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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts
Autoren: Ian Banks
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Ischloear und die Drohne E. H. Tersono, die durch einen Zugang eintraten, während die Lichter dunkler wurden. Kabo winkte. Quilan winkte zurück.
    Tersono! Wir werden die Nabe in die Luft jagen!
    Diese Worte bildeten sich in seinem Kopf. Er wollte aufstehen und sie laut hinausschreien.
    Er tat es jedoch nicht.
    ~Ich habe nicht eingegriffen. Du hattest niemals die Absicht, es wirklich zu tun.~
    ~Tatsächlich?~
    ~Tatsächlich.~
    ~Faszinierend. Jeder Philosoph sollte das erleben, meinst du nicht, Huyler?~
    ~Immer mit der Ruhe, Junge, immer mit der Ruhe!~
    Kabo und Tersono gesellten sich zu dem Chelgrianer. Beide bemerkten, dass er leise weinte, schwiegen jedoch höflichkeitshalber.
     
    Die Musik schallte durch das Auditorium wie ein riesiger unsichtbarer Klöppel in der umgedrehten Glocke, die das Stadion war. Die Beleuchtung war inzwischen bis zur Dunkelheit gedrosselt worden; die Lichtschau am Himmel flackerte, strömte und blitzte.
    Quilan hatte die Perlmuttwolken verpasst. Er sah die Auroren, die Laser, die induzierten Wolkenschichten und -flächen, das Aufblitzen der ersten paar Meteoriten, die Röhrenblitze, die in immer schnellerer Folge den Himmel streiften. Am Firmament rings um das Stadion bis weit draußen über den Uferflächen des Sees zuckten lautlose horizontale Blitze, die in Streifen und Balken und Flächen von blau-weißem Licht von einer Wolke zur anderen schossen.
    Die Musik schwoll an. Jedes Stück, so fiel ihm auf, war Teil eines Ganzen, das sehr allmählich entstand. Ob es Nabes oder Zillers Idee gewesen war, wusste er nicht, doch der ganze Abend, das gesamte Konzertprogramm war so gestaltet, dass alles in der Schlusssymphonie gipfelte. Die anfänglichen, kürzeren Stücke stammten zur Hälfte von Ziller, zur Hälfte von anderen Komponisten; sie wurden im Wechsel gespielt, und die unterschiedlichen Traditionen waren deutlich erkennbar; bezüglich des musikalischen Stils, der sie prägte, wichen die beiden miteinander wetteifernden Stränge jedoch so sehr voneinander ab, dass es an Feindseligkeit grenzte.
    Die kurzen Pausen zwischen zwei Stücken, während derer sich das Orchester vergrößerte oder verkleinerte, je nach den Erfordernissen des einzelnen Werks, ließ gerade genügend Zeit, dass sich der strategische Überbau des Abends den Anwesenden gedanklich eröffnete. Während die Leute sich derartigen Betrachtungen hingaben, konnte man die sprichwörtliche Münze fallen hören.
    Der Abend war der Krieg.
    Die beiden Musikrichtungen repräsentierten die Protagonisten, nämlich die Kultur und die Idiraner. Jedes Paar antagonistischer Musikwerke stand für eines der vielen kleinen, aber immer erbitterter geführten und breit angelegten Scharmützel, die meistens zwischen stellvertretenden Streitkräften für beide Seiten während der Jahrzehnte, bevor der eigentlich Krieg schließlich ausgebrochen war, stattgefunden hatten. Die Stücke wurden immer länger und steigerten sich in ihrem Gefühl gegenseitiger Feindseligkeit.
    Quilan ertappte sich dabei, wie er die Geschichte des Idiranischen Kriegs im Kopf repetierte. Er fand sich darin insofern bestätigt, als das Musikpaar, das seiner Meinung die letzten beiden widerstreitenden Stücke sein mussten, tatsächlich das Ende der Hinleitung zum Höhepunkt darstellte.
    Die Musik erstarb. Der Applaus war kaum hörbar, als ob alle einfach nur warteten. Das vollständige Orchester füllte die Mittelbühne aus. Tänzer, vorwiegend in Schwebegeschirr, verteilten sich im Halbkreis um die Bühne herum. Ziller nahm seinen Platz im Brennpunkt der runden Bühne ein, umgeben von einem schimmernden Projektionsfeld. Der Applaus brandete plötzlich auf und verebbte dann genauso schnell wieder. Das Orchester und Ziller begingen einen Augenblick des gemeinsamen Schweigens und der Stille.
    Ein verblassendes Feld irgendwo am Firmament erlosch ganz, und es war, als ob oben, an der Kante eines der Stadionränder, die erste Nova, Portisia, soeben hinter einer Wolke erschienen wäre.
    Die Symphonie Erlöschendes Licht setzte mit einem sanften Säuseln ein, das sich aufbaute und anschwoll, bis es in einem einzigen Ausbruch schriller Dissonanz explodierte; eine Mischung aus Akkorden und purem Krach, dem vom Himmel ein Echo in Form einer erschreckend grellen Luftturbulenz antwortete, als ein riesiger Meteorit direkt über dem Stadion in die Atmosphäre plumpste und explodierte. Der durch Mark und Bein dringende Krach durchbrach die hypnotischen Klänge der Musik, und jeder –
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