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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale
Autoren: Tess Gerritsen
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Gutachter. Nicht jeder, der einen Menschen getötet hat, gehört ins Gefängnis. Manche dieser Leute sind schwer geschädigt.«
    »Ja, sicher, ich kenne Ihre Theorie. Hauen Sie einen jun gen Kerl mit dem Kopf gegen die Wand, murksen Sie an seinen Stirnlappen herum, und schon ist er frei von jeglicher Verantwortung für alles, was er in Zukunft anstellt. Er kann eine Frau umbringen, kann sie in Stücke hacken, und Sie werden ihn immer noch vor Gericht verteidigen.«
    »Ist es das, was mit diesem Opfer passiert ist?« O'Donnells Miene verriet eine beunruhigende Hellhörigkeit, und ihre Au gen blitzten wie die eines wilden Tieres. »Wurde sie zerstückelt?«
    »Wieso fragen Sie das?«
    »Ich möchte es einfach wissen.«
    »Aus beruflichem Interesse?«
    O'Donnell lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Detective Rizzoli, ich habe schon sehr viele Mörder interviewt. Im Lauf der Jahre habe ich umfangreiches statistisches Material über Motive, Methoden und Verhaltensmuster erhoben. Ich habe also sehr wohl ein berufliches Interesse daran.« Sie schwieg einen Moment. »Das Zerstückeln des Opfers ist durchaus nichts Ungewöhnliches. Insbesondere, wenn es der Beseitigung des Opfers dient.«
    »Das war in diesem Fall nicht der Grund.«
    »Das wissen Sie sicher?«
    »Es ist ziemlich offensichtlich.«
    »Hat er die Körperteile bewusst zur Schau gestellt? War es eine Inszenierung?«
    »Wieso? Ist unter Ihren perversen Freunden zufällig einer, der auf so was steht? Irgendwelche Namen, die Sie uns anvertrauen möchten? Die Typen schreiben Ihnen doch, nicht wahr? Ihr Name ist allgemein bekannt. Die Frau Doktor, die immer alle Details wissen will.«
    »Wenn sie mir schreiben, dann in der Regel anonym. Sie sagen mir ihre Namen nicht.«
    »Aber Sie bekommen Briefe«, warf Frost ein.
    »Ich höre von allen möglichen Leuten.«
    »Von Mördern.«
    »Oder von Leuten, die sich als Mörder ausgeben. Ob sie die Wahrheit sagen oder nicht, kann ich unmöglich entscheiden.«
    »Sie glauben, dass manche nur ihre Fantasien mit Ihnen teilen wollen?«
    »Und sie vermutlich niemals ausleben. Sie brauchen nur ein Ventil für ihre gesellschaftlich geächteten Triebe. Wir alle haben solche dunklen Seiten. Auch der friedfertigste Mann hat bisweilen Tagträume über bestimmte Dinge, die er gerne einmal mit Frauen machen würde. Dinge, die so abartig sind, dass er es nicht wagt, irgendwem davon zu erzählen. Ich wette, dass selbst Sie ab und zu den einen oder anderen unangemessenen Gedanken hegen, Detective Frost.« Sie sah ihn unverwandt an - ein Blick, der darauf abzielte, ihn aus der Fassung zu bringen. Es ehrte Frost, dass er noch nicht einmal errötete.
    »Hat irgendjemand Ihnen von Zerstückelungsfantasien geschrieben?«, fragte er.
    »Nicht in letzter Zeit.«
    »Aber es ist schon einmal vorgekommen?«
    »Wie ich schon sagte, das Zerstückeln des Opfers ist nichts Ungewöhnliches.«
    »Als Fantasievorstellung oder als reale Tat?«
    »Beides.«
    »Wer hat Ihnen von seinen Fantasien geschrieben, Dr. O'Don nell?«, fragte Jane.
    Die Frau erwiderte Janes Blick. »Diese Korrespondenz ist vertraulich. Das ist genau der Grund, weshalb diese Menschen keine Bedenken haben, mir ihre geheimsten Wünsche, ihre Tagträume anzuvertrauen.«
    »Rufen diese Leute Sie auch an?«
    »Selten.«
    »Und Sie reden mit ihnen?«
    »Ich weiche ihnen nicht aus.«
    »Führen Sie Buch über diese Anrufe?«
    »Das würde sich kaum lohnen. Ich kann mich nicht erinnern, wann es das letzte Mal vorgekommen ist.«
    »Es ist letzte Nacht vorgekommen.«
    »Aber da war ich nicht zu Hause und konnte den Anruf nicht annehmen.«
    »Um zwei Uhr waren Sie auch noch nicht zu Hause«, sagte Frost. »Wir haben angerufen und Ihren Anrufbeantworter dran bekommen.«
    »Wo waren Sie letzte Nacht?«, fragte Jane.
    O'Donnell zuckte mit den Achseln. »Außer Haus.«
    »Um zwei Uhr früh an Heiligabend?«
    »Ich war bei Freunden.«
    »Um welche Zeit sind Sie nach Hause gekommen?«
    »Das muss gegen halb drei gewesen sein.«
    »Das müssen ja sehr gute Freunde sein. Würde es Ihnen etwas ausmachen, uns ihre Namen zu nennen?«
    »Ja, das würde es.«
    »Wieso?«
    »Wieso ich nicht möchte, dass meine Privatsphäre verletzt wird? Muss ich diese Frage wirklich beantworten?«
    »Wir ermitteln hier in einem Mordfall. Eine junge Frau wurde letzte Nacht regelrecht abgeschlachtet. Es ist eines der brutalsten Verbrechen, die ich je erlebt habe.«
    »Und Sie wollen ein Alibi von mir.«
    »Ich wüsste nur gerne,
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