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Blutfeuer

Titel: Blutfeuer
Autoren: Helmut Vorndran
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der
Dienststelle, Kommissar Cesar Huppendorfer, vor ihm. »Wie sehn denn Sie aus,
Chef?«, bemerkte dieser verwirrt. »Ham Sie, äh, gesoffen, oder wie? Und die
Riemenschneiderin schaut ja genauso verbraucht aus«, lachte er erstaunt.
    Aber Haderlein war nicht nach lächerlichen Belanglosigkeiten
bezüglich seines Erscheinungsbildes zumute. Ihm stand der Sinn eher nach
Tiefschlaf mit süßen Träumereien. Er konnte mit viel Ungemach umgehen, mit
Verbrechern, zickigen Lebensgefährtinnen, nervenden Vorgesetzten oder
schlechtem Wetter, was er aber hasste wie der Teufel das Weihwasser, das war
ein unausgeschlafener Haderlein. Ohne ein Mindestquantum an Nachtruhe war er
kein Mensch mehr, sondern nur noch eine tickende Zeitbombe, ein soziologischer
Taliban.
    »Was gibt’s denn, Huppendorfer?«, fragte er unwirsch. »Ich wollte
gerade ein paar Stunden an der Matratze horchen und bei der Hitze dann
vielleicht nach Zapfendorf ins Schwimmbad. Was meinst du, Riemenschneider, wir
zwei wieder zusammen auf der großen Rutsche?«, fragte er das kleine Schwein
rhetorisch, das ihn ausgesprochen zustimmend anwedelte.
    Huppendorfer gaffte ihn und dann Riemenschneider mit offenem Mund
an. »Die Zapfendorfer lassen echt Schweine ins Schwimmbad? Und auf die große
Rutsche?« Ein überdimensionales Fragezeichen leuchtete in Kommissar
Huppendorfers ungläubigem, verschwitztem Gesicht auf.
    »Das war ein Witz!« Haderlein konnte es nicht glauben. Diese Franken
waren ja so was von leichtgläubig. Aber irgendwie interessierte ihn das im
Moment genauso brennend wie der berühmte umfallende Reissack in China. »Mensch,
Huppendorfer, sagen Sie Ihren Spruch auf, und dann lassen Sie mich bitte
schlafen, ja?« Mit gerädertem, aber hoffnungsvollem Blick wartete Haderlein
ungeduldig auf das Anliegen seines Untergebenen. Dessen Spruch gefiel
ihm allerdings überhaupt nicht, bedeutete er doch das Aus für jegliche
Schlafprojekte in der allernächsten Zeit.
    »Damit wird es nix werden, Chef«, vermeldete Huppendorfer denn auch
prompt. »Auf St. Getreu sind leider ein paar Rentner vom Leben in den Tod
befördert worden. Da hat sich jemand ziemlich große Mühe gegeben. Ich war
selbst auch noch nicht oben, ich soll bloß Sie und den Lagerfeld aus dem Bett
holen. Anweisung von Fidibus.« Damit schloss er seinen Vortrag und schaute
seinen Chef abwartend an.
    »Ja, und wo steckt Lagerfeld?«, wollte Haderlein ungeduldig wissen.
    »Da macht keiner auf«, sagte Huppendorfer und zuckte hilflos mit den
Schultern. »Der hört net. Kolleche Lagerfeld ratzt anscheinend wie ein Doder,
keine Chance. Außerdem is alles abgschlossen bei dem seiner Bude.«
    Das ist also die nächste Generation der Bamberger Polizei, dachte
Kriminalhauptkommissar Haderlein. Der eine ist naiv wie ein Geranientopf, und
der andere drückt sich durch komatösen Tiefschlaf vom Dienst. Wo sollte das
bloß noch alles hinführen? Aber es half ja nichts. Dann mussten eben er als
alter Knochen und Riemenschneider den Fall allein lösen. War ja irgendwie auch
klar gewesen.
    »Hat Fidibus eigentlich inzwischen kurze Hosen erlaubt? Wir kriegen
heute bestimmt wieder vierzig Grad im Schatten«, fragte Haderlein Huppendorfer
hoffnungsfroh, doch der schüttelte nur mit stoischer Miene den Kopf.
    »Sie wissen doch, wie überkorrekt der Fidibus is«, erklärte er.
»›Wie man sich kleidet, so macht man Leute‹ oder so ähnlich hat er erst heute
früh wieder gemeint.«
    Nun musste Haderlein doch lachen, während er notgedrungen eine dünne
braune Stoffhose überstreifte. Was wäre sein Dienststellenleiter Robert
»Fidibus« Suckfüll ohne seine chronische Verstümmelungssucht an der deutschen
Sprache.
    »Na dann«, sagte er zu Riemenschneider, »bist du heute die Einzige,
die unten und oben ohne ermitteln darf.« Zur Abwechslung verstand
Riemenschneider kein Wort und schaute ihren Kommissar nur ratlos an. Die beiden Ermittlerkollegen machten sich mit Huppendorfer auf den Weg ins Klinikum
St. Getreu.
    *
    Es ist zu konstatieren, dass in den letzten Jahrzehnten in
einzelnen Regionen der Welt eine Veränderung des Windklimas hin zu einer
höheren Sturmgefährdung zu beobachten war. Neben der quantitativen Zunahme der
Sturmexponierung in Gebieten, die bereits als gefährdet bekannt sind, liefern
außergewöhnliche meteorologische Ereignisse weitere Indizien für
Änderungsprozesse in der Atmosphäre.
    (Ernst Rauch,
Wetterkatastrophen und Klimawandel, Münchener Rück)
    Das Boot der Familie Chalkidikis
hatte
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