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Bokeh

Bokeh

Titel: Bokeh
Autoren: Chris P. Rolls
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Grunde nur einen Typ Mann, um den ich grundsätzlich einen Bogen mache: Groß, breite Schultern, womöglich noch mit längeren, rotbraunen Haaren, stoppeligem Bart und langgliedrigen Fingern, bei denen ich davon träume, wie sie gierig über meine Haut gleiten, zupacken, streicheln, festhalten.
    Es gibt ihn leider real und ich begegne ihm oft in meinem Job.
    Eigentlich arbeite ich sogar sehr gerne mit ihm und er auch mit mir. Wir sind ein gutes Team.
    Alles andere ist … nun … kompliziert.
    Es ist ein paar Jahre her, dass ich ihn das erste Mal traf. Auch in London. Natürlich hatte ich vorher schon von ihm gehört. Wer nicht?
    In der Modeszene trägt er den Spitznamen „Fire Dirk“ oder auch „Fiercy Dirk“. Nicht nur wegen seiner rotbraunen, langen Haare. Berühmt und berüchtigt ist er. Dirk Landers ist Fotograf, Perfektionist, ein echtes Energiebündel und kann schnell aufbrausen, wenn etwas nicht so läuft, wie er es gerne hätte. Typisch Künstler eben.
    Schon als ich ihn damals, fertig gestylt und auf meinen Einsatz wartend, hinter der Kamera stehen sah, komplett konzentriert auf die Szene vor ihm, blieb mir das Herz stehen. Er hatte diese besondere Ausstrahlung, exquisit, ganz anders als andere, faszinierend und unglaublich männlich. Er war all das, was andere Männer für mich nicht hatten; der begehrenswerteste Mann der ganzen Welt.
    Leider unerreichbar.
    Nicht, dass ich nicht schon versucht hätte, bei ihm zu landen. Habe ich schon.
    Eigentlich bereitet mir das sonst gar keine Probleme: Wen ich haben will, den bekomme ich in der Regel auch. Ich bin gut darin, mich zu verkaufen. Sehr gut sogar.
    Aber bei ihm ist das anders.
    Er ist eine Herausforderung ... an der ich im ersten Schritt schon scheiterte.
    Überaus peinlich: Ich konnte ihm kaum in diese dunklen, braunen Augen sehen.
    Oh solche Augen!
    Er hatte wirklich Feuer im Blick. Mein ganzer Körper fühlte sich seltsam heiß an, als er mir fahrig die Hand schüttelte. Ein sehr kurzer, kräftiger Händedruck, ein Versprechen auf so viel mehr, dass meine Knie wahrhaftig zitterten.
    Meinen Namen vergaß er damals vermutlich sofort wieder. Seinen ließ ich mir hingegen auf der Zunge zergehen: Dirk Landers. Der Dirk Landers, eine wahre Legende unter den Fotografen. Und ich durfte von ihm fotografiert werden. Eine bessere Referenz konnte ich mir zu der Zeit nicht wünschen.
    Lampenfieber hatte ich eigentlich schon lange abgelegt. Gleich nach dem ersten wirklich großen Auftritt. Da war ich offiziell noch keine Achtzehn gewesen. Wen kümmerte es in der Branche? Den großen, geilen Meister nicht, der von meiner Bewerbungsmappe her mein Alter kannte. Mich nicht, der seine Chance nutzen wollte.
    Bei diesem harmlosen Fototermin für ein Modemagazin im winterlichen London habe ich es dennoch wieder gespürt: Anspannung, ein flaues Gefühl im Magen. Zusammen mit Nervosität und dem ständigen Bedürfnis, diesen Mann hinter der Kamera anzustarren, ihm ein Lächeln zu entlocken, seine Zustimmung zu erhalten.
    Ich patzte nur einmal, kassierte ein einziges Stirnrunzeln von ihm. Mehr wollte ich nicht sehen, nicht ertragen und sperrte alles andere aus. Ich war professionell, ich war extrem gut, ich gab ihm exakt, was er sehen wollte und als er mich lobte, da schlug mein Herz Purzelbäume. Sein strahlendes, befriedigendes Lächeln war der Himmel auf Erden.
    In der folgenden Nacht im Hotelzimmer träumte ich zum ersten Mal von ihm. Wie er sich neben mich legen würde. Anders als alle anderen zuvor. Weniger fordernd, eher fragend. Die braunen Augen ganz auf mich gerichtet. Seine Hände fuhren tastend über meinen Körper, erkundend, nicht besitzergreifend.
    Es war ein fantastisches Gefühl, ein wunderschöner Traum. Ich roch so genau seinen Duft, spürte die Wärme seiner Haut, die Rauheit seiner Wangen.
    Ein Traum. Einer von vielen, die folgen sollten.
    Wenn es um andere Männer geht, weiß ich mich sehr gut in Szene zu setzen. Ich habe da gar keine Hemmungen. Ich bin eine Schlampe, wenn es sein muss.
    Bei Dirk gelingt mir das nur vor der Kamera. Ich kann ihn perfekt sehnsüchtig anschmachten, ihm Lust, jenseits seiner Vorstellung versprechen, verrucht, lieblich, scheu, machohaft, aggressiv, passiv, alles, was er wünscht, kann ich sein.
    Vor der Kamera.
    Ohne diese zwischen uns, bin ich ganz anders. Ich habe es noch nie über mich gebracht, ihn zu einem Drink einzuladen, nie, ihm etwas von meinen Gefühlen zu verraten.
    Ich habe keinen Abend mit ihm verbracht, bei
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