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Bob, der Streuner

Bob, der Streuner

Titel: Bob, der Streuner
Autoren: James Bowen
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meinem ersten Einkauf von Katzenutensilien vor drei Jahren.
    Es war ein Riesentheater, jedes Mal fünf Stockwerke nach unten, raus auf die Grünfläche und wieder zurück nach oben laufen zu müssen. Seit ich aus Australien zurück war, fiel mir aber auf, dass er nicht mehr so oft raus musste wie früher.
    Anfangs tippte ich auf ein medizinisches Problem und brachte ihn zur Tierambulanz im Blue Cross Bus in Islington Green. Die Tierärztin fand jedoch nichts Ungewöhnliches. Sie vermutete eine altersbedingte Stoffwechselveränderung.
    Die Erklärung für Bobs vermindertem Drang nach draußen hatte allerdings keinen medizinischen Ursprung, sondern einen sehr amüsanten. Kurz nach unserem Tierarztbesuch wachte ich eines Morgens sehr früh auf. Es war erst kurz nach sechs, aber meine innere Uhr war noch ziemlich durcheinander. Ich quälte mich schlaftrunken aus dem Bett, um ins Bad zu gehen. Die Toilettentür stand halb offen, und ein leises, plätscherndes Geräusch drang an mein Ohr. Wie seltsam , dachte ich und machte mich schon darauf gefasst, einen Einbrecher beim Wasserlassen zu überraschen. Vorsichtig schubste ich die Badezimmertür weiter auf – und staunte Bauklötze. Bob saß auf dem Toilettensitz und pinkelte ganz entspannt in die Kloschüssel.
    Es sah aus wie in dem Film Meine Braut, ihr Vater und ich, als Robert De Niros Kater Jinxie in einer bestimmt lang geprobten Szene die Toilette seiner Besitzer benutzt. Nur Bob tat es wirklich und ganz ohne Training. Offenbar war ihm der aufwendige Besuch seines Freiluftklos selbst schon zu viel geworden, und er hatte seine eigene Lösung gefunden. Bisher war ich der Meinung gewesen, er begleite mich aus Langeweile bis auf die Toilette. Dabei hat sich der kleine Schlaumeier alles abgeguckt und ahmte mich nun perfekt nach.
    Als er mich bemerkte, warf er mir einen seiner vernichtenden Blicke zu, als wolle er sagen: »Was guckst du? Ich gehe aufs Klo, ist doch ganz normal, oder?« Er hatte natürlich recht. Warum ließ ich mich immer noch überraschen? Bob konnte alles, das sollte ich längst wissen.
    Unsere längere Abwesenheit war vielen unserer Kunden rund um die Angel Station tatsächlich aufgefallen. In der ersten Woche nach meinem Urlaub begrüßten uns viele Leute mit freudigem Lächeln und warmen Worten wie: »Ah, da seid ihr ja wieder!« oder »Ich dachte schon, ihr habt im Lotto gewonnen.« Einer von Bobs weiblichen Fans brachte sogar eine Karte, auf der stand: »Wir haben dich vermisst.« Es war schön, wieder »zu Hause« zu sein.
    Aber es gab auch Leute, die sich nicht sonderlich über unsere Rückkehr freuten. Eines Abends hatte ich eine hitzige Auseinandersetzung mit einer Chinesin. Sie war mir schon öfter aufgefallen, weil sie Bob und mich immer mit missbilligenden Blicken bedachte. Diesmal blieb sie vor mir stehen und drohte mit dem Zeigefinger.
    »Das nicht gut, nicht gut«, schimpfte sie.
    »Entschuldigung, aber was ist nicht gut?«, fragte ich erstaunt.
    »Das nicht normal für Katz’, so sein«, radebrechte sie in schlechtem Englisch. »Er sooo ruhig, du gibst Drogen zu Katz’.«
    Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen, auch wenn ich diesen Vorwurf nicht zum ersten Mal hörte. Als ich noch in Covent Garden Straßenmusik gemacht hatte, war mir von einem arroganten Besserwisser, der aussah wie ein Gelehrter, Ähnliches vorgehalten worden: »Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Ich glaube, ich weiß, was Sie dem Kater geben, damit er so ruhig und unterwürfig ist«, ging er unerwartet auf mich los.
    »Und was sollte das sein, Sir?«, fragte ich vorsichtig.
    »Na, wenn ich Ihnen das sage, hätten Sie ja die Möglichkeit, auf etwas anderes umzusteigen.« Er war sichtlich überrascht, dass ich ihn herausforderte.
    »Jetzt kommen Sie! So eine Anschuldigung müssen Sie schon begründen«, forderte ich ihn auf.
    Ohne ein weiteres Wort verschwand er in der Menge. Das war auch besser für ihn, denn wenn er so weitergemacht hätte, wäre mir womöglich die Hand ausgerutscht.
    Die Chinesin machte mir den gleichen Vorwurf. Auch diesmal wollte ich das nicht auf mir sitzen lassen. »Was glauben Sie denn, das ich ihm gebe?«, fragte ich sie.
    »Das weiß ik nikt«, antwortete sie, »aber Sie geben irgendetwas.«
    »Also, wenn ich ihn ruhigstellen würde, warum sollte er dann bei mir bleiben? Dann würde er doch bei der erstbesten Gelegenheit abhauen, oder? Ich kann ihm ja nicht vor allen Leuten Beruhigungsmittel einflößen, oder?«
    »Pfff«, war ihre
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