam, legte er den Hebel um, mit dem sämtliche Zellen verriegelt wurden, und lehnte sich darauf – er hielt ihn mit seinem eigenen Gewicht unten, weil man das musste, damit die Türen aufblieben. Er blieb also zurück, während alle anderen flohen. Und die letzten beiden waren zwei Brüder. Sie begriffen, was er gemacht hatte, und sie halfen ihm. Aber er hatte richtig viel von dem Gas abbekommen, und es war zu spät. Also brachten sie ihn nach Hause und versuchten, ihm zu helfen, obwohl sie genau wussten: Wenn sie gesehen wurden, würden sie wieder hinter Gitter kommen. Aber sie machten es trotzdem, aus demselben Grund, warum Maynard sie rausgelassen hat: Weil niemand einfach nur schlecht ist, durch und durch. Vielleicht war Maynard ja ein bisschen schlecht, weil er das gemacht hat, und vielleicht waren diese beiden auch ein bisschen gut. Aber am Ende läuft es auf das hier hinaus« – an dieser Stelle hob Zeke einen Finger und hielt ihn beinahe drohend unter Hales Nase – »in diesen Zellen saßen zweiundzwanzig Leute, und Maynard hat sie gerettet, jeden Einzelnen. Es hat ihn sein Leben gekostet, und niemand hat es ihm gedankt.«
    Als der Junge sich zur Vordertür umwandte und nach dem Knauf griff, fügte er hinzu: »Und uns auch nicht.«

Drei

    Briar Wilkes schloss die Tür hinter dem Biografen.
    Sie lehnte einen Moment lang die Stirn dagegen, dann ging sie zurück zum Feuer. Dort wärmte sie sich die Hände, klaubte ihre Stiefel auf und knöpfte sich im Gehen das Hemd auf, löste den Stützgurt, der es dicht an ihrem Körper hielt.
    Im Korridor ging sie an den Türen zu den Zimmern ihres Vaters und ihres Sohnes vorbei. Beide Türen hätten ebenso gut zugenagelt sein können, denn Briar öffnete sie nie. Im Zimmer ihres Vaters war sie seit Jahren nicht gewesen, und im Zimmer ihres Sohnes seit … Sie konnte sich an kein bestimmtes Datum erinnern, sosehr sie sich auch den Kopf zerbrach – sie konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wie es dort drinnen aussah.
    Maynards Zimmer hatte Briar aus Pietätsgründen aufgegeben; dem Zimmer des Jungen aber blieb sie fern, ohne einen richtigen Grund dafür zu haben. Wenn sie jemand gefragt hätte (was natürlich nie jemand tat), dann hätte sie sich wahrscheinlich damit herausgeredet, dass sie seine Privatsphäre respektierte; aber es war viel einfacher als das – und vermutlich schlimmer. Sie ließ den Raum unbeachtet, weil sie einfach keinerlei Neugierde dafür aufbrachte. Ihr mangelndes Interesse hätte als Mangel an Fürsorge interpretiert werden können, aber es war nur eine Nebenwirkung ihrer permanenten Erschöpfung. Das wusste Briar. Dennoch plagte sie ihr Gewissen, und sie sagte laut – es war ja niemand da, der sie hörte, ihr zustimmen oder aber widersprechen konnte: »Ich bin eine schreckliche Mutter.«
    Es war lediglich eine Feststellung, aber Briar verspürte das Bedürfnis, sie in irgendeiner Weise zu widerlegen; also griff sie nach dem Knauf und öffnete die Tür.
    Sie hielt ihre Lampe ins Zimmer, das finster wie eine Höhle war. In der einen Ecke stand ein Bett mit einem flachen Kopfteil, das ihr bekannt vorkam. Sie hatte als Kind darin geschlafen. Es war durchaus lang genug für einen erwachsenen Mann, aber nur halb so breit wie das ihre. Den Lattenrost bedeckte eine alte, mit Federn gefüllte Matratze, die inzwischen bis auf wenige Zentimeter durchgelegen war. Obenauf lag, zurückge schlagen und mit einem schmutzigen Laken verknäult, ein schweres Deckbett.
    Beim Fenster am Fußende des Betts stand eine klobige braune Kommode, davor lag ein
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