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Blutkult (German Edition)

Blutkult (German Edition)

Titel: Blutkult (German Edition)
Autoren: Uwe Siebert
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war.
    „ Die Runen des Nordens sind für die Augen Uneingeweihter nicht mehr als ein Schriftbild“, erklärte Ayrus. „Doch wir Unsterblichen wissen, wie viel mehr sie sein können. Sie bringen Heilung, Kraft, gewähren Schutz und vermögen sogar zu zerstören. Ihre Magie ist etwas Reines und Vollkommenes, sie tragen einen Teil der Urkraft der Welt in sich, das Prinzip von Sein und Werden, von Schöpfung und Vernichtung, und es gibt nichts Mächtigeres.
    Der Fürst war längst kein Mensch mehr und unterschied sich nur zu sehr von seinen Untertanen. Er war jenseits der fleischlichen Sterblichkeit und zuletzt nichts anderes als ein elementarer Geist, ein fleischloser Gott. Keine Klinge vermochte ihm noch zu schaden, nur die Runen waren unsere einzige Waffe. Hier und heute, haben wir gesiegt. Nemar ist gefallen!“
     
    Vor dem Tor des Schlosses streunten zahllose Wölfe umher. Die Tiere kannten keine Scheu gegenüber den drei Unsterblichen. Ein Wolf, der die anderen an Größe überragte und dessen Fell strahlend weiß wie Schnee war, bewegte sich auf Larkyen zu. Er suchte Larkyens Blick, und lange sahen sie einander in die Augen.
    Larkyen hörte den Herzschlag des Wolfes, spürte die Verbindung zwischen ihnen, und fühlte, wie sein Verstand mit dem des Tieres verschmolz. Er verspürte Gleichwertigkeit, Dankbarkeit und Respekt gegenüber dem Wolf und ließ ihn daran teilhaben. Das Bündnis gegen Nemar war ein Bündnis mit allen Wölfen des Gebirgskammes gewesen, das Larkyen nun beendete. Nur kurz wandte sich der weiße Wolf seinen Artgenossen zu, dann kehrte das Rudel in die Wildnis der Berge und Wälder zurück.
    Der weiße Wolf aber blieb noch eine Weile an Larkyens Seite und begleitete ihn und die anderen Unsterblichen auf ihren Weg durch den Wald. Sie überquerten nur ein weiteres Schlachtfeld, Bestien gegen Bestien hatten hier gekämpft, bis zur Unkenntlichkeit zerfleischte Strygarer boten ein Zeugnis des Triumphes von Reißzähnen und Klauen.
     
    Auf einer Lichtung erwartete sie eine Schar aus befreiten Gefangenen und nur neun überlebenden Wehrheimern. Larkyen war beruhigt, dass auch Regar sich unter ihnen befand. Der Krieger aus Wehrheim stützte den verwundeten Merkor. Die Männer aus Wehrheim waren abgekämpft und ausgezehrt, ihre Kleidung war zerschlissen und die Leiber von Wundmalen übersät. In ihren Gesichtern zeichnete sich tiefe Müdigkeit ab. Dennoch kümmerten sie sich um die Befreiten, verbanden deren Wunden, so gut sie konnten, und überließen ihnen ihren restlichen Proviant.
    Jene Gestalten, nur aus Haut und Knochen bestehend, hatten so sehr unter Strygar gelitten und schienen außerstande, ihre Dankbarkeit in Worte zu fassen. Die blassen, ausgezehrten Schädel deuteten oftmals ein Nicken an, in den Augenhöhlen standen Tränen, doch über ihre Lippen drang kein Wort. Selbst jener einstige Befehlshaber der Wachmannschaften von Karlysan, der Melgar genannt wurde, blickte schweigend in den Himmel und schien das Licht des Tages zu genießen, auf das er so lange hatte verzichten müssen. Die Finger seiner dürren Hände streckten sich tastend den Strahlen der Sonne entgegen, als könne er sie berühren, als wolle er jegliches Licht festhalten, um nie wieder der Dunkelheit ausgeliefert zu sein. Neben ihm steckte ein Schwert im Boden; er hatte trotz aller Entbehrungen noch gekämpft und bot somit ein weiteres Sinnbild für den Lebenswillen all derer, die von Geburt an sterblich waren.
    Nach einer Weile zerstreuten sich die Befreiten in alle Himmelsrichtungen. Viele von ihnen würden zu ihren alten Heimatorten zurückkehren, manch andere mochten ihr Glück in neuen Regionen Laskuns versuchen; vielleicht mussten sie um Nahrung und Herberge betteln, oder das Wagnis eingehen, sich mit Gewalt zu nehmen, was immer sie wollten. Wohin es sie auch trieb, ihr Weg führte ins Ungewisse.
     
    Jetzt erst berichtete Regar, wie sie das Feindesheer vor dem Schloss aufgerieben hatten. Auch Larkyen hatte einiges zu erzählen, und als er auf Bulgars Verrat zu sprechen kam, glaubte Regar seinen Ohren kaum zu trauen und zeigte sich entsetzt darüber, dass es noch viele weitere „Schläfer“ geben sollte.
    Dann sprach Regar etwas aus, das Larkyen noch lange mit der Erinnerung an Tarynaar verbinden sollte: „Durch Verräter wie Bulgar, Menschen voller Niedertracht und Neid, wurde der Hass von euch Unsterblichen auf uns Menschen gesät. Die Welt ist entzwei gerissen.“
    „ Bei allem, was Götter und Menschen
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