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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm
Autoren: Patricia Cornwell
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weiß nicht einmal genau, was sie da drüben tut«, sagte ich. »Was hätten Sie für ein Gefühl, wenn es eines Ihrer Kinder wäre?«
    »Das, was ich immer fühle, wenn es um meine Kinder geht. Ich möchte sie nicht im Polizeidienst sehen und auch nicht beim Militär. Ich möchte nicht, daß sie mit Waffen umgehen können. Und doch möchte ich, daß sie an all diesen Dingen teilhaben.«
    »Weil Sie wissen, was in unserer Welt los ist«, sagte ich. Und mein Blick traf den seinen erneut und blieb länger auf ihm ruhen, als es hätte sein sollen.
    Er zerknüllte seine Serviette und legte sie auf das Tablett. »Lucy liebt das, was sie tut. Und wir auch.«
    »Das höre ich gern.«
    »Sie ist außerordentlich gut. Die Software, die sie mit uns zusammen für das VICAP entwickelt, wird alles verändern. Es wird gar nicht mehr so lange dauern, bis wir soweit sind, diese Tiere in Menschengestalt über den ganzen Globus zu verfolgen. Stellen Sie sich mal vor, Gault hätte die kleine Steiner in Australien umgebracht. Glauben Sie, wir wüßten darüber Bescheid?«
    »Eher nicht«, sagte ich. »Jedenfalls bestimmt nicht so bald. Doch wir wissen ja nicht einmal, ob Gault sie getötet hat.«
    »Aber mit Sicherheit wissen wir, daß es mehr Opfer geben wird, je länger wir brauchen.« Er griff nach meinem Tablett und stapelte es auf seines. Wir standen auf.
    »Wir sollten mal bei Ihrer Nichte vorbeischauen«, sagte er.
    »Ich denke, ich habe da keinen Zutritt.«
    »Stimmt. Geben Sie mir ein bißchen Zeit, dann bringe ich das in Ordnung.«
    »Ich würde mich sehr darüber freuen.«
    »Mal sehen. Jetzt ist es ein Uhr. Treffen wir uns um halb fünf wieder hier?« Wir verließen den Boardroom. »Übrigens, wie kommt Lucy in Washington zurecht?«
    Er meinte damit das kümmerliche Studentenwohnheim mit seinen winzigen Betten und den Handtüchern, die zu klein waren, um auch nur das Nötigste zu bedecken.
    »Es tut mir leid, daß wir ihr dort nichts mit einer privateren Atmosphäre bieten konnten.«
    »Macht nichts. Mit Zimmer- und Flurgenossinnen zusammenzuwohnen tut ihr gut, wenn sie auch nicht besonders gut mit ihnen auskommt.«
    »Begabte Menschen kommen in Arbeit und Freizeit nicht immer gut mit anderen aus.«
    »Das einzige Fach, in dem sie immer durchgefallen ist«, sagte ich.
    Die nächsten Stunden verbrachte ich am Telefon und versuchte erfolglos, Dr. Jenrette zu erreichen. Offenbar hatte er sich einen Tag frei genommen und war auf dem Golfplatz.
    In meinem Büro in Richmond lief erfreulicherweise alles glatt. Die eingegangenen Fälle erforderten bislang nur äußerliche Untersuchungen und Körperflüssigkeitsanalysen. Gott sei Dank war in der Nacht zuvor kein Mord passiert, und für meine beiden noch anstehenden Gerichtsverhandlungen in dieser Woche war alles vorbereitet. Ich traf mich mit Wesley wie vereinbart.
    »Stecken Sie das an.« Er reichte mir einen speziellen Gästepaß, den ich neben mein Namensschild ans Jackenrevers klemmte. »Keine Probleme?« fragte ich.
    »Einigen Aufwand hat es gekostet, aber ich habe es geschafft.«
    »Ich bin erleichtert, den Sicherheitscheck bestanden zu haben«, sagte ich ironisch.
    »Aber nur knapp.«
    »Besten Dank.«
    Er schwieg und berührte leicht meinen Rücken, als ich vor ihm durch eine Tür ging.
    »Kay, ich muß Ihnen ja nicht sagen, daß nichts von dem, was Sie in der ERF hören oder sehen, nach draußen dringen darf.«
    »Ganz richtig, Benton. Das brauchen Sie mir nicht zu sagen.«
    Der Einkaufsbereich vor dem Boardroom wimmelte von Studenten der National Academy in roten Hemden, die sich Auslagen mit allen nur erdenklichen Dingen ansahen, auf denen das Etikett »FBI« prangte. Auf den Treppen begegneten wir gut durchtrainierten Männern und Frauen, die höflich grüßend in ihre Klassen eilten. Was sie anhatten, war farblich genau reglementiert. Nicht ein einziges blaues Hemd war zu sehen, denn seit über einem Jahr hatte es keine neuen Ausbildungsklassen für Agenten mehr gegeben. Wir gingen durch einen langen Korridor zur Lobby. Hier machte eine Digitalanzeige über dem Empfang die Gäste darauf aufmerksam, daß ihre Pässe gut erkennbar zu tragen seien. Aus der Ferne rundeten Gewehrschüsse den gelungenen Nachmittag ab.
    Die Engineering Research Facility bestand aus drei beigefarbenen Klötzen aus Glas und Beton mit breiten Einfahrtstoren und hohen Maschendrahtzäunen. Die Reihen geparkter Wagen zeugten von der Anwesenheit von Menschen, die ich sonst nie zu Gesicht bekam; die
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