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Blaue Wunder

Blaue Wunder

Titel: Blaue Wunder
Autoren: Ildikó von Kürthy
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Baldriantropfen in dich reingeschüttet, als ich’s dir erzählt habe. Nimm’s mir nicht übel, aber deine Reaktion hat mich nicht gerade aufgebaut.»
    «Das tut mir Leid, wirklich. Ich steigere mich immer gleich in alles so rein. Ich kann nichts dafür. Deswegen musste ich auch deinem
    Vorgänger kündigen. Ehrlich, ich ziehe nie wieder mit einem Schwulen zusammen. Der hat sich die Schamhaare in der Küche rasiert! Darüber habe ich mich so aufgeregt, dass ich einen Asthmaanfall hatte und den Notarzt rufen musste. Mit dem gehe ich übrigens noch manchmal ins Bett. Aber egal. Elli, bitte, du bist nicht in der Verfassung, schwerwiegende Entscheidungen zu treffen. Erzähl mir bitte erst alle Einzelheiten und ohne ständig     «Ob jemand zu Schaden gekommen ist? Das will ich meinen!»
    Ich versuche, mich zu beruhigen und auf die Ereignisse der letzten beiden Stunden zu konzentrieren.
    Ich saß glücklich auf der Dachterrasse, als ich eine SMS von Martin bekam. Ich glotzte völlig verwirrt auf den Text. Gesendet am 30. April um 22.23 Uhr von AMORE MOBIL: «bringe jmd. mit. ge- schäftl. wichtig, bleib auf terrasse. hole dich, wenn fertig, bitte!»
    Komische Nachricht. Offensichtlich in großer Eile und einem leichten Anflug von Panik geschrieben. Ich hatte schlimmste Befürchtungen. Was waren das für Geschäfte? Warum sollte ich mich auf der Dachterrasse verstecken? War Martin in irgendwelche schmutzigen Machenschaften verwickelt? Wurde er vielleicht erpresst? Schutzgeld? Die Toiletten-Mafia?
    Mir wurde auf einmal richtig kalt, und ich sah mich nach einer Waffe um. Ich fand eine winzige Unkrautharke und stellte mich ganz dicht ans Geländer. Martin würde seinen ungebetenen Besuch bestimmt ins Wohnzimmer führen, und da die Fenster offen standen, konnte ich vielleicht von hier oben die Unterhaltung mitverfolgen, um Martin zu Hilfe zu eilen, sollte das notwendig werden. Gerade versuchte ich mich an den Hodenquetschgriff zu erinnern, den ich vor vielen Jahren mal in einem Selbstverteidigungskurs gelernt hatte, als ich hörte, wie sich die Wohnungstür öffnete.
    Dann eine schrille Stimme. Die Killerin war eine Frau! Na toll, da würde ein Hodenquetschgriff ja nicht viel ausrichten. Auf eine weib- liche Gegnerin hatte man mich in dem Kurs nicht vorbereitet. Ich lehnte mich möglichst weit über das Geländer. Sehen konnte ich niemanden, aber von der Unterhaltung hörte ich jedes Wort:
    «Wo ist sie? Nun sag’s mir schon. Ich sehe doch, dass du Besuch hast!»
    Allmächtiger, die beiden Gläser auf dem Wohnzimmertisch! Ich befand mich in akuter Gefahr!
    «Jetzt führ dich doch nicht so auf. Und sprich vor allem leiser. Mein Vater war eben hier, um mit mir über die neue Kampagne zu sprechen, und ich nehme nicht an, dass er neuerdings auch auf deiner Fahndungsliste steht, oder?»
    Fahndungsliste? Oh, das klang blutig! Aber Martin hatte mich gerettet, mich verleugnet, um mich zu beschützen. Also nahm ich mir vor, wenn wir beide hier heil rauskommen würden, würde ich ihm gleich morgen einen Heiratsantrag machen. Was für ein mutiger Mann!
    «Haha, verarschen kann ich mich allein. Wahrscheinlich steht sie jetzt auf der Dachterrasse und lacht sich kaputt.»
    Hargh! Mir gefror das Blut in den Adern. Mit der Dachterrasse hatte das gefährliche Killerweib da unten natürlich Recht, aber von Kaputtlachen konnte keine Rede sein. Was, wenn sie hochkommt und mich hier findet, frierend und mit nichts als einer Unkrautharke bewaffnet?
    «Auf der Dachterrasse? Astrid, ich bitte dich, du machst dich ja lächerlich. Schau doch einfach selbst nach, wenn du mir nicht traust.»
    «Sehr witzig, du blöder Arsch. Du weißt genau, dass ich Höhenangst habe, oder hast du das schon vergessen? Du scheinst sowieso ziemlich gut zu sein im Vergessen.»
    «Astrid, müssen wir uns das wirklich antun? Du wolltest doch die ganze Sache beenden, und jetzt tauchst du hier auf und tust so, als sei nichts geschehen.»
    So langsam bekam ich meine Zweifel, dass es sich hier tatsächlich um eine geschäftliche Auseinandersetzung handelte. Ich hatte Angst vor dem, was ich da möglicherweise mitbekommen würde. Einen kurzen Moment dachte ich, es wäre vielleicht klüger wegzuhören, weil sich mein Leben sonst in einer mir nicht besonders angenehmen Art verändern
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