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Bombenbrut

Bombenbrut

Titel: Bombenbrut
Autoren: Erich Schütz
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Matthäus 26,52.«
    »So isch worre«, knurrte Sibold.
    »Und meine Kamera? Meine Bilder von Schwanke und Stocks?«
    »Mann, Sie leben noch! Vergessen Sie alles andere.«
     
    Die Ansicht des Kommissars spukte Leon die ganze Nacht durchs Hirn. Markus Kluge ist in seine Rolle hineingeboren worden, er war zu jung, um die Tragweite seines Handelns zu erkennen. Und Matthias Kluge ist einem Job nachgegangen, der nach Schwankes Theorie vielen Menschen in Deutschland einen sicheren Arbeitsplatz bietet. Dann dachte er wieder an das 9-jährige Mädchen Nguyen Thi Ly, erst heute geboren, und noch immer an den Folgen des Krieges von vor 35 Jahren leidend.
    Er fand keinen Schlaf, deshalb griff er wieder und wieder in die Minibar, bis sie leer war, schließlich schüttete er das letzte kleine Fläschchen Whisky in sich hinein. Danach hatte Gunther Schwanke angerufen.
    »Heinomol!«, hatte der immer wieder vor sich hingebrummelt und ihn inständig angefleht, sofort Herbert Stengele zu suchen. »Der tut sich sonst was an«, hatte er sich plötzlich um seinen Mitarbeiter gesorgt.
    »Morgen, wenn ich nüchtern bin«, hatte Leon geantwortet und Schwanke gebeten, ihm und Stengele den nächstmöglichen Rückflug zu buchen.
    Er wollte nach Hause.
    Dann war er eingeschlafen.
     
    Leon träumt von verschneiten Bergen, rasanten Skiabfahrten und einer Jahrhundert Seegfrörne des Bodensees. Er erwacht und liegt frierend auf dem großen Bett in seinem Hotel. Die Klimaanlage bläst unablässig, er steht auf, schaltet sie ab und öffnet die Balkontür. Ein heißer Luftzug erfüllt schnell den kleinen Raum. Er geht unter die Dusche, richtig kalt ist das Wasser nie, dafür ist es in Vietnam viel zu heiß, trotzdem versucht er, seinen brummenden Kater mit wechselnden Temperaturen zu vertreiben.
    Es ist noch früh am Morgen. Heute nimmt Leon sich die Freiheit und fährt auf die Dachterrasse des Hotels, um ausgiebig zu frühstücken. Vor Joseph muss er sich nicht mehr verstecken, er kann entspannt das Continental Breakfast bestellen und sich genussvoll bedienen lassen. Zuerst aber nimmt er sich, wie es sich für einen Asiaten gehört, die obligatorische Nudelsuppe.
    Während des Frühstücks legt er sich einen Schlachtplan zurecht. Er wird als Nächstes zu Björn Otto fahren. Herbert Stengele müsste, nach seinen Überlegungen, bei ihm sein, wohin sollte er sich sonst in dieser fremden Stadt wenden?
    Vielleicht trifft er dort auch auf diesen Herrn Stocks. Von ihm würde er gern erfahren, warum er Markus so offensichtlich in den Tod laufen ließ. Seine Anweisung an Otto, die er aus dessen Schreibtisch gezogen hatte, ist klar und deutlich. Der Verkauf an die Iraner war gestoppt! Von wem auch immer.
    Das Handy klingelt. Schwankes Sekretärin gibt ihm die Rückflugdaten durch. »Zwei Tickets liegen heute Abend um 18 Uhr am Swissair-Schalter bereit«, vermeldet sie kurz angebunden und legt wieder auf.
    Leon sendet die Nachricht an Lena und hängt ein selbst geschossenes Porträt von sich über den Dächern von Ho-Chi-Minh-Stadt mit an die MMS.
    Er tritt vor das Hotel, schaut sich nur kurz um, schon steht sein Taxifahrer der vergangenen beiden Tage vor ihm. Der schmalgesichtige Asiate lacht breit, deutet auf seinen sauber geputzten Toyota und zeigt in das Innere auf das Armaturenbrett. Er hat den gesamten Firlefanz, an dem Leon die letzten Tage herumgenörgelt hatte, selbst abgeräumt. Die künstlichen Blumen, die grässliche Vase, die übel riechenden Räucherstäbchen und selbst der bei jedem Schlagloch winkende Buddha sind im Exil.
    Leon weint dem allem nicht nach, steigt mit nach oben gestrecktem Daumen ein und lässt sich von dem Fahrer zuerst zu dem Privathaus von Otto kutschieren.
    Sein weißer Mercedes steht nicht in der Einfahrt. Der Taxifahrer stellt sich direkt davor und begleitet Leon, wie schon am Tag zuvor, erneut zur Haustür.
    Leon klingelt, dieselbe Hausangestellte öffnet. Er aber drückt heute die Person resolut zur Seite, tritt in das Haus ein und steht in einem großen, abgedunkelten Wohnraum.
    Die Hausangestellte bellt ihm in ihrer Sprache aufgebracht etwas nach. Leon kümmert sich nicht darum. Er sieht, kaum haben sich seine Augen an die Dunkelheit in dem Raum gewöhnt, Iris Köppke und Herbert Stengele gemeinsam an einem Tisch sitzen.
    »Sie!«, ruft Stengele überrascht und springt auf, »was machen denn Sie hier?«
    »Sie abholen, unsere Tickets liegen bereit, wir fliegen nach Hause.«
    »Was fällt Ihnen ein, wer hat Sie
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