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Black Beauty

Black Beauty

Titel: Black Beauty
Autoren: Anna Sewell
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den Rang ablaufen. Zum Glück erreichten wir den Bahnhof gerade noch rechtzeitig und unser Fahrgast dankte überschwänglich. Sichtlich erleichtert, dass er den Zug noch erreichen würde, wollte er Jerry zweieinhalb Schilling Trinkgeld geben. Der lehnte dies jedoch ab.
    Dann kam auch schon die nächste Kutsche und Jerry trieb mich an, weiterzufahren. Während der Rückfahrt grübelte er laut darüber nach, was den jungen Mann wohl so zur Eile angetrieben hatte. Als wir wieder an unserem Platz am Droschkenstand hielten, kamen uns die Kollegen bereits mit spöttischen Bemerkungen entgegen. Sie belächelten Jerry, der durch diese Fahrt absolut gegen seine bisherigen Prinzipien verstoßen war. 
    Lachend fragten sie: "Hast du dann wenigstens gut abkassiert?"
    "Natürlich. Wesentlich mehr als üblich", antwortete er verschmitzt.
    "Und sonst hältst du uns solche Reden!", rief einer gespielt empört, "und jetzt übernimmst du selbst eine eilige Fahrt."
    "Jetzt regt euch nicht auf. Der Mann bot mir zwar zweieinhalb Schilling mehr an, aber ich habe es abgelehnt. Sein freudiger Gesichtsausdruck war mir Lohn genug. Außerdem ist das meine Sache, wenn Jack und ich mal Lust auf einen zügigen Trab haben."
    Larry entgegnete: "Na ja, so wirst du auf jeden Fall nie reich."
    "Und bin ich jetzt weniger glücklich? In keinem der Gebote steht, dass man reich sein soll. Und im neuen Testament ist von reichen Leuten die Rede … so wollte ich nun wirklich nicht werden."
    Nun mischte sich Governor Grant ein: "Wenn Jerry mal reich wird, dann verdient er es auch. Aber du Larry, du stirbst einmal als armer Mann. Du erneuerst zu oft die Peitschenschnur."
    "Ich habe halt kein Glück mit meinen Pferden. Sie brauchen die Peitsche", rechtfertigte sich Larry.
    "Du wirst wohl nie Glück haben", entgegnete der Governor. "Das Glück fährt nicht mit jedem. Es hält sich nur an Menschen, die über Herz und Verstand verfügen. So habe ich das bisher immer erlebt." Dann drehte er sich um und die Anderen kümmerten sich wieder um ihre Droschken.

Sonntagsfahrt
    Einmal besuchte uns ein feiner Herr auf dem Hof. Jerry war gerade dabei, mich anzuschirren. Der Herr grüßte freundlich und fragte: "Wäre es möglich, dass Sie sonntagmorgens immer meine Frau zur Kirche fahren? Der Weg zur neuen Kirche ist zu Fuß für meine Gattin zu weit entfernt."
    Jerry erklärte dem Herrn, dass er nicht befugt sei, sonntags zu fahren. Da bot ihm der Mann an, die Lizenz zu ändern. Er fügte noch hinzu: "Meine Frau fährt nun mal am liebsten mit Ihnen."
    "Es wäre mir eine Ehre, Mrs. Briggs fahren zu dürfen. Aber die Erfahrung hat mir gezeigt, dass dieser eine Ruhetag für mich und für die Pferde von äußerster Wichtigkeit ist", erklärte Jerry dem freundlichen Herrn. 
    "Ich kann Sie schon verstehen. Aber es wäre doch nur eine kleine Fahrt am Sonntag. Den Rest des Tages hätten Sie dann wieder frei. Und sie kennen uns doch - wir sind doch ganz angenehme Kunden."
    "Sicher, Sir. Ich danke Ihnen sehr für Ihr großzügiges Angebot. Und ich fahre Sie und Ihre Gattin gerne. Doch die Sonntage kann ich nicht auch noch arbeiten. Gott hat die Welt an sechs Tagen erschaffen und den siebten Tag heilig erklärt. Seit ich diesen Tag als Ruhetag nutze, geht es mir und meiner Familie viel besser."
    Der feine Herr bedauerte diese Entscheidung und meinte: "Nun gut, dann frage ich jemand anders."
    Polly war froh, dass ihr Gatte diesen Auftrag abgelehnt hatte. Sie meinte: "Ich hätte dich - selbst wenn Mrs. Briggs dir einen Orden verliehe - nicht fahren lassen wollen. Auch wenn wir dadurch weniger Geld verdienen. Es reicht für uns aus."
    Seit drei Wochen hatten wir nun von Mrs. Briggs nichts gehört. So hatten wir nur noch die schwere Arbeit am Droschkenstand. Polly versuchte, Jerry aufzumuntern. Aber als unter den Kollegen bekannt wurde, dass Jerry diesen einfachen Auftrag abgelehnt hatte, nur weil es seinen Ruhetag störte, da nannten sie ihn einen ausgewachsenen Dummkopf. 
    Es war schon immer eine Diskussion zwischen den Arbeitern wert, ob man den Sonntag als Ruhetag nun einhalten sollte oder nicht. Die einen, die nicht so religiös waren, hätten so einen lohnenswerten Auftrag natürlich nicht abgelehnt. Sie fanden die Kirchgänger äußerst praktisch, denn die brachten ihnen am Sonntag die Einnahmen durch die Fahrt zur neuen Kirche, die etwas außerhalb lag. 
    Jerry hingegen verteidigte weiterhin seine Entscheidung: "Wenn die Leute wirklich in die Kirche wollen, die Religion so
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