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Blutflucht Evolution

Blutflucht Evolution

Titel: Blutflucht Evolution
Autoren: Loreen Ravenscroft
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er ein besonders guter Zuhörer und wusste fast alles über mich. Doch jetzt war er alt und krank. Die viele Arbeit tat ihr Weiteres. Ich wollte mir nicht ausmalen, was werden sollte, wenn er nicht mehr da war.
    Sam seufzte. »Was würde ich nur ohne dich machen?« Schlurfend verschwand er in seiner Wohnung.
    Eine Etage höher schloss ich kurz darauf mein Büro auf. Jack war im Moment mein einziger Gast, weshalb ich nicht viel zu tun hatte. Mit einem frischen Handtuch und einer Flasche Wasser in Händen marschierte ich zu Zimmer drei.
    In dem kleinen Raum war es dunkel und stickig. Das einzige Fenster fand ich blind und zog das Rollo hoch, um staubige, aber angenehm kühle Morgenluft einzulassen. Die Bettlaken waren zerknittert; ansonsten war nicht zu erkennen, dass hier jemand wohnte. Ich erinnerte mich: Jack hatte keine Tasche bei sich gehabt. Merkwürdig. Wer kam ohne Gepäck in eine neue Stadt? Dieser Mann schien voller Rätsel zu sein.
    Ich legte das saubere Handtuch auf den Nachttisch und stellte die Flasche daneben, denn eine andere Abstellfläche gab es in diesem Zimmer nicht. Als ich die zerwühlte Bettdecke ausschüttelte, flog ein Handtuch auf den Boden. Es war leicht feucht. Während ich es aufhob, stellte ich mir vor, wie Jack nach dem Duschen nackt in seinem Bett eingeschlafen war.
    »Böses Mädchen.« Vor mich hingrinsend, hielt ich kurz die Bettdecke an meine Nase. Jacks männlicher Geruch hing überall in den Laken und drang in meine Lungen wie süßer Honig. So ein Mann wie Jack wäre genau das, was ich jetzt bräuchte, läge da nicht dieser dunkle und geheimnisvolle Schatten über ihm.

    Als ich am Abend in Sams Kneipe kam, herrschte schon reges Treiben. Die Samstagabende waren die anstrengendsten Tage des Monats. Die Leute ließen den letzten Arbeitstag der Woche immer mit viel Alkohol ausklingen. So mixte ich einen Drink nach dem anderen, sprang ständig in den Keller, um Nachschub zu holen, machte Burger und Sandwiches und bediente zwischendurch an den Tischen. Nach zwei Stunden war ich außer Atem und die Kleidung klebte mir am Körper.
    »Einen Blue Moon und ein Sandwich, bitte«, vernahm ich plötzlich Jacks angenehme Stimme durch das Sprachgewirr der Gäste. Überrascht sah ich zu ihm auf.
    Er hatte sich leicht über die Theke gelehnt, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Befreit vom dichten Bartwuchs, offenbarte es sich bestürzend schön. Mein Herz machte einen Sprung, nur um noch schneller zu schlagen, als es das in der Hektik des Abends sowieso schon tat. Ich dachte nur, wie furchtbar ich aussehen musste.
    Jack machte auch keinen fitten Eindruck, schließlich hatte er den ganzen Tag mit Verladen von Fracht verbracht. In meinen Augen sah er jedoch wie immer umwerfend aus.
Verdammt
umwerfend sogar und obwohl er verschwitzt war, roch er unglaublich anziehend.
    Pheromone …
    Seine dunkelbraunen Haare waren genauso durcheinander wie gestern, aber es hatte noch immer den Anschein, als wäre sein attraktives Gesicht in den letzten Wochen um Jahre gealtert. Wie konnte das sein? Was war ihm zugestoßen? Seine Aura strahlte jedoch ein wenig heller als am Tag zuvor. Das war ein gutes Zeichen!
    Ich mixte ihm schnell seinen Drink und machte ihm ein Sandwich. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf, weshalb ich während meiner Arbeit ständig zu ihm sah. Ob er wirklich ein Mutant war, so wie es die Jungs gemeint hatten? Darüber hatte ich noch gar nicht richtig nachgedacht, weil es keine Auswirkungen auf meine Gefühle für ihn hätte. Schließlich gehörte ich selbst zu dieser »Gattung«. Seine unnatürlich schnellen Reflexe sprachen dafür, auch die Tatsache, dass er sich so lautlos und geschmeidig bewegen konnte. Und wenn ich in seine Augen sah, war ich mir diesbezüglich ziemlich sicher: Sie strahlten etwas Wildes und Aufregendes aus. Einen derart durchdringenden Blick hatte ich bei einem normalen Menschen noch nie gesehen.
    Was mir mehr Sorgen bereitete, war das furchtbare Geheimnis, das er zu verbergen schien. Immer, wenn ich besonders nah bei ihm stand, spürte ich die Aura aus Schmerz, Angst und Wut. Diese Gefühle lagen wie ein unsichtbarer Mantel über seinen Schultern. Außerdem wirkte er traurig und müde. Aber unter all dem Schmerz verbarg er auch angenehme Gefühle, die sich verstärkten, wenn er mich ansah. Was mir wieder Hoffnung machte, dass es mit uns vielleicht doch noch klappen könnte.
    Ob er eine Freundin hatte? Bis jetzt war er immer allein in der
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