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Boese - Horror

Boese - Horror

Titel: Boese - Horror
Autoren: Bentley Little
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Sie ihn trotzdem mit. Nur für den Fall.«
    Wieder war das Wimmern zu hören. Es klang wie jemand, der Schmerzen hatte.
    »Jetzt reicht es aber! Ich ...«, setzte Mike an und bewegte sich vorwärts.
    »Nein«, sagte Doug, ergriff ihn am Arm und zog ihn zurück. »Ich gehe alleine.«
    Mike blieb stehen und starrte ihn an, wich aber nicht zur Seite. Doug hielt seinem Blick stand, spürte das Gewicht des Revolvers in seiner Hand. »Mir wird nichts passieren.«
    Mike nickte langsam. »Okay«, sagte er schließlich. »Wir sind hier draußen, falls Sie uns brauchen.« Die Worte des Polizisten waren beruhigend, ganz im Gegensatz zum Klang seiner Stimme. »Wenn ich irgendwas Seltsames höre, komme ich rein.«
    »In Ordnung.«
    Doug betrat den hinteren Raum.
    Den Unterschlupf des Postboten.
    Smith funkelte ihn aus dem Gerümpel an. Oder genauer, es funkelte ihn an. Denn der Postbote erschien nun kaum noch menschlich. Sein Körper war zusammengeschrumpft. Er war dünn geworden und verdreht und verformt wie der Körper eines riesigen Insekts. Seine rotes Kopfhaar, das nun rötlich blond war, war gewachsen und hing in dicken Strähnen herab. Die Zähne in seinem eingefallenen Gesicht sahen übergroß und scharf aus, als wären sie spitz gefeilt. Um ihn herum lagen die Tische und Regale, Maschinen und Behälter, Postsäcke und sonstiges Zubehör in wirrem Durcheinander.
    Hinter Doug schlug die Tür ins Schloss.
    Der Postbote lachte, ein rasselndes Kichern, das Doug kalte Schauer über den Rücken jagte. Die Luft war merkwürdig schwer, ein knisternder, wirbelnder Energiestrom, der sich wie elektrische Spannung anfühlte.
    In den veränderten Lichtverhältnissen, die die geschlossene Tür verursacht hatte, sah Doug, dass er und der Postbote nicht allein in dem Raum waren. In der hinteren Ecke, an die Wand gelehnt, beinahe versteckt im Schatten eines umgestürzten Tisches, lag ein regungsloser Körper mit wild zerzausten Haaren. Der Körper wimmerte Mitleid erregend. Doug trat vor, bis er das Gesicht erkennen konnte.
    Giselle Brennan.
    Es verschlug ihm den Atem. Giselle war in braunes Packpapier gewickelt wie eine Mumie. Ein Arm hatte sich aus der Umhüllung befreit und war in unnatürlichem Winkel verdreht, mit Gummibändern an der Körperseite fixiert und mit Lagen von gefalteten, orangefarbenen und blauen Express-Umschlägen umwickelt. An vielen Stellen war Blut durch die Verpackung gesickert, war schwarz geworden und in Streifen eingetrocknet. Giselles Gesicht, Hals, Kinn und Wangen waren kreuz und quer von dünnen Schnitten übersät; gerade, sich überschneidende Linien, die ein Feld aus Quadraten, Rechtecken und Parallelogrammen bildeten. Schnitte durchzogen auch ihre Lippen, sodass es aussah, als ob man ihren Mund zugenäht hätte.
    »Giselle«, sagte Doug und ging einen Schritt auf sie zu.
    Sie stöhnte.
    Erst jetzt sah Doug auf ihrer weißen Stirn mehrere parallele Wellenlinien aus schwarzer Tinte, die von einem Kreis ausgingen, in dem etwas geschrieben stand.
    Ein Poststempel.
    Unter ihrem Haaransatz sah er eine gleichmäßig aufgeklebte Reihe von Briefmarken.
    Doug drehte sich zum Postboten um. »Was hast du mit ihr gemacht, verdammt?«
    Smith lachte. Das rasselnde Geräusch klang wie Fingernägel, die über eine Schultafel kratzten. »Postunfall«, sagte er. Seine Stimme war nur noch ein leises Wispern, das Doug kaum noch erkannte.
    »Du Bastard.« Doug atmete durch. Plötzlich begriff er, was der Postbote getan hatte. Er hatte ein Paket aus Giselle gemacht. Ein verdammtes Paket, fertig zum Versand.
    Die Kreatur hustete. »Der Postal Service kann nicht für Verletzungen zur Verantwortung gezogen werden, die durch die Postzustellung entstehen. Wäre Giselle als Ergebnis ihrer Arbeit verletzt worden, würde sie unter das Bundesarbeitsgesetz fallen. Aber sie ist Teilzeit-Angestellte, die bei einem Unfall verletzt wurde, der nicht im Zusammenhang mit ihrer Arbeit stand. Ich habe ihr geholfen, so gut ich konnte. Ich habe ihre Wunden bandagiert. Mehr kann ich nicht tun. Jetzt liegt es an Ihnen.« In seinen Insektenaugen lag Hunger. »Wenn Sie sie nicht sofort ins Krankenhaus bringen, stirbt sie. Vielleicht ist es jetzt schon zu spät.«
    Diesmal war das Stöhnen der jungen Frau ein Wort. »Hilfe.«
    Doug stand regungslos da; er wusste nicht, was er tun sollte. Die Sekunden dehnten sich wie Stunden. Im Raum war es gespenstisch still, ebenso die Schalterhalle und die Stadt draußen. Kein Geräusch störte diese Stille. Es war,
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