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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller
Autoren: Andreas Winkelmann
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es mittlerweile auf dem Flur geworden war, würde sie jedes noch so leise Geräusch hören.
    Doch es blieb still.
    Und was auch blieb, war der fast schon schmerzhafte Eindruck, angestarrt zu werden.
    Schon tastete Sarahs Hand wieder nach dem Klingelknopf, der an einem Kabel von der Decke über ihrem Bett baumelte. Sie ergriff ihn, befühlte ihn, drückte aber nicht drauf. Ihn da oben zu wissen beruhigte sie ein wenig. Sie konnte aber nicht schon wieder nach Frau Lange klingeln, das wäre peinlich. Wahrscheinlich ahnte ihre Lieblingsschwester ohnehin, dass ihr Kopfweh nicht so schlimm war, wie Sarah behauptet hatte.
    Also schloss sie die Augen, faltete die Hände unter der Decke und versuchte es zum zweiten Mal an diesem Abend
mit dem Gebet. Die Worte beherrschte sie auswendig, doch auch wenn sie es diesmal zu Ende brachte, war es stumpf dahergesagt, ohne den notwendigen Glauben. Statt sich darauf zu konzentrieren, durchforstete sie die Dunkelheit des Zimmers erneut nach Geräuschen.
    Darüber schlief sie irgendwann ein.
    Und erwachte ruckartig, als sie tatsächlich etwas hörte. Die Tür! Sie war ganz sacht ins Schloss gedrückt worden. Sie war nicht mehr allein! Jemand befand sich mit ihr im Zimmer!
    Sarah streckte die Hand nach dem Klingelknopf aus. Jetzt war es ihr egal, ob sie Frau Lange störte oder nicht, denn da war jemand, schlich auf ihr Bett zu, setzte sich behutsam auf die Matratze. Sie spürte ganz deutlich, wie die Matratze am Fußende tief einsank unter dem Gewicht dieses Jemand. Das war ganz gewiss keine Einbildung. Auch nicht die leisen Atemgeräusche ganz dicht vor ihrem Gesicht!
    Die Klingel! Wo war die Klingel?
    Verzweifelt tastete Sarah in der Dunkelheit.
    Sie konnte sie nicht finden!

5
    Zu den Klängen von Bonnie Tylers »Holding out for a hero« betrat Max hinter Kolle die Arena. Augenblicklich brandete eine Welle aus Geschrei und Gestampfe auf. Unglaublich schnell schwoll sie an, schwappte an den Rängen der Halle empor, überschlug sich, wurde ohrenbetäubend, beinahe schmerzhaft.
    Max war erstaunt. Zwar ging es hier um die europäische
Krone im Schwergewicht, aber mit diesem Erdbeben hatte er trotzdem nicht gerechnet. Beinahe schien es so, als wollten die Zuschauer ihn mit der Kraft des Schalls zurück in die Katakomben zwingen.
    Rasch näherten sie sich dem Ring. Das Licht wurde intensiver, die Hitze der Scheinwerfer ebenfalls. Als der breite Gang sich teilte, wandten sie sich nach links und stiegen die hölzernen Stufen zu seiner Ecke empor. Kolle hielt ihm die Ringseile auseinander, er stieg hindurch, tänzelte ein wenig, streckte die Arme empor und präsentierte sich. Und obwohl es kaum möglich war, schien das Gebrüll noch infernalischer zu werden.
    Kolle legte ihm eine Hand auf die Schulter und zog ihn in seine Ecke zurück.
    »Kannst du es hören? Sie ahnen schon, was heute passieren wird, und sind verrückt vor Hilflosigkeit.«
    Max nickte und ließ die Arme pendeln. Bizeps und Trizeps fühlten sich locker an, überhaupt schien heute nicht ein einziger Muskel an seinem Körper verspannt zu sein. Beste Voraussetzungen also, wäre da nicht … Aber nein, er musste Sina für die nächsten zwanzig Minuten einfach aus seinem Kopf verbannen. Er würde das schon schaffen!
    Der Ringsprecher begann mit seiner Ansage. Max kannte den Mann mit dem langen schwarzen Haar und den dunklen Augen von früheren Kämpfen.
    »Und in der linken Ecke … Einhundertzwei Kilo … Eins zweiundachtzig groß … Sechsundzwanzig Kämpfe … Keine Niederlage … Zweiundzwanzig gewonnen durch K. O. …«
    An dieser Stelle war es wie immer, wenn er außerhalb Deutschlands boxte: Die Menge, wenn sie nicht ohnehin schon stand, erhob sich, warf mit Popcorn und Pappbechern
und begann in der jeweiligen Landessprache »Schiebung, Schiebung« zu skandieren.
    »… Der amtierende Europameister im Schwergewicht … Der Titelverteidiger … Der ungeschlagene Meister … Max Uuuuuuuuungemaaaaaaaaaach.«
    Er ging zur Ringmitte, tat dabei so, als würde er sich langweilen, war aber hellwach und angespannt. Während er die Arme abermals noch oben reckte und sich im Kreis drehte, wurden die Pfiffe und Buhrufe schon leiser. So waren sie, die italienischen Fans: heißblütig, aber schnell verkocht. Tausende Augenpaare starrten ihn an. Männer, Frauen, auch ein paar Kinder. Max sah sie alle und doch keinen, eine wogende Masse ohne Gesichter und Namen.
    Aber da vorn, in der ersten Reihe, verdammt, war das nicht …?
    Nein! Nein, er
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