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Bis dein Zorn sich legt

Bis dein Zorn sich legt

Titel: Bis dein Zorn sich legt
Autoren: Åsa Larsson
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nachdenklicher Geste fasste er sich mit einer Hand in den Nacken.
    »Und dann ist der Wagen im Winter eingeschneit. Er wird jetzt gerade freigelegt. Wir fanden das ja schon komisch, als sie im Herbst verschwunden sind, dass niemand den Wagen irgendwo gesehen hatte. Aber natürlich. Wenn er da eingeschneit im Wald gestanden hat. Dann ist er sicher nicht mal den Schneemobilfahrern auf dem Fluss aufgefallen. Aber der Junge muss ja wohl ein guter Autofahrer gewesen sein, dass er ihn so weit hat fahren können. Zu den Stromschnellen hin ist das Gelände zwar abgeholzt, aber sehr steinig, und es gibt viel Unterholz.«
    Rebecka schien aus ihrer Trance angesichts der Toten zu erwachen.
    »Vielleicht ist sie gefahren«, meinte sie und nickte zur Toten hinüber. »Aller Statistik nach fahren Frauen doch besser als Männer.«
    Sie lächelte Sven-Erik vielsagend zu.
    Unter normalen Umständen hätte Sven-Erik mit einem Schnauben geantwortet, bei dem sich seine ergrauende Wurzelbürste von Schnurrbart gesträubt hätte. Er hätte gesagt, dass es Lügen, verdammte Lügen und Statistik gebe, und dann hätte er gefragt, woher Rebecka ihre Unverschämtheiten nehme. Er hätte herzlich über seine eigenen Aussprüche gelacht, und Rebecka und Anna-Maria hätten die Augen verdreht.
    Jetzt sagte er nur: »Das ist natürlich möglich.«
    Und er fragte Anna-Maria, was sie mit dem Auto machen sollten.
    Oi, dachte Rebecka. Zwischen denen ist ja wirklich die Eiszeit ausgebrochen.
    »Wir haben ja noch keinen Verdacht auf ein Verbrechen«, sagte Anna-Maria. »Wenn wir einen Schlüssel auftreiben können, dann fahr ihn in die Stadt.«
    »Wir können ja einen Versuch machen«, sagte Sven-Erik pessimistisch. »Wenn wir ihn nur auf die Straße schaffen können.«
    »Mehr als einen Versuch verlange ich auch nicht«, sagte Anna-Maria mit einer scharfen Scherbe in der Stimme.
    Sven-Erik machte auf dem Absatz kehrt und ging. Im selben Moment kam Krister Eriksson zurück.
    »Ach«, sagte Anna-Maria enttäuscht. »Man hatte gehofft, sie bellen zu hören.«
    »Nein, sie hat nichts gefunden. Ich drehe jetzt eine Runde mit Roy, aber ich glaube nicht, dass der Junge hier in der Nähe ist.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Anna-Maria.
    Krister Eriksson zuckte mit den Achseln.
    »Ich weiß nicht«, sagte er. »Aber ich drehe eine Runde mit Roy, dann werden wir ja sehen.«
    Er streichelte Tintin und lobte sie. Dann öffnete er die Heckklappe von Rebeckas Wagen und ließ die Hunde den Platz tauschen. Roy konnte sein Glück kaum fassen. Er vollführte den Spürhundeglückstanz, bis er am Ende nicht mehr wusste, wohin mit der ganzen Freude in seinem Hundekörper, sich auf den Hintern setzte und in ein gewaltiges Gähnen ausbrach.
    Tintin gefiel dieser Schichtwechsel überhaupt nicht. Sie bellte verzweifelt im Auto. Sollte der kleine Dreckskerl mit Herrchen losgehen und arbeiten und Spaß haben dürfen, während sie, die Alphahündin, eingesperrt war? Nicht auszuhalten, nicht auszuhalten.
    Ihre scharfes Kläffen durchdrang den Metallpanzer des Autos, und sie trampelte außer sich im Käfig herum.
    »Gar nicht gut«, sagte Krister und musterte sie durch das Rückfenster des Autos. »Sie darf nicht unter Stress geraten. Tut mir leid, Anna-Maria, aber das geht einfach nicht.«
    »Soll ich sie an die Leine nehmen und einen Spaziergang mit ihr machen?«, fragte Anna-Maria. »Vielleicht, wenn sie draußen sein kann …«
    »Dann wird alles nur noch schlimmer.«
    »Ich kann sie mit in die Stadt nehmen«, sagte Rebecka. »Glaubst du nicht, dass sie sich dann beruhigt?«
    Er sah sie an. Jetzt, wo die Sonne wärmer geworden war, hatte sie die Mütze abgenommen. Ihre Haare waren ein wenig zerzaust. Diese sandfarbenen Augen. Der Mund. Er wollte diesen Mund küssen. Sie hatte eine Narbe zwischen Oberlippe und Nase. Die stammte von damals, als Lars-Gunnar Vinsa sie die Kellertreppe hinuntergeworfen hatte. Viele fanden diese Narbe hässlich, bedauerten Rebecka deshalb, meinten, vorher sei sie doch so hübsch gewesen. Aber ihm gefiel diese Narbe. Sie ließ Rebecka verletzlich aussehen.
    Das Verlangen durchströmte ihn wie ein dünner heißer Wasserstrahl. Sie unter ihm, auf allen vieren. Er hat die eine Hand in ihre Haare geschoben. Die andere um ihren Hüftknochen. Oder sie sitzt rittlings auf ihm. Er hat die Hände um ihre Brüste gelegt. Er sagt ihren Namen. Eine Strähne dieser Haare klebt an ihrem schweißnassen Gesicht. Oder sie liegt unter ihm. Die Knie angezogen. Er stößt
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