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Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1

Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1

Titel: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
Autoren: Tessa Gratton
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spürte ich die Erde. Ich stellte mir vor, wie sie meilenweit weiterging, durch Sand und Grundgestein, durch die tektonischen Platten bis zum Erdkern. Wie weit reichte Josephines Macht? Sie hatte Bäume, Vögel, Tiere. Warum dann nicht gleich die ganze Erde?
    Sie hatte Nick. Und Eric. Sie hatte Reese gehabt, und diesmal durfte ich mir nicht alles so rasend schnell entgleiten lassen wie in jener Nacht, in der er gestorben war.
    Ich kniff die Augen fest zusammen. Irgendwie musste ich mich befreien, Josephines Körper finden und sie bannen, bevor sie noch jemandem wehtun konnte. Die Schere!
    Ich holte sie aus der Kängurutasche und setzte mich hin. Die meisten Krähen waren davongeflogen, aber ein paar Vögel hüpften noch herum. Sie schauten mir zu und schlugen mit den Flügeln. Ich musste mich beeilen, denn Josephine würde davon erfahren. Alle anderen besessenen Waldbewohner hatten sich versteckt. Sie warteten auf etwas. Erics Körper schwankte im Wind. Obwohl mir übel war, legte ich die Schere an eine Wurzel und schnitt drauflos. Die Klinge glitt gut hindurch, aber trotzdem dauerte es eine Ewigkeit, bis ich alle durchgeschnitten hatte. Da waren schon mehrere Opossums aus dem Unterholz gekrochen.
    Als ich die letzte Wurzel durchschnitt, hörte ich eine Krähe krächzen. Irgendwo grunzte etwas. Es hörte sich an wie ein Schwein. Gab es in Nicks Wald Wildschweine? Ich schaute mich nicht um. Im Gegenteil: Ich schnitt mir in meine bereits verletzte Hand und wischte das Blut über beide Hände. Dann packte ich die Wurzeln und befahl ihnen: »Loslassen! Sofort! Lasst mich frei!«
    Ich stellte mir vor, wie die Ranken und Wurzeln sich in den Boden zurückschlängelten. Ich hatte genug Fantasie – ständig
stellte ich mir alles Mögliche vor und deshalb war ich so eine gute Schauspielerin. Ich konnte mich für ein paar Stunden in eine andere Wirklichkeit hineinversetzen und für jemand anderen ausgeben. Ich würde auch das hier schaffen.
    Dann schloss ich die Augen und stellte mir vor, frei zu sein. »Loslassen. Loslassen. Loslassen.« Mir fiel wieder ein, dass Nick sich besser konzentrieren konnte, wenn er reimte, und ich strengte mich noch mehr an. »Wurzeln, es ist vorbei, lasst mich frei. Erde, es ist vorbei, lass mich frei. Blut, es ist vorbei, lass mich frei.« In meiner Vorstellung setzte ich das Bild zusammen, wie die Wurzeln knackend in sich zerfielen.
    Die Wurzeln zerstoben zu Asche.
    Ich schnappte nach Luft, rappelte mich auf und wandte mich dem Wald zu. Die Opossums schnatterten auf mich ein. Über mir flatterten Schatten. Krähen. Sie kreisten wie Geier. Josephine war überall.
    Es sah wirklich so aus, als müsste ich den ganzen Wald bannen.
    Eine Maske. Dafür brauchte ich eine Maske. Allerdings würde ich diesmal nicht mit einer Maske auskommen, die ich mir ausgedacht hatte. Ich brauchte eine echte.
    Ich streckte meine blutende Hand aus, wischte mit den Fingern der anderen Hand durch das Blut und legte sie an meine Wange. Als die Kraft aus mir herausbrach, brannte meine Haut. Ich malte mich an, Streifen zierten meine Stirn, meinen Nasenrücken, mein Kinn.
    Rot, dunkel und gefährlich.
    Es war die echteste Maske, die ich jemals angelegt hatte. Meine Macht, mein Selbst. Ich.
    So bin ich.
    Nicholas
    Ich stand in dem Grab, umringt von Wänden aus nasser Erde. Unter meinen Füßen lag der Sarg. Das helle Holz war mit Matsch beschmiert. Doch als ich mich hinkniete, sah ich nur, wie hell der Sarg war. Er glänzte wie der Mond, wie Marmor.
    Es quietschte leise, als ich die Verriegelung löste und die obere Hälfte aufklappte. Da lag er. Sein Gesicht war grau und schlaff, die Augenlider waren nur halb geschlossen. Unter seinen Wangenknochen schimmerten grüne Schatten und die Haare fielen stumpf auf das Kissen aus Satin. Mein Herz raste und das Blut dröhnte wie ein Tornado in meinen Ohren. Ich spürte, wie die Übelkeit in mir aufstieg, aber ich konnte nicht zurückweichen oder aus dem Grab klettern und weglaufen. Nicht mal meine Augen konnte ich schließen.
    Ich hob die Hand, aber anstatt sie über mein Gesicht und meine Nase zu legen, biss ich mir härter in den Finger, als ich in einen Apfel beißen würde. Der Schmerz schärfte meine Wahrnehmung und einen kurzen Augenblick lang war ich frei. Ich stolperte und landete hart auf dem Sarg.
    Doch dann war es mit der Freiheit schon wieder vorbei und ich kroch vorwärts, fasste in den Sarg und malte Reese mit dem blutenden Finger eine Rune auf die Stirn.
    Ein dicker
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