Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Black Dagger 19 - Liebesmond

Black Dagger 19 - Liebesmond

Titel: Black Dagger 19 - Liebesmond
Autoren: J.R. Ward
Vom Netzwerk:
seiner Familie, hätte er genauso gut im heiligen Schleier bei ihnen weilen können. Eigentlich wäre das die angenehmere Variante für ihn gewesen – und vielleicht wurde ihm ja heute Nacht das Glück beschert. Vielleicht zog er sich im Eifer des Gefechts eine entsetzliche tödliche Verletzung zu und wurde von seiner Bürde befreit.
    Man konnte es nur hoffen.
    Ein Hupen, gefolgt von quietschenden Reifen, war das erste Zeichen dafür, dass das Unheil seinen Lauf nahm.
    Tohr kam gerade rechtzeitig oben auf der Auffahrt an, um noch zu sehen, wie der Jäger über die Motorhaube eines unscheinbaren Toyotas segelte. Die Wucht des Aufpralls brachte die Limousine zum Stehen – den Fliehenden bremste sie kein bisschen. Wie alle Lesser war der Mistkerl kräftiger und widerstandsfähiger als zu seiner Zeit als Mensch, denn das schwarze, ölige Blut von Omega stattete ihn mit einem größeren Motor, einer härteren Federung und einer besseren Lenkung aus – und mit Rennreifen, in seinem Fall.
    Nur sein GPS konnte man wirklich in die Tonne treten.
    Der Jäger machte eine Rolle über den Asphalt, sprang auf wie ein geübter Stuntman und rannte einfach weiter. Doch er war verletzt, und sein widerlicher Talkum-Gestank intensivierte sich.
    Als Tohr auf Höhe des Fahrzeugs war, öffneten sich die Türen, und die zwei Insassen stolperten heraus und fuchtelten mit den Armen, als ob etwas in Flammen stünde.
    » Polizei!«, schrie Tohr im Vorbeirennen. » Alles unter Kontrolle!«
    Das beruhigte sie etwas und diente als eine erste Schadensbegrenzung. Jetzt konnte man sicher davon ausgehen, dass sie sich das Spektakel ansehen und es filmen würden. Ideal. Auf diese Weise konnte Tohr sie aufspüren, wenn die ganze Sache vorbei war, ihre Erinnerungen löschen und ihnen die Handys abnehmen.
    Der Lesser rannte unterdessen auf den Fußweg zu – was nicht besonders helle war. Tohr an seiner Stelle hätte den Toyota gekapert und versucht, damit zu türmen …
    » Das ist nicht dein Ernst«, presste Tohr hervor.
    Anscheinend wollte der Jäger gar nicht auf den Gehweg, sondern auf den Brückenrand dahinter: Er sprang mit einem Satz über den umzäunten Fußgängerstreifen und landete auf dem schmalen Sims auf der anderen Seite. Dahinter lag nur noch der Hudson.
    Der Lesser sah sich um, und im orangen Schein der Straßenlaternen hatte er das Gesicht eines Sechzehnjährigen, nachdem er im Beisein seiner Freunde ein Sixpack geleert hatte.
    Riesenego. Null Hirn.
    Er würde springen. Der Pisser würde garantiert springen.
    Verdammter Idiot. Obwohl Omegas Cocktail den Jägern übermäßige Kraft verlieh, wurden die Naturgesetze für sie nicht einfach ausgehebelt. Und Newtons lustige kleine Gleichung darüber, dass Kraft der Masse mal Beschleunigung gleichkam, würde auch für ihn gelten. Wenn dieses kleine Stück Dreck also auf der Wasseroberfläche aufschlug, würde es ihn zerreißen und zusammenstauchen. Was ihn zwar nicht umbringen, aber dafür komplett kampfunfähig machen würde.
    Diese Ratten starben nicht, es sei denn, man rammte ihnen einen Dolch ins Herz. Und sie konnten eine Ewigkeit im Fegefeuer der Verwesung vor sich hinvegetieren.
    Was für ein Jammer.
    Vor Wellsies Ermordung hätte es Tohr an diesem Punkt vermutlich gut sein lassen. Auf der Prioritätenliste des Krieges war viel entscheidender, die Menschen in einen Nebel des Vergessens zu hüllen und zu John Matthew und Qhuinn zurückzukehren, die sich immer noch mit der Angelegenheit in dieser Gasse befassten. Doch jetzt gab es für Tohr kein Zurück mehr: Auf irgendeine Weise würden er und dieser Jäger heute noch persönliche Bekanntschaft schließen.
    Tohr hüpfte über die Leitplanke, landete auf dem Fußgängerweg und sprang auf die Absperrung. Dann griff er ins Gitter, schwang die Beine über den oberen Rand und landete mit den Füßen auf der Brüstung.
    Der ausgelassene Übermut des Lessers ließ etwas nach, als er langsam zurückwich.
    » Was? Dachtest du etwa, ich hätte Höhenangst?«, fragte Tohr leise. » Oder dass dich ein Meter fünfzig Maschendraht vor mir schützt?«
    Der Wind heulte ihnen entgegen, klatschte ihnen die Kleidung an den Leib und pfiff in den Stahlträgern. Weit, weit unter ihnen waren die tiefschwarzen Fluten des Flusses nicht mehr als eine vage, dunkle Ahnung. Genauso gut hätte das dort in der Tiefe ein Parkplatz sein können.
    Und es würde sich auch anfühlen wie Asphalt.
    » Ich habe eine Pistole«, schrie der Lesser.
    » Dann hol sie doch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher