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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen
Autoren: Horst Eckert
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uns in seinem Apartment getroffen. Ich wollte ihm die Verlobung ausreden. Es war schrecklich. So habe ich ihn noch nie erlebt. Ich bin jetzt in einer Telefonzelle. Ich habe es keine fünf Minuten bei dem Irren ausgehalten. Er will noch heute die Verlobung bekannt geben und verlangt, dass ich behaupte, wir wären heute Vormittag zusammen gewesen.«
    Eine Straßenbahn fuhr mit lautem Klingeln vorbei. Ben wartete ab, bis es leiser wurde.
    »Traube braucht ein Alibi. Das ist gut. Damit hast du ihn jetzt auch in der Hand.«
    »Aber ich habe auch keines! Er sagt, er hätte eine blonde Perücke getragen und zwei Leute hätten ihn damit im Hotel gesehen. Er will auch diesen Mord auf mich schieben, wenn ich nicht alles tue, was er verlangt. Es ist ein Albtraum!«
    Ben atmete tief durch. Was Nora sagte, stimmte mit den Angaben des jungen Swoboda überein. »Und wo warst du kurz vor zwölf?«
    »Du fragst schon wieder wie ein Schnüffler.«
    »Nora, du weißt, dass ich dir helfen will. Ich riskiere verdammt noch mal den Job und wahrscheinlich noch mehr!«
    »Ich weiß, verzeih, ich meinte es nicht so. Ich war bei Marco, wie du es vorgeschlagen hast. Doch der will nichts davon wissen. Er sagt, er wird bestreiten, dass ich am Sonntag bei ihm war, und er wird bestreiten, dass ich heute bei ihm war. Er hat mich aus dem Büro geworfen. Ich kann froh sein, dass er mich nicht auch noch aus der Serie geworfen hat. Marco Gladisch ist ein Arsch. Der denkt nur an seine Ehe und an seinen Ruf. Was soll ich machen?«
    »Gib Traube das Alibi, wenn meine Kollegen euch befragen. Pass auf, dass ihr euch nicht widersprecht. Ich glaube nicht, dass man dich vor Freitag vorladen wird.« Ben verwarf den Gedanken, Nora auf die Konfrontation mit Falks Fotoalbum vorzubereiten. So etwas ging nicht schonend, schon gar nicht am Telefon. »Mach Traube klar, dass du ihn genauso in der Hand hast wie er dich, und überrede ihn, diese Scheißverlobung aufzuschieben. Ich weiß, du schaffst das schon.«
    »Ich halte das nicht durch. Es hat alles keinen Sinn mehr.«
    »Gib nicht auf, Nora. Einer der Zeugen hat gesehen, wie Traube die Perücke abnahm. In seinem Wahn ist Traube leichtsinnig geworden.«
    Ben konnte hören, wie Nora wieder Mut fasste. »Sehr gut. Hat er Traube erkannt?«
    »Nein. Aus verschiedenen Gründen taugt die Zeugenaussage nicht viel. Sie wird meine Kollegen nicht beeindrucken, fürchte ich. Aber wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, kann sie dir vielleicht helfen.«
    »Sag mir, dass alles nicht wahr ist. Sag mir, dass das nur ein böser Traum ist! Benedikt, ich brauche dich so. Können wir uns nicht treffen?« Im Hintergrund vernahm Ben ein anschwellendes Stimmengewirr.
    »Nein, jetzt nicht. Ich habe eine wichtige Verabredung. Vielleicht heute Abend. Ich rufe dich an.«
    »Scheiße, da stehen jede Menge Leute vor der Zelle. Die haben mich erkannt. Wie komme ich da raus?« Sie klang wie in Panik.
    »Versuch, ruhig zu bleiben, Nora.«
    »Blöde Fans! Das sind schon mindestens ein Dutzend. Heute Abend sehen wir uns, ja? Du bist der Einzige, dem ich vertrauen kann!«
    »Keine Angst, Nora. Wir kriegen das schon geschaukelt.«
     
     
    69.
     
    Als sie am späten Nachmittag in die Festung zurückgekehrt waren, versammelte Ria Pohl die Kollegen der Kommission Fabian in ihrem engen Büro. In den letzten vier Stunden hatten sie Dutzende von Hotelangestellten und Gästen vernommen. Der Direktor hatte Tagungsräume und Schreibmaschinen zur Verfügung gestellt sowie Schnittchen servieren lassen. Dafür hoffte er, dass sie sein Haus aus den Meldungen raushalten würden.
    Die Stimmung war gereizt.
    Das polnische Zimmermädchen hatte eine Blondine gesehen. Für die Kollegen war damit alles klar. Tom glaubte, dass sie sich irrten, doch er hatte keine einleuchtende Erklärung.
    »Alles deutet auf die Schauspielerin hin«, sagte Ria. »Das schwache Alibi, das klare Motiv in allen drei Fällen und vor allem die Aussage der Zeugin ...«, sie sah auf ein Protokoll, »... Maria Urban. Wäre da nicht die Beobachtung unseres Kollegen Thomas.«
    »Der Augenzeuge mit der Sehschwäche!«, rief Baumann. Die Kollegen lachten. Da war es wieder.
    Für Dutzende von Beamten war er den ganzen Nachmittag über die Zielscheibe ätzenden Spotts gewesen. Keiner der verdammten Truppe nahm ihn ernst. Dass Ria Pohl ihn in Schutz zu nehmen versuchte, half nicht viel. Tom hatte keine Lust mehr, auf seiner Version zu bestehen.
    »Wer hätte außer der Fabian ein Interesse daran,
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