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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm
Autoren: Patricia Cornwell
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ERF schien ihre Angestellten zu Zeiten zu verschlingen und wieder auszuspeien, in denen wir anderen es nicht bemerkten. An der Wand neben der Eingangstür blieb Wesley vor einem Modul mit Zahlentastatur und Lesegerät stehen. Er hielt seinen rechten Daumen auf den Scanner. Gleichzeitig forderte ihn ein Display auf, seine persönliche Kennzahl einzugeben. Die biometrische Sperre sprang mit leisem Klicken auf.
    »Offensichtlich waren Sie hier schon mal«, bemerkte ich, während er mir die Tür aufhielt.
    »Oft genug«, sagte er.
    Die Frage war nur, was für besondere Aufträge ihn gerade hierher führten. Wir gingen durch einen Flur mit gedämpftem Licht und einem beigefarbenen Teppichboden, der jedes Geräusch schluckte. Der Gang war doppelt so lang wie ein Football-Feld. Wir kamen an Labors vorbei, wo Wissenschaftler in dunklen Anzügen und Laborkitteln eifrig mit irgendwelchen mysteriösen Dingen beschäftigt waren, die ich auf den ersten Blick auch nicht annähernd hätte einordnen können. Die Männer und Frauen arbeiteten in gläsernen Abteilen an Arbeitstischen, die mit Werkzeug, elektronischen Geräten, Monitoren und mir unbekannten sonstigen Apparaten übersät waren. Hinter einer fensterlosen Doppeltür fraß sich eine Kreissäge durch Holz. An einem Aufzug wurde erneut Wesleys Daumenabdruck geprüft, bevor wir in die vergeistigte Stille eintreten konnten, in der Lucy ihre Tage verbrachte. Im wesentlichen glich der erste Stock einer klimatisierten Hirnschale, die ein künstliches Gehirn umschließt. Wände und Teppichboden waren mattgrau, der exakt aufgeteilte Raum erinnerte an einen gläsernen Eiswürfelbehälter. Jede Kabine enthielt zwei Schreibtische aus einem Anbauprogramm mit schnittigen Computern, Laserdruckern und Stapeln von Papieren. Lucy war leicht zu entdecken. Sie trug als einzige einen FBI-Overall.
    Sie saß mit dem Rücken zu uns und telefonierte über einen Kopfhörer mit Mikrofon. Eine Hand glitt mit einem Stift über ein CAD-Zeichenbrett, die andere tippte etwas auf der Tastatur. Hätte ich es nicht besser gewußt, hätte ich gedacht, sie komponiere.
    »Nein, nein«, sagte sie, »ein langer Pfeifton, gefolgt von zwei kurzen, bedeutet wahrscheinlich eine Störung im Monitor oder in der Hauptplatine.« Als sie uns aus dem Augenwinkel sah, schwang sie mit dem Stuhl herum.
    »Ja, es ist ein großer Unterschied zu einem einzelnen kurzen Piepton«, erklärte sie der Person am anderen Ende der Leitung. »Hier handelt es sich um ein Problem in einem System-Board. Hör mal, Dave, kann ich dich zurückrufen?«
    Halb unter Papieren begraben, bemerkte ich auf ihrem Schreibtisch einen biometrischen Scanner. Auf dem Boden und auf einem Regalbrett häuften sich ehrfurchtgebietende Programmierhandbücher, Schachteln voller Disketten und Tonkassetten, Stapel von Computer- und Softwaremagazinen und eine Reihe blaßblau gebundener Publikationen mit dem Department-of-Justice-Wappen. »Ich dachte, ich zeige Ihrer Tante mal, was Sie so treiben«, sagte Wesley.
    Lucy zog den Kopfhörer vom Kopf. Ob sie sich freute, uns zu sehen, konnte ich nicht erkennen.
    »Im Moment stecke ich bis über die Ohren in Problemen«, sagte sie. »Ein paar unserer 486-Geräte melden error.« Als Erklärung für mich fügte sie hinzu: »Mit Hilfe unserer PCs entwickeln wir das Crime Artificial Intelligence Network, kurz CAIN genannt.«
    »CAIN?« fragte ich verwundert. »Als Akronym für ein System zur Verfolgung von Gewaltverbrechern klingt das aber reichlich ironisch.«
    »Man könnte es vielleicht als Akt tätiger Reue im Hinblick auf den ersten Mörder der Menschheitsgeschichte bezeichnen«, sagte Wesley. »Oder man hat die Bezeichnung gewählt, weil sie einfach leicht zu behalten ist.«
    »Grundsätzlich soll CAIN zu einem vollautomatischen System werden, das die reale Welt möglichst weitgehend nachzeichnet«, fuhr Lucy fort.
    »Mit anderen Worten«, sagte ich, »es soll denken und handeln wie wir.«
    »Genau.« Sie fing wieder an zu tippen. »Hier haben wir die Verbrechensanalyse, wie du sie kennst.« Auf dem Monitor erschienen die Fragen des mir wohlbekannten Fünfzehn-Seiten Formulars, das ich seit Jahren ausfüllte, wenn eine nicht identifizierte Leiche auftauchte oder das Opfer eines Verbrechers, der als Wiederholungstäter in Frage kam.
    »Wir haben es ein bißchen komprimiert.« Lucy holte weitere Seiten auf den Bildschirm.
    »Das Formular selbst ist nie ein Problem gewesen«, bemerkte ich. »Das Problem liegt eher darin,
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