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Blutfehde

Blutfehde

Titel: Blutfehde
Autoren: Linda Fairstein
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als Beweis vom Hörensagen gewertet.
    »Sicher. Natürlich.«
    »Was hat er zu Ihnen gesagt?«
    »Er bat mich, ihn eintreten zu lassen. Das heißt, er flehte mich an, ihn eintreten zu lassen.«
    »Ein Mal?«
    »Drei, vielleicht vier Mal.«
    »Hat er sie gefragt, wie es Amanda, wie es seiner Frau geht?«
    »Nein. Nein, das hat er nicht getan.«
    »Was hat er noch gesagt?«
    »Er wollte nur noch wissen, ob Amanda ihrem Vater erzählt hatte, dass sie nicht mehr zu Hause war.«
    »Was haben Sie geantwortet?«
    »Ich antwortete, dass sie ihm nichts gesagt hatte. Noch nicht.«
    »Und dann?«
    »Er wollte wissen, ob ich mir dessen sicher sei. Ich sollte ihm versprechen, Amanda daran zu hindern, ihrem Vater zu erzählen, dass sie ihn verlassen hatte. Brendan sagte, er würde alles tun, um Amanda zurückzuholen.« Kate Meade sprach leise und hatte Tränen in den Augen.
    Ich gestattete den Geschworenen, sie einige Sekunden lang zu beobachten. Ich war erleichtert, so weit gekommen zu sein, ohne dass Lern mir dazwischengefunkt hatte. Vielleicht war seine Warnung nur ein Bluff, um mich aus dem Konzept zu bringen.
    »Was haben Sie dem Angeklagten geantwortet?«
    Sie richtete ihre Antwort an den Obmann der Jury. »Ich bat ihn zu gehen. Ich sagte ihm, dass ich ihm nichts versprechen könne.«
    »Wann haben Sie das nächste Mal mit dem Angeklagten gesprochen?«
    »Sechs Tage später. Es war, glaube ich, ein Samstag. Amanda hatte am Vorabend lange mit ihm telefoniert. Er überredete sie, nach Hause zu kommen. Er holte sie am Samstagvormittag ab, so gegen zehn Uhr.«
    »Haben Sie sich bei der Gelegenheit mit ihm unterhalten?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe mich nur von Amanda verabschiedet.«
    Ich führte Kate Meade noch durch die nächsten vier Jahre, in denen Amanda mindestens alle sechs Monate plötzlich wieder vor ihrer Tür stand. Die tränenreichen, nächtlichen Fluchten ergaben wenig Sinn, wenn man nicht wusste, was Amanda ihrer Freundin im Laufe der Jahre anvertraut hatte, aber ihr Verhalten machte den Geschworenen klar, dass sie in ihrer Ehe zutiefst unglücklich gewesen sein musste.
    Ich wollte damit schon die Weichen für die Aussage der Sachverständigen stellen, die ich im weiteren Verlauf der Verhandlung in den Zeugenstand rufen würde, um die Dynamik der häuslichen Gewalt von ihr erläutern zu lassen. Die Sachverständige würde eine Frage beantworten, die man in Missbrauchsfällen immer wieder stellte, und zwar die Frage, warum Amanda Quillian ihren Mann nicht einfach verlassen hatte.
    Kate Meade war bereits über neunzig Minuten im Zeugenstand, als ich noch einmal auf das gemeinsame Mittagessen der beiden Frauen am dritten Oktober des vergangenen Jahres zurückkam.
    »Sie sagten uns, dass Sie dieses Foto - Beweisstück Nr. 2 - so gegen zwei Uhr nachmittags aufgenommen haben?«
    »Ja, kurz bevor wir die Rechnung bezahlten.«
    »Könnte man sagen, dass Amanda auf dem Foto lächelt?«
    »Sie war sehr glücklich an diesem Tag.« Kate nickte den Geschworenen zu.
    »Mrs Meade, wissen Sie zufällig, wo Brendan Quillian am dritten Oktober war?«
    »Er war in Boston, Ms Cooper.«
    Dieses Mal unterbrach Lern Howell die Zeugin nicht. Es war ihm nur recht, seinen Mandanten möglichst weit weg vom Tatort zu haben.
    »Wissen Sie, warum Amanda so glücklich war?«
    »Ja. Natürlich. Sie hatte ein paar Entscheidungen getroffen. Sie wollte ihren Mann verlassen. Sie sagte mir -«
    »Einspruch.«
    »Stattgegeben. Sie dürfen uns nicht sagen, was Mrs Quillian gesagt hat.«
    »Entschuldigen Sie, Euer Ehren. Ich habe ihr die Visitenkarte eines Schlüsseldienstes gegeben. Ich hatte den Mann in der Woche zuvor gebraucht, nachdem das Kindermädchen ihre Schlüssel verloren hatte. Ich machte mit ihm aus, Amandas Türschlösser auszuwechseln, bevor Brendan am nächsten Vormittag zurückkommen würde.«
    Kate Meade hatte die Sätze hastig gesprochen und ließ sich dann in den Stuhl sinken, so als wäre sie zufrieden, das Beste für ihre Freundin getan zu haben, ohne von Howell unterbrochen zu werden.
    »Um wie viel Uhr haben Sie sich von Amanda Quillian an der Ecke Madison Avenue und 92. Straße verabschiedet?«
    »Zehn oder fünfzehn Minuten, nachdem ich dieses Foto gemacht habe.« Kate Meade zog ein Taschentuch mit rosa Blumenstickerei aus ihrer Jackentasche und tupfte sich die Augen trocken. Dann knüllte sie das Taschentuch zusammen und zeigte auf das lebensgroße Porträt ihrer Freundin, das sich neben ihr auf der Staffelei
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