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Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)

Titel: Black Box BER: Vom Flughafen Berlin Brandenburg und anderen Großbaustellen. Wie Deutschland seine Zukunft verbaut (German Edition)
Autoren: Meinhard von Gerkan
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Fiktion. Wenn wir nicht in der Lage sind, klar zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu unterscheiden, uns gelegentlich auch zurückzunehmen, dann passieren Dinge wie im Zusammenhang mit dem Hauptstadtflughafen. Politisch gewünscht war eine möglichst preiswerte, um nicht zu sagen billige Baumasse mit hohem denkmalsfähigem Alleinstellungsmerkmal, ein in sich widersprüchliches und nicht zu erfüllendes Begehren. Der Hang zum Optimismus und das Wunschdenken führten zu einer kollektiven Realitätsverweigerung der Auftraggeber. Einsicht in die Unerfüllbarkeit ihrer Wünsche: Fehlanzeige.
    Zwischen erstem Spatenstich und Fertigstellung eines Großbauprojekts liegt immer eine große Zeitspanne, innerhalb derer sich in unserer schnelllebigen Zeit der Geschmack und die technischen Ansprüche an ein Bauwerk verändern, sogar ins Gegenteil der ursprünglichen Planung verkehren. Vielleicht hat schon einmal jemand im Aufsichtsrat von Aerotropolis gehört oder von »The Squaire« in Frankfurt, von einem auf 86 Säulen über einem der europaweit wichtigsten ICE-Bahnhöfe erbauten, an einem zentralen Autobahnknotenpunkt gegenüber dem Frankfurter Flughafen gelegenen, 660 Meter langen multifunktionalen Gebäude? Laut Eigenwerbung entstand hier »New Work City«. Oder ein anderer hat von einem ähnlichen, noch größeren Projekt am Züricher Flughafen mit dem Namen »The Circle« erzählt, und viele haben sich heimlich auch eine so spektakuläre und aufsehenerregende Airport City für den heimatlichen Flughafen gewünscht? Ausschließen kann man das Entstehen solcher Begehrlichkeiten selbstverständlich niemals. Sie sollten aber formuliert werden. Andernfalls kommt es schnell zum Streit mit dem Architekten, der von diesen Wünschen gar nichts weiß. Vor dem Hintergrund einer zunehmend unklaren Wunschkulisse vollzog sich das endlose Drama um den Hauptstadtflughafen.

Privatisierungsverfahren, Planungswettbewerb und Bauausschreibungen
    Aus dem ersten Privatisierungsverfahren war der Baukonzern Hochtief mit einem Entwurf von gmp als Sieger hervorgegangen. Aber die ebenfalls im Wettbewerb stehende Investorenfirma IVG Immobilien AG rügte diese Entscheidung. Das Oberlandesgericht bestätigte die Rüge und empfahl die Fusion der Kontrahenten   –   ein sehr zweifelhaftes Urteil! Denn heraus kam, wen wundert es, ein unannehmbar hohes Angebot. Von dem Moment an wollten die Gesellschafter den Flughafen in eigener Regie planen, bauen und betreiben   –   ohne über das nötige Know-how oder Erfahrungen im Umgang mit Großprojekten zu verfügen. Das Unheil nahm damit seinen Lauf.
    Im Rahmen des darauf folgenden Planungswettbewerbs konnten sich Architekten aus ganz Europa bewerben. Fünf Planer, darunter Architekturbüros wie von Gerkan, Marg und Partner, Murphy/Jahn (Berlin/Chicago) und Rogers Stirk Harbour (London), kamen in die Endauswahl. gmp gewann zum zweiten Mal den architektonischen Entwurf für den neuen Berliner Großflughafen, diesmal in Architektengemeinschaft (Arge) mit JSK. Die Arbeitsgemeinschaft mit JSK war kein freundschaftlicher Zusammenschluss; die Vorstellungen von Architektur gingen zu weit auseinander. Die Entscheidung für eine Arbeitsgemeinschaft mit JSK fiel aufgrund des Hinweises der Flughafengesellschaft, einer Beauftragung von entweder JSK oder gmp könne entgegenstehen, dass wegen der gemeinsamen Vorbefassung Vergaberüge des jeweiligen Unterlegenen zu befürchten sei. Eine gemeinsame Bewerbung von JSK und gmp schließe dieses Risiko aus. Fragen in Bezug auf das eigentliche Projekt, dessen Konzept und Architektur verblieben gegenüber den taktischen Manövern weitgehend und in verantwortungsloser Weise im Hintergrund. Wir, also das Büro JSK und gmp, teilten uns die Leistungen: JSK übernahm die kaufmännische und gmp die technische Federführung, verbunden mit der Verantwortung für die architektonische Qualität des Projekts.
    Die ersten beiden Planungsphasen (Vor- und Entwurfsplanung) im Anschluss an den gewonnenen Planungswettbewerb verliefen noch relativ störungsfrei. Dann entwickelte der Bauherr die unglückliche Vergabestrategie, nur einen einzigen Generalunternehmer für den Bau des Flughafenterminals zu beauftragen. Bei der europaweiten Bauausschreibung überstanden nur zwei (!) Bieter die Präqualifikation.
    Die abermalige Bauausschreibung vernichtete viel Zeit, förderte aber immerhin vier, in den Augen des Bauherrn allerdings viel zu teure, Bieter zutage. Auch dieses Verfahren wurde ergebnislos
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