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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 01: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
Autoren: Unknown
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Sonnabendnachmittag in den Kasten gesteckt am Bayerischen Platz. Sie hatte doch für mich in Vertretung geschrieben. Es tut mir sehr leid, daß Du trotzdem auf ein paar Zeilen von mir gewartet hast. Aber ich hole nach und der Brief soll nicht zu klein ausfallen. Heute früh kam nun Dein lieber Brief und vielen Dank. Es ist komisch, man wartet direkt darauf, ich wenigstens, und doch sage ich immer zu Dir, schreib nicht so viel und genieße Deine Freizeit. Also im September gehe ich ins Stift, und zwar werde ich am 13ten gehen, .... Am Sonntag früh fahre ich nach Oschatz, Onkel und Tante wollen noch mal nach Bayern und wenn ich nicht komme, können sie nicht fahren. Aber Du brauchst keine Angst zu haben, daß ich mich kaputt mache, das kommt gar nicht in Frage. Ich habe es ihnen auch geschrieben. Auswaschen und Körbe heben kommt nicht in Frage. Das lasse ich Frau Luzik machen. Und Eier will ich immerzu essen. Eier kosten hier bereits 14 Pfennige und sind nicht frisch, und Birnen, hoffentlich sind sie reif. Dein Sonntagsbrief wird mich dann leider nicht antreffen, aber Du schreibst mir einmal nach Oschatz, gelt, da bekommen die Leipziger eben nichts, da habe ich den Brief einmal für mich. Das ist auch schön, nicht wahr. Bin ich da nicht ein Egoist? Papas Magen geht leidlich. Er arbeitet ja. Freilich so wie früher fleckt die Arbeit nicht mehr. Aber es wird schon wieder werden. Er darf nicht mehr so fettig essen und Du weißt doch, Papa ißt gerne Schweinsknochen, das muß eben bleiben, und es geht auch. Er ißt jetzt sogar Milchreis und er schmeckt ihm gut. Es ist eben immer bloß Einbildung gewesen. Man kann eben alles essen. Erikas Knie bessert sich auch. Sie geht zu Dr. Michaelis. Lisa hat jetzt drei Tage im Bett gelegen, sie war stark erkältet, aber es ist nun auch wieder gut. Also Du brauchst Dich um niemanden sorgen, so schlimm ist alles nicht.
    Laß nur Fräulein Töpel gehen. Mach es, wie sie will, zuletzt muß sie doch selber das Lächerliche einsehen. Es ist überall etwas. Das ist im Leben nun einmal so. Am besten ist es dann immer, wenn man dann einmal heiraten kann. Hat man einmal keine Lust oder es ist einem nicht wohl, legt man sich hin. Freilich, auch eine Ehe hat Freuden und Leiden. Heute traf ich übrigens Hanischs Mariechen. Sie freut sich immer, wenn sie mich sieht. Sie konnte es gar nicht fassen, daß Else verheiratet ist und so gar nichts hat von sich hören lassen und daß sie Dir vor allen Dingen nichts erzählt hat. Sie meinte, Else wäre früher immer eifersüchtig auf sie gewesen, wenn sie mit Dir gegangen wäre. Sie will sie auch nicht besuchen. Mariechen ist überdies ein ganz vernünftiges Menschenkind. Ihr Verlobter ist auch arm und seine Eltern auch, aber er ist ein anständiger Kerl und das schätzt sie auch. Ich habe ihr gesagt, sie solle mich einmal besuchen, ich würde mich da freuen, denn Mariechen ist ein ganz anderes Menschenkind als Else, doch um wieder auf Fräulein Töpel zu kommen. Ich denke, sie wird wohl auch reif für die Ferien sein, das ist alles. Richte ihr nur einmal einen schönen Gruß von mir aus. Das stimmt auch manchmal um. Was nun Eure Anni anbetrifft, so habe ich mir auch schon überlegt, an was das liegen kann. Jedenfalls ist sie mit sich selbst nicht einig, daher unzufrieden und mürrisch. Vielleicht hat sie eine erste Liebe, und kann zu wenig fort. So etwas muß es sein. Entweder sie bekommt den Kopf richtig gewaschen oder schenk ihr einmal eine Tafel Chocolade. Ich glaube, sie guckt Dich direkt kariert an. Was ist denn nun mit Frau Klemm geworden? Über solche Kleinigkeiten wie mit der Mehlschwitze darfst Du Dich nicht ärgern, wirklich nicht, das sind bloß Launen. Also ärgere Dich nicht, mein Schwupp, es wird sich einmal machen. Dabei fällt mir ein, könntest Du mir den Film oder die Platte schicken von dem Bilde, wo Du mit Helm drauf bist in Dresden, oder hat es Helm. Paß mal auf! Ich möchte das Bild, evtl. ohne Helm, er müßte wegretuschiert werden, so daß das Bild als Werbebild dienen könnte. Wo Du allein drauf bist, ziehst Du auch immer wieder einen Flunsch, das kann man auch nicht gut verwenden. Was meinst Du dazu. Geht es nicht, so soll Herr Helm ein neues Bild machen und mir mitbringen, aber eines ohne Schippe. Es möchte so freundlich sein wie das wo Ihr zu zweit drauf seid.

    Leni und Hans in Dresden 1935
     
    Ich bin Dir durchaus nicht böse, wenn Du Dir Deine Sorgen von der Seele redest, denn das erleichtert, das ist
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