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Blinde Weide, Schlafende Frau

Titel: Blinde Weide, Schlafende Frau
Autoren: Haruki Murakami
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etwas. Ich werde ganz artig sein und niemandem mehr Ungelegenheiten bereiten«, sagte der Affe.

    Mizuki schenkte dem Affen zum Abschied Yuko Matsunakas Namensschild.
    »Sie sollten es haben, nicht ich«, sagte sie. »Sie haben Yuko sehr gemocht, nicht wahr?«
    »Ja, sehr.«
    »Halten Sie ihren Namen in Ehren. Und stehlen Sie nie mehr die Namen von Menschen.«
    »Ich werde ihn immer in Ehren halten und nie mehr einen Namen stehlen«, versprach der Affe mit ernster Miene.
    »Aber warum hat Yuko ausgerechnet mir ihr Namensschild anvertraut?«
    »Das weiß ich auch nicht«, sagte der Affe. »Wenigstens sind wir uns dadurch begegnet und konnten miteinander reden. Eine Laune des Schicksals vielleicht.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Mizuki.
    »Was ich gesagt habe, muss Ihnen sehr wehgetan haben.«
    »Ja«, sagte Mizuki. »Sehr.«
    »Es tut mir ja so leid. Ich wollte es wirklich nicht sagen.«
    »Das macht nichts. Im Grunde wusste ich es ja schon die ganze Zeit. Irgendwann musste ich der Wahrheit ja mal ins Auge sehen.«
    »Das zu hören erleichtert mich sehr«, sagte der Affe.
    »Leben Sie wohl«, sagte Mizuki zu ihm. »Wahrscheinlich werden wir uns nicht wiedersehen.«
    »Machen Sie’s gut«, sagte der Affe. »Sie haben das Leben eines armen Geschöpfs wie mir gerettet, dafür danke ich Ihnen.«
    »Und lass dich ja nie wieder in Shinagawa blicken«, sagte Sakurada und schlug drohend mit dem Stock auf seine Handfläche. »Dieses Mal lasse ich dich laufen, weil der Chef es so will, aber wenn ich dich noch einmal erwische, hat dein letztes Stündlein geschlagen.«
    Der Affe wusste, dass dies keine leere Drohung war.

    »Also, wie sieht es mit nächster Woche aus«, fragte Tetsuko Sasaki, als sie und Mizuki wieder im Beratungszimmer waren. »Möchten Sie weiter von mir beraten werden?«
    Mizuki schüttelte den Kopf. »Sie haben mein Problem gelöst. Ich bin Ihnen sehr dankbar für alles.«
    »Wollen Sie nicht vielleicht über die Dinge sprechen, die der Affe gesagt hat?«
    »Nein, ich glaube, damit muss ich selbst fertig werden. Ich muss eine Weile allein darüber nachdenken.«
    Tetsuko Sakaki nickte. »Ich glaube, Sie schaffen das. Wenn Sie wirklich wollen, werden Sie daran wachsen.«
    »Aber wenn ich nicht mehr weiter weiß, kann ich doch wieder zu Ihnen kommen, nicht wahr?«, fragte Mizuki.
    »Natürlich«, sagte Tetsuko Sasaki. Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihrem gütigen Gesicht aus. »Dann können wir beide uns noch etwas schnappen«, sagte sie.
    Sie gaben sich zum Abschied die Hand.
    Zu Hause steckte Mizuki ihr altes Namensschild mit der Aufschrift Mizuki Ozawa und ihr Armband mit der Gravur Mizuki (Ozawa) Ando in einen einfachen braunen Briefumschlag, legte ihn in den Karton und stellte diesen in den Wandschrank. Endlich hatte sie ihren Namen wieder und konnte ihr normales Leben wieder aufnehmen. Vielleicht würde doch noch alles gut werden, vielleicht auch nicht. Jedenfalls hatte sie jetzt ihren Namen, einen, der nur ihr gehörte und keinem sonst.

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