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Blutspur in East End

Blutspur in East End

Titel: Blutspur in East End
Autoren: S Hogan
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war ein halbes Jahr älter als Carol, und nicht nur deshalb wurde sie von ihrer jüngeren Freundin heimlich bewundert. Tricia ließ sich nichts gefallen. Wenn ein Junge in der Schule sie ärgerte, dann fing er sich schnell eine Ohrfeige von ihr ein. Und Tricia wurde oft von den Typen genervt. Insgeheim schwärmten fast alle Klassenkameraden von ihr. Aber weil sie das nie zugegeben hätten, machten sie ihr lieber das Leben schwer.
    Tricia fand alle Typen in der Schule ätzend. Keiner von ihnen konnte mit den muskulösen Indianern aus ihren Fantasien konkurrieren. Und außerdem lebten die Jungs sowieso auf einem anderen Planeten. So kam es Tricia wenigstens vor. Es gab nur einen Menschen, mit dem sie sich wirklich gut verstand und über alles reden konnte – Carol.
    Tricias beste Freundin war nicht ganz so hübsch und wurde daher etwas weniger geneckt. Aber Carol hatte von Tricia gelernt, zu sich zu stehen. Oft schien es Carol, als würde Tricia ihr von ihrem starken Selbstvertrauen etwas abgeben. Unbewusst ahmte Carol ihre ältere Freundin nach. So kam es, dass sie ebenfalls von den Jungs aus ihrer Klasse nichts wissen wollte.
    Insgeheim gestand sich Carol jedoch ein, dass Mike Connors gar nicht so übel war. Jedenfalls nervte er sie nie, sondern schaute sie manchmal sogar richtig süß an.
    „Bist du bereit, Kleine Feder?“
    Tricias Stimme riss Carol aus ihren Gedanken. „Kleine Feder“ war Carols Indianername. Tricia nannte sich „Schnelle Zunge“, weil sie so schlagfertig war und immer einen passenden Spruch auf Lager hatte.
    „Ja, Schnelle Zunge.“
    Carols Herzschlag beschleunigte sich, aber sie wollte sich ihre Aufregung nicht anmerken lassen. Für diesen Tag hatten die Freundinnen sich vorgenommen, Blutsschwestern zu werden. Eigentlich fürchtete sich Carol vor Blut, aber sie wollte kein feiges Bleichgesicht sein. Außerdem bedeutete ihr die Freundschaft zu Tricia sehr viel. Dafür war sie sogar bereit, ihren Widerwillen gegen Blut zu überwinden.
    Feierlich zog Tricia die Nadel aus ihrer Tasche. Carol brach bereits der kalte Schweiß aus. Irgendwie schaffte sie es, ihre zitternden Hände ruhig zu halten. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Aber sie wusste, dass sie ihrer Freundin vertrauen konnte. Tricia würde Carol niemals schaden. Was sollte also schon passieren? Es war schließlich nur ein winziger Nadelstich in die Fingerkuppe.
    Reiß dich zusammen, du bist kein Baby mehr!, ermahnte Carol sich. Sie ließ sich von Tricias Gelassenheit anstecken und entspannte sich tatsächlich. Wenig später drang die winzige Stahlspitze in ihr Fleisch, und ein einzelner Blutstropfen rollte an Carols Finger hinab. Tricia hatte sich ebenfalls mit der Nadel gestochen. Nun pressten die beiden Mädchen ihre Handflächen gegeneinander.
    „Du bist für immer meine Schwester, Kleine Feder.“
    „Du bist für immer meine Schwester, Schnelle Zunge.“
    Carol und Tricia lächelten sich an. Doch plötzlich geschah etwas Entsetzliches. Während Carols Finger nur wenig geblutet hatte, ergoss sich ein Blutstrom aus Tricias Fingerkuppe wie aus einer klaffenden Wunde.
    Schreckensbleich starrte Tricia auf ihren Arm, an dem das Blut hinabrann. Es gelang ihr nicht, den Fluss zu stoppen.
    Ein verzweifelter Schrei drang aus ihrer Kehle. „Hilf mir, Carol! Bitte, hilf mir!“
    Carol wachte völlig verschwitzt auf. Es dauerte einige Minuten, bis sie in die Wirklichkeit zurückfand. Tricia war nicht bei ihr, sie hatte nur geträumt. Carol lag im Bett in ihrem neuen Zimmer in London. Sie warf einen Blick auf den Wecker. Es war kurz vor neun Uhr morgens.
    Carol wusste nicht mehr, wie lange sie am vergangenen Abend wach gelegen und über den Tod ihrer Freundin nachgegrübelt hatte. Irgendwann musste sie erschöpft eingeschlafen sein. Kein Wunder, dass ihre trüben Gedanken ihr einen fürchterlichen Albtraum beschert hatten.
    Carol richtete sich im Bett auf und fuhr sich mit den Handflächen über das Gesicht, während sie über den Traum nachdachte. Der feierliche Pakt, den Tricia und sie auf der Wiese am Stadtrand geschlossen hatten, gehörte eigentlich zu den schönsten Momenten ihres Lebens. Damals hatte sie sich Tricia, ihrer Blutsschwester, so eng verbunden wie noch nie gefühlt. Alles hatte sich wirklich so abgespielt wie in ihrem Traum – nur das schreckliche Ende mit dem unendlichen Blutfluss war das Produkt ihres Unterbewusstseins. In Wirklichkeit hatte sich Tricias Wunde genauso schnell geschlossen wie ihre eigene.
    Als sie aus
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