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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein
Autoren: Vincent Kliesch
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führen. Aber warum? Dann ist die Sache mit Moldenhauer passiert. Der Junge hat mir zwar nicht weitergeholfen, sein Arzt dafür aber umso mehr. Der entscheidende Anstoß für die Entschlüsselung aller Hinweise war für mich aber dein Zusammentreffen mit Drexler. Nach unserer Besprechung unter vier Augen war mir klar, dass ich das Rätsel lösen konnte. Also fangen wir bei dem an, was ich zu diesem Zeitpunkt schon wusste.«
    Olivia schenkte sich jetzt selbst Rotwein nach, während sie den Ausführungen ihres Kollegen dabei wie einem Kinofilm folgte.
    » Mir war klar, dass Linda Bartholy mit Jack in einem Boot saß. Warum? Weil du an diesem Abend spontan und auf gut Glück zu Moldenhauer gefahren bist. Du hattest keine Uniform an und auch keine Sirene auf dem Autodach. Selbst wenn Drexler dich vom Balkon aus gesehen hätte– was unwahrscheinlich ist–, wäre er niemals auf die Idee gekommen, dass du eine Polizistin bist, geschweige denn auf dem Weg zu Moldenhauer. Sogar wenn er dich vorher gekannt hätte, hätte er bei den Sichtverhältnissen niemals auf diese Entfernung feststellen können, wer es ist, der da gerade am Haus vorbeiläuft. Warum hat er dir dann aber freiwillig die Tür geöffnet und dir in seinem Versteck mit einer Nachricht aufgelauert? Natürlich: weil er wusste, dass du kommst! Aber woher? Nur Judith und ich wussten davon. Und weil ich es in Lindas Beisein laut am Telefon wiederholt habe, wusste sie es auch. Linda war an diesem Abend für einen privaten Besuch gekleidet, für meinen Geschmack übrigens etwas zu prüde, das aber nur am Rande. Trotzdem wollte sie nach Judiths Anruf ganz plötzlich mit mir ins Musical gehen. Warum? Um mich aus dem Spiel zu nehmen! In der Zeit, die ich benötigt habe, um mich für das Theater herzurichten, hatte sie ausreichend Gelegenheit, Drexler vor deinem Besuch zu warnen. Womit sie aber nicht rechnen konnte, war, dass ihr Handlanger zu diesem Zeitpunkt bereits geplant hatte, mich zum Teil seines Spiels zu machen, um seine schon verloren geglaubte Tanja doch noch zu retten. Vermutlich hat sie ihm selbst erzählt, wer ich bin und wie ich ermittle. Danach hat er sich dann mit mir identifiziert. Es war also Anselms Botschaft, die mir verraten hat, dass Linda ihre Finger im Spiel hatte.«
    Boesherz ging während seiner Ausführungen unablässig in Olivias Zimmer auf und ab. Seine Augen waren dabei meist auf den Boden gerichtet, und sein Zeigefinger wanderte immer wieder zwischen seiner Unterlippe und der Nasenspitze hin und her.
    » An dieser Stelle müssen wir einen Abstecher zum Fall Tanja van Beuten machen.«
    Boesherz wiederholte zunächst, was er Dennis und Linda tags zuvor im Fahrstuhl erklärt hatte. Dann fügte er hinzu: » Das Raffinierte an dieser Täuschung war, dass alles, was ich Linda erzählt habe, absolut korrekt war– bis auf die Schlussfolgerung! Veit Venske hatte nie mit Drexler zusammengearbeitet, die beiden kannten sich gar nicht. Deswegen konnte es auch nie Drexlers Plan gewesen sein, seinen Erziehungsratgeber für kleine Jungs über Venskes Produktionsfirma zu verbreiten. Aber verbreiten wollte er ihn natürlich schon– über Linda Bartholy! Die einflussreiche, auflagenstarke Serienmörderexpertin, die zufällig gerade auf der Suche nach dem Stoff für ihren nächsten Bestseller war. Dass Linda und Drexler miteinander bekannt waren, wusste ich schon lange, bevor sie es mir unter Tränen gestanden hat– was sie tun musste, weil es ja ohnehin herausgekommen wäre. Woher? Bei unserem Gespräch im Konferenzraum hat sie mir ein Exemplar ihres aktuellen Buches geschenkt. Ich habe die Danksagung durchgeblättert, dabei ist mir der Name ihres Redakteurs aufgefallen. Anselm Drexler– sehr ausgefallen. Wie auch immer: Die beiden haben einander während der jahrelangen Zusammenarbeit an mehreren Büchern vermutlich sehr gut kennengelernt und viele intensive Gespräche geführt. Die Psychologin Bartholy hat dabei zweifellos das soziopathische Potenzial in Drexler erkannt. Irgendwann wird er ihr von seinen Kindheitstraumata und seinem Wunsch erzählt haben, die Regeln seines Vaters eindrucksvoll ins kollektive Gedächtnis einer ganzen Gesellschaft einzubrennen. Vielleicht hatte er zu dieser Zeit sogar schon die möglichen Opfer ausspioniert, das wissen wir nicht. Mit Sicherheit hatte er aber seine geliebte Tanja van Beuten bereits ausspioniert und die Ergebnisse dessen auf einer seiner Beobachtungslisten festgehalten. Diese Liste hat Linda in die Finger
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