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Blutnetz

Blutnetz

Titel: Blutnetz
Autoren: Clive Cussler , Justin Scott
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Paste aus Stickstoffjodid zu einer explosiven harten Kruste getrocknet. Als Langner die Tasten niederdrückte, prallten Filzhämmer auf G-, B- und D-Saiten und versetzten sie in Schwingung. In sechs weiteren ober- und unterhalb gelegenen Oktaven begannen G-, B- und D-Saiten zu schwingen und erschütterten das Stickstoffjodid.
    Es explodierte mit einem scharfen, trockenen Knall, erzeugte eine violette Qualmwolke, die aus dem Resonanzkasten drang, und brachte gleichzeitig den Sack Kordit zur Zündung. Das Kordit zertrümmerte den Flügel zu einer Wolke von Tausenden Splittern und Partikeln Holz, Draht und Elfenbein, die Arthur Langners Kopf und Brust durchlöcherten und ihn auf der Stelle töteten.

2
    Im Jahr 1908 unterhielt die Van Dorn Detective Agency in jeder bedeutenden amerikanischen Stadt eine Niederlassung. Ihre Büros waren ein Spiegelbild der typischen Gegebenheiten ihres jeweiligen Standorts. Die Zentrale in Chicago besetzte eine Suite im palastartigen Palmer House. Das staubige Ogden, Utah, ein Eisenbahnknotenpunkt, wurde von einem gemieteten Büro mit Steckbriefen an den Wänden betreut. Die New Yorker Büros befanden sich im luxuriösen Knickerbocker Hotel in der 42nd Street. Und in Washington, D.C., mit seiner günstigen Nähe zum Justizministerium - einer wesentlichen Auftragsquelle - residierten die Van-Dorn-Detektive im zweiten Stock des besten Hotels der Stadt, dem neuen Willard auf der Pennsylvania Avenue, zwei Blocks vom Weißen Haus entfernt.
    Joseph Van Dorn selbst hatte dort ein Büro. Es war ein mit Nussbaum getäfeltes Arbeitszimmer, ausgestattet mit den modernsten technischen Einrichtungen, um die transkontinental operierende Firma, die er leitete, unter Kontrolle zu halten. Neben dem privaten Telegraphen der Agentur hatte er drei Kerzentelefone für Fernverbindungen in den Westen bis nach Chicago, dazu ein DeVeau Dictaphone, einen mit Selbstaufzug versehenen Börsenticker und ein elektrisches Kellogg Intercommunicating Telephone. Durch einen Türspion konnte er sich einen ersten Eindruck von Klienten und Informanten im Wartezimmer verschaffen. Eckfenster gestatteten einen ungehinderten Blick auf den Vorder- und den Seiteneingang des Hotels.
    Durch diese Fenster beobachtete Van Dorn eine Woche nach Arthur Langners tragischem Tod in der Naval Gun Factory besorgt, wie zwei Frauen aus einer Straßenbahn stiegen, den dicht bevölkerten Gehsteig überquerten und im Hotel verschwanden.
    Das Telefon der internen Sprechanlage klingelte.
    »Miss Langner ist da«, meldete der Hausdetektiv des Willard, ein Angestellter Van Dorns.
    »Ich weiß.« Er sah dem Besuch mit gemischten Gefühlen entgegen.
    Der Gründer der Van Dorn Detective Agency war ein grobschlächtiger kahlköpfiger Mann in den Vierzigern. Er hatte eine ausgeprägte römische Nase, eingerahmt von einem buschigen roten Backenbart. Dazu kam das freundliche, entgegenkommende Auftreten eines Anwalts oder Geschäftsmanns, der schon früh sein Glück gemacht hatte und nun die Früchte seines Erfolgs genoss. Leicht verschleierte Augen kaschierten eine wache, zupackende Intelligenz; in den staatlichen Strafanstalten saßen zahlreiche Kriminelle, die durch List dazu gebracht worden waren, diesen Gentleman so nahe an sich heranzulassen, dass er ihnen Handschellen anlegen konnte.
    Im Parterre fesselten die beiden Frauen die ganze Aufmerksamkeit der versammelten Männlichkeit, als sie durch das von Marmor und Gold funkelnde Foyer des Willard schwebten. Die jüngere der beiden, ein zierliches Mädchen von achtzehn oder neunzehn Jahren, war eine modisch gekleidete Rothaarige mit lebhaft funkelnden Augen. Ihre Gefährtin war eine hochgewachsene Schönheit mit rabenschwarzem Haar. Der Ernst ihrer Miene wurde noch durch ihre Trauerkleidung unterstrichen. Ihr Hut war mit Federn der Trauerseeschwalbe verziert, ein Schleier verdeckte ihr Gesicht zur Hälfte. Die Rothaarige hielt ihren Ellbogen umfasst, als wollte sie ihr auf diese Weise Kraft und Trost spenden.
    Sobald sie das Foyer durchquert hatten, übernahm Dorothy Langner das Kommando und drängte ihre Begleiterin, auf einer eleganten Couch am Fuß der Treppe Platz zu nehmen.
    »Bist du sicher, dass ich nicht mitkommen soll?«
    »Nein, danke, Katherine. Ich schaffe es schon allein.«
    Dorothy Langner raffte ihre langen Röcke hoch und eilte die Treppe hinauf.
    Katherine Dee reckte den Kopf und beobachtete, wie Dorothy auf dem ersten Absatz innehielt und die Stirn gegen eine glänzende Marmorsäule
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