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Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Titel: Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)
Autoren: Joanie McDonell
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Ostküste hinauf und hinunter umgehauen hatte. Die Temperatur war nie unter 35° Celsius gefallen, und die Tage waren so schwül, dass man allmählich Sehnsucht nach dem weniger erbärmlichen Zustand bei Glatteis und Schneetreiben bekam.
    Der heftige Regen, der die Hitze vertrieb, war willkommen, wenn man ihn aus einem Zimmer mit einem Dach und Fenstern beobachtete. Nicht aber so willkommen, wenn man am Steuer eines Boots stand, das den Fluss von New Jersey nach New York überquerte.
    Auf dem Weg zum Bellevue dachte ich daran, dass ich einmal mit einem Kind dorthin gefahren war, das ein Auto angefahren hatte. Das Krankenhaus war berüchtigt für seine psychiatrische Abteilung. Heutzutage kennt man es besser als ein Traumazentrum, weswegen die Notaufnahme eine Anlaufstelle für Opfer von Messer- und Schussverletzungen war.
    Ich wies den Taxifahrer an, am Eingang zur Notaufnahme zu halten, wo Greenburg mich erwarten wollte. Aber an dem Fußweg, der dorthin führte, standen so viele Autos, Streifenwagen und Rettungswagen Schlange, dass wir dem Eingang nicht einmal nahe kamen. Es goss in Strömen, und ich glaube nicht an Regenschirme. Dann bedauere ich es und bin entschlossen, mir einen zu besorgen. Was ich jedoch nie tue.
    Greenburg stand wie versprochen am Bordstein vor der Notaufnahme. Er war ein kleiner, rundlicher Bursche, dessen kleiner Kopf und die hervorquellenden Augen ihm das Aussehen einer Schildkröte verliehen. Seine kleinen Füße steckten in weißen Nikes, und er rang die kleinen Hände. Über seinem weißen Arztkittel baumelte ein Stethoskop. Zudem hing ihm eine Kette mit einer großen laminierten Kennkarte des Krankenhauses daran um den Hals, und ein Namensschildchen aus Plastik über seinem Herzen identifizierte ihn ebenfalls als einen Mitarbeiter.
    »Okay«, sagte ich und schüttelte ihm kurz die Hand. »Ich bin Nick Sayler. Wo ist Ihre Patientin?«
    »Nach wie vor auf der Neurologie. Achter Stock.«
    »Gehen Sie voraus«, sagte ich.
    Wir schritten durch die Notaufnahme, in der, wie üblich, viel zu viele Menschen in viel zu vielen Notlagen viel zu wenig Aufmerksamkeit seitens des völlig erschöpften Personals erhielten.
    Ich weiß nicht, weshalb der Aufzug in jener Nacht so voll war – aber er war gerammelt voll, und alle waren anscheinend gleichfalls gerade aus dem Regen gekommen. Der Fahrstuhl war so langsam, dass der Fußboden beim Erreichen des achten Stockwerks glitschig vor Feuchtigkeit und ich bereits versucht war, das Weite zu suchen.
    Als die Türen sich schließlich öffneten, verkündete Justin Greenburg wie ein Reiseführer: »Achter Stock. Wir sind da.«
    Während wir den dämmrigen und schmuddeligen Flur hinabgingen – wenigstens war es still –, kamen wir an ein paar Helferinnen in schrecklichen geblümten Kitteln vorüber. Alle grüßten Greenburg. Wie auch die Schwestern auf der Station. Vielleicht war er nicht bekloppt. Bloß ein überarbeiteter Junge. Wahrscheinlich so überarbeitet, dass er hinausgeworfen wurde, bevor er es zum Assistenzarzt brachte.
    »Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte Greenburg.
    Ich erwiderte nichts, weil ich wusste, dass ich diese Frau keinesfalls wiedererkennen, auf dem Absatz kehrtmachen und es Greenburg überlassen würde, mit dem Problem zurande zu kommen. Was nicht mein Problem war, rief ich mir ins Gedächtnis zurück, während ich spürte, wie mir es mir kalt das rechte Bein hinablief. Der Regen. Dieses Bein war an vier Stellen mit permanenten Titanklammern geflickt worden. Meine persönliche Wetterfahne.
    »Wir sind da«, verkündete Greenburg erneut, als wir das Ende des Flurs erreichten. »Da ist noch etwas.«
    »Nur zu«, sagte ich.
    »Der Angreifer – wer es auch gewesen sein mochte – hat ihr den Rücken aufgeschlitzt.«
    »Was genau bedeutet ›aufgeschlitzt‹?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Greenburg. »Sie hat einen Verband über der Verletzung, und der Knabe, der sie in der Notaufnahme zusammengenäht hat, ist nicht mehr im Dienst. Er hat bloß Anweisungen hinterlassen, den Verband zu wechseln und Antibiotika zu geben – das Übliche. Und sie soll nicht einschlafen …«
    Er öffnete die Tür zu Zimmer 848.
    »Einen Moment«, sagte ich. »Sie haben nicht erwähnt, ob sie vergewaltigt worden ist.«
    »Nein«, entgegnete er. »Ist sie nicht. Gott sei Dank.«
    »Sollten Sie nicht eigentlich leidenschaftslos bleiben?«
    »Ja«, sagte er. »Aber warten Sie ab, bis Sie sie sehen … sie ist so, äh …«
    »Was?«,
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