Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutsauger

Blutsauger

Titel: Blutsauger
Autoren: M Bomm
Vom Netzwerk:
sondern ihre gesamte Existenz sowie die einiger anderer Personen. Außerdem könnte es einen Skandal geben, der weit über die heimische Provinz hinausreichen würde. Schließlich experimentierten sie nicht mit irgendwelchen elektronischen Gerätschaften, sondern mit einem Stoff, der ein Höchstmaß an Verantwortung erforderte – und der überdies einen sensiblen Bereich betraf, auf den weite Bevölkerungskreise besonders neuralgisch reagierten. Wie so oft, wenn sich Halbwahrheiten, Unkenntnis und pseudowissenschaftliche Veröffentlichungen vermischten, kam es zu diffusen Ängsten, die von den jeweiligen Interessengruppen und deren Gegnern bewusst geschürt wurden. Aber wie, so drehten sich die Gedanken in Bruggers Kopf im Kreise, wie sollten auch komplexe wissenschaftliche Vorgänge den Millionen von Laien erklärt werden, die es längst gewohnt waren, ihre Informationen aus einminütigen Videoclips zu beziehen, in denen ihnen die elektronischen Medien kaum mehr als schlagwortartige Häppchen zum Fraß vorwarfen? Und diese Menge der Ahnungslosen und Verdummten war es letztlich, die bei Wahlen über die Regierungen entschied, die wiederum nur aus Kleingeistern bestand, insbesondere von Habgierigen und Machtbesessenen. Brugger und sein Freund hatten sich schon oft über dieses Dilemma unterhalten, das von Wahl zu Wahl augenscheinlicher wurde. Letztlich ging es lediglich um Geld und Einfluss – und nicht wirklich darum, die Menschheit voranzubringen. Seit gewissenlose Banker und sonstige kapitalgierige Schwachköpfe diese Welt in eine Krise gestürzt hatten, war immer weniger Finanzkraft für innovative Entwicklungen vorhanden. Nicht einmal für die wichtigsten sozialen Bereiche konnte die angeblich so hochzivilisierte Menschheit noch ausreichend aufkommen. Die Armen wurden immer mehr gegängelt und ausgenommen, während die Reichen in ihrer ach so großen Güte behaupteten, sie würden für mehr soziale Gerechtigkeit kämpfen. Wenn diese Gruppierungen davon laberten, dann meinten sie eigentlich, dass ihnen selbstverständlich ein bisschen mehr zustehen müsste als jenen, die keinen Job hätten. Dabei taten sie so, als sei die wirtschaftliche Lage gottgegeben, als sei der Absturz wie eine Naturkatastrophe übers Land gekommen. In Wirklichkeit, davon war Brugger zutiefst überzeugt, gab es jede Menge Kriminelle, die die Wirtschaft bewusst an die Wand gefahren hatten, um sich damit zu bereichern.
    Und in einer Welt, die mancherorts ums bloße finanzielle Überleben kämpfte, war kein Platz mehr für Forschung und Wissenschaft. Zwar wurden gelegentlich irgendwelche Projekte tatsächlich gefördert – und dies medial meist mächtig gefeiert –, doch um alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die mit heutigen Methoden realisierbar wären, bräuchte es viel größerer Summen und vor allem auch einer besseren globalen Vernetzung der Wissenschaftler, die oftmals viel zu sehr einem Konkurrenzdenken verfallen waren. Brugger sog die kühler werdende Meeresluft tief in sich ein, als wolle er die Kräfte des Universums in sich aufnehmen. Gewiss, so dachte er, es hatte in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte in der Medizin gegeben. Dennoch fehlte das Geld, um sie den Menschen möglichst schnell zugänglich zu machen. Als ob es für Menschen irgendetwas Wichtigeres gäbe als die Gesundheit. Brugger vermochte den Irrsinn nicht nachzuvollziehen, dass immense Geldbeträge in irgendwelche schwachsinnigen Prestigeobjekte gesteckt wurden, oder – noch schlimmer – in Militärmaschinerien, die dem einen Zweck dienten, andere Menschen ins Leid zu stürzen, anstatt das Gesundheitswesen nachhaltig zu sanieren. Aber kein einziger Politiker hatte bisher den Mut gefunden, ein ganz neues System zur Finanzierung der Krankenversicherungen aufzubauen. Brugger argwöhnte im Kollegenkreis so oft es ging, dass dies alles nicht ernsthaft gewollt war. Pharmaindustrie und korrupte Strukturen, mafiöse Verbindungen und geschlossene Kapitalsysteme machte er dafür verantwortlich. Sein Gehirn war auf Hochtouren gekommen – wie immer, wenn er über diese Ungerechtigkeiten nachdachte.
    Er und seine Geschäftsfreunde, so appellierte eine innere Stimme, waren natürlich auch nicht aus reiner Menschenliebe an ihr Projekt herangegangen. Immerhin zockten sie weder staatliche Subventionen ab, noch schädigten sie jemanden – zumindest nicht direkt. Und wenn, dann nur im Interesse der Forschung.
    Es gab weitaus Schlimmeres. Schlagartig musste er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher