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Blutgesicht

Blutgesicht

Titel: Blutgesicht
Autoren: Jason Dark
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Ungeheuerliches erlebt hatten. Zudem hatte sie schon auf der Seite der Hölle gestanden. Damals war sie eine Hexe gewesen, und sie wußte auch, daß es in der Verdammnis keine Freude gab. Dieses Wissen kam ihr nun zugute, denn sie schaffte es, relativ normal zu denken, und sie fand auch eine Basis, nämlich das Blutgesicht.
    Zwar war es im Moment nicht zu sehen, aber es war nicht verschwunden. Es hatte sich zurückgezogen. Irgendwo mußte es existieren, um auf einen günstigen Augenblick zu warten. Jane war nicht grundlos in diese Welt entführt worden.
    Um sie herum war es nicht nur dunkel, sondern auch still. Es existierten keine anderen Geräusche, keine Laute, abgesehen von ihrem eigenen Atem.
    Die Luft, die sie einatmete, war klar und so kalt. Trotzdem besaß sie einen Geschmack. Sie tanzte über ihre Zunge hinweg, doch Jane konnte nicht herausfinden, wonach sie schmeckte.
    Dunkelheit plus Stille, das bedeutete zugleich Verlassenheit. Ja, sie fühlte sich völlig einsam und verlassen. Weit weg von jeder Hilfe und jedem Trost.
    Es gab keine Richtungen. Wohin sie den Kopf auch drehte, sie schaute nur hinein in die tiefe Schwärze. Kein einziger Lichtpunkt flimmerte oder funkte. Es war überhaupt nichts vorhanden, wonach sie sich hätte richten können.
    Also mußte sie warten. Auf wen? Sie wußte es nicht. Vielleicht auf das Schicksal, auf ihr Ende, auf das Erscheinen des Blutgesichts, das in diese Welt hineingehörte.
    Jane Collins hatte nicht vergessen, daß es diesen verdammten Maler zweimal gab. Zum einen als Nathan Lassalle, zum anderen als das Blutgesicht. Es gab einen Zusammenhang zwischen ihnen. Der eine war ein normaler Mensch und der andere…
    Ja, was war er?
    Jane hatte ihn erlebt, sie wußte es trotzdem nicht. Sie kam nicht mit ihm zurecht. Sie konnte ihn nicht packen. Er paßte in keinen Kasten hinein. Er war so etwas wie ein doppelter Dämon, eine zweifache Gestalt auf verschiedenen Ebenen.
    Dem Blutgesicht waren keine Grenzen gesetzt. Es konnte alles überwinden. Dimensionen, Mauern, Grenzen. Es gab keinen Stopp. Es war einfach nicht zu fassen.
    Wieso nicht?
    Jane zerbrach sich den Kopf. Das lenkte sie von ihrem eigenen Schicksal ab. Immer wieder stellte sie sich die Gestalt vor. Von der ersten Begegnung bis hin zur letzten.
    Es war ein Bild. Es war gemalt. Es befand sich anI einer Leinwand, wie andere Motive auch. Und doch war es anders, denn es konnte seinen Platz im Rahmen verlassen.
    Es überwand Grenzen. Die Welten und Dimensionen besaßen für das Blutgesicht weder Türen noch Mauern. Demnach war es körperlich nicht existent. Oder nur teilweise, denn auch das konnte es steuern.
    Jane stand in der Finsternis und wartete. Sie wußte nicht, worauf, sie ging nur davon aus, daß etwas passieren würde. Ihr Herz klopfte ungewöhnlich ruhig. Der Schweiß auf ihrer Stirn und in den Achselhöhlen war kalt geworden.
    Da war jemand!
    Auf einmal zuckte ihr der Gedanke durch den Kopf. Sie blieb auf der Stelle, drehte aber den Kopf. Sie wollte etwas sehen. Pech, die Finsternis blieb.
    Dennoch verschwand das Gefühl nicht. Jane spürte, daß etwas in der Nähe lauerte. Auf ihrem Rücken lag eine dicke zweite Flaut. Der Mund zitterte, und sie merkte, wie sich die Gefahr in ihrer Nähe immer mehr verdichtete.
    Die schwarze Luft zog sich zusammen. Es war nicht zu erklären, nur mit den Sinnen zu fühlen. Jane erlebte in diesen Augenblicken ein Gefängnis der besonderen Art. Von unsichtbaren Kräften wurde sie umschlungen. Sie drehten sich um ihren Körper und wirkten dabei wie ein Knebel.
    Jeder ihrer Atemzüge war zu hören. Der Druck um Jane herum verstärkte sich. Panik loderte in ihr hoch. Sie wußte nicht mehr, was sie machen sollte. Hilflos schwamm sie in dieser verdammten Welt, in dem kalten und finsteren Nichts, aus dem plötzlich eine Stimme hervor und an ihre Ohren drang.
    Düster und raunend. Und sie sagte einen Satz, den auch jeder Mensch hätte sagen können.
    »So sieht man sich wieder, Jane…«
    ***
    Schlagartig fiel die Beklemmung von ihr ab. Keine Angst mehr, wenigstens nicht so wie zuvor. Es war die Stimme des Blutgesichts gewesen, die Stimme eines Feindes, und für Jane Collins trotzdem so etwas wie eine Hoffnung, denn nun wußte sie, daß sie nicht mehr allein war. Jemand befand sich in ihrer Nähe, auch wenn sie ihn nicht sah und er sich als ein Teil der Finsternis ausgab.
    Tief durchatmen. Jetzt nicht in Panik verfallen. Jane kannte die Regeln, nach denen hier gespielt wurde, und sie
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