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Blutmaske

Blutmaske

Titel: Blutmaske
Autoren: Markus Heitz
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rammte
den Lauf in den zahnbewehrten Schlund. Das Metall traf auf
Widerstand und durchstieß etwas, das Wesen gab einen gurgelnden
Laut von sich – und wich tatsächlich zurück.
    Unschlüssig stand der Werwolf in seiner ganzen Scheußlichkeit
auf den langen Hinterbeinen. Er knurrte und fauchte
gleichzeitig, die kurzen Ohren waren steil nach oben gerichtet,
der Schwanz peitschte.
    Da krachte ein Schuss durch den Wald.
    Die Kugel fuhr der Bestie seitlich durch die Schnauze, eine
rote Fontäne sprühte augenblicklich los, bespritzte den Wolf
und Jean. Schrill heulend stieß sich das Wesen vom Boden
ab – und sprang sieben Schritte weit in den Schutz der Baumstämme,
zwischen denen bereits die Dunkelheit regierte.
»Fahr zur Hölle, Loup-Garou!«
    Antoine, die Kleidung in blutigen Fetzen am Körper, hatte
sich am Stamm der Buche aufgesetzt, sein linker Arm senkte
sich zitternd, die rauchende Pistole sackte nach unten. »Fahr
zur Hölle«, wiederholte er leise. Seine Augenlieder flatterten
und schlossen sich. Er hatte das Bewusstsein verloren.
    Die unheimliche Stille, die vor dem Angriff der Bestie Einzug
gehalten hatte, dauerte an. Noch immer waren die Tiere
des Waldes wie gelähmt. Das Lärmen, Fauchen und Schießen
hatte ihre Stimmen erstickt.
    Jean wusste nicht, ob der Werwolf zurückkehren würde, um
sein Werk zu beenden. Der Wildhüter lud mit zitternden Fingern
alle Waffen nach, wartete einige Momente, die ihm wie
qualvolle Stunden erschienen. Als sich nichts rührte, wandte
er sich besorgt seinem schwer verletzten Sohn zu. Er vernähte
die schweren Blessuren an Antoines Armen mit grobem Garn
und wickelte Stofftücher darum, die er hastig aus seinem Rock
schnitt. Dann kümmerte er sich um Pierres Wunden. Beide
Söhne erwachten nicht aus ihrer Ohnmacht. Vielleicht weigerte
sich ihr Verstand so lange es ging, die Bestie noch
einmal sehen zu müssen. Liebevoll streichelte Jean die Gesichter
seiner Kinder und fragte sich, was er tun konnte außer
abzuwarten.
    Lange Zeit verharrte er zwischen ihnen, die Waffen griffbereit
um sich verteilt, und lauschte in die gespenstische
Ruhe.
    Es blieb still.
    Erst als er den erlösenden Ruf einer Eule hörte, entspannte
sich Jean allmählich. Er entzündete ein kleines Lagerfeuer,
das die Nacht zwischen den Bäumen vertrieb. Dann wandte er
sich zu der Stelle um, wo der Kadaver des ersten Werwolfs
darauf wartete, untersucht zu werden.
    Jean erstarrte. In einem See aus Blut lag dort
der Torso eines Menschen! Der Schein des Feuers beleuchtete
die klaffenden, feuchten Wundränder; Chastel sah das
Weiß des Schädelrestes schimmern. Die Bestie war nach dem
Tod aus ihm gefahren und hatte einen ausgemergelten Mann
von gewiss sechzig Jahren zurückgelassen.
    Der Wildhüter schauderte. Es widerstrebte ihm, sich dem
Leichnam zu nähern. Doch konnte er es wagen, ihn hier liegen
zu lassen? Wer würde ihm glauben, dass dieser schwache, alte
Mann zu Lebzeiten eine reißende Bestie gewesen war? Er
nahm seinen Mut zusammen und schleifte den Toten zum
Bach, übergab ihn dem dunklen Wasser und sah zu, wie
ihn die Strömung davontrug. Irgendwo würde er angespült
werden, weit weg vom Vivarais und noch weiter weg vom
Gévaudan. Sollte er dort seinen Frieden finden.
    Er kehrte zu seinen bewusstlosen Söhnen zurück, hielt sein
Jagdmesser in die Flammen, öffnete die Wundnähte und
brannte Pierre und Antoine die Verletzungen mit der glühenden
Schneide aus. Der Keim des Wolfs, oder was immer sie
angefallen hatte, sollte in der Hitze vergehen.
    Niemand durfte von den wahren Geschehnissen dieses Nachmittags
erfahren. Die Wunden seiner Söhne stammten von
einem großen Wolf, das würde er DeBeaufort und allen anderen
erzählen. Ein passendes Tier zu seiner Geschichte konnte er
auf der Rückreise ins Gévaudan erlegen. Wichtig war nur eins:
So schnell wie möglich diese verfluchte Gegend zu verlassen, in
der eine Kreatur ihr Unwesen trieb, die offensichtlich aus der
Hölle gesandt worden war. Die Vulkane des Vivarais mussten
geradewegs ins Reich des Teufels führen.

Sanctum
    Rom, Ewige Stadt, Hort uralter Geheimnisse.
     
    Hierhin führen die Spuren einer Verschwörung, in deren Mittelpunkt Eric von Kastell steht, der Werwolfjäger. Immer wieder trifft er auf das Vermächtnis einer Frau, die im 18. Jahrhundert um ihr Leben kämpfte: Gregoria, die Äbtissin eines entweihten Klosters. Eric und Gregoria sind untrennbar verbunden durch die heiligste Substanz, die sich auf Erden findet: Das Sanctum kann
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