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Bis dein Zorn sich legt

Bis dein Zorn sich legt

Titel: Bis dein Zorn sich legt
Autoren: Åsa Larsson
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Kopf.
    Das war wirklich etwas, das er in seinem Heimatdorf gelernt hatte. Den Kopf schütteln. Das können sie in Piilijärvi.
    »Nix da«, rief er. »Irgendwer muss doch deine Beine schienen, wenn du sie gebrochen hast.«
    »Feigling«, johlte ich, lief los und glitt weiter.
    Danach legte ich mich eine Weile hin und schaute zum Himmel hoch. Tätschelte das Eis liebevoll.
    Dort unten lag ein Flugzeug. Und niemand wusste davon, außer uns. Das glaubten wir zumindest.
    Ich stand auf und begegnete seinem Blick.
    Du und ich, sagten seine Augen.
    Du und ich, blickte ich zurück.
    Er sammelte ein wenig trockenes Wacholderreisig und Birkenrinde. Sagte, wir könnten doch auch gleich ein Feuer machen und essen, ehe wir tauchten. Um danach durchzuhalten, ohne in schlechte Laune zu geraten.
    Wir grillten Würste an spitzen Stöckchen. Ich hatte nicht genug Geduld, um das richtig zu machen, meine war außen verkohlt und innen roh. Auf den Bäumen in unserer Nähe sammelten sich hungrige Unglückshäher.
    »Früher hat man die gegessen«, sagte ich und nickte zu den Vögeln hinüber. »Das hat Anni erzählt. Sie und ihre Kusinen haben zwischen den Bäumen ein dünnes Seil gespannt und Weißbrotstückchen daraufgezogen. Die Vögel landeten auf dem Seil, um zu fressen, konnten sich aber nicht aufrechthalten, sondern kippten um und blieben mit dem Kopf nach unten hängen. Und dann brauchten sie sie nur noch abzupflücken. Wie Obst. Man sollte das mal probieren, haben wir Bindfaden bei uns?«
    »Du willst nicht lieber ein Stück Wurst?«
    Typischer blöder wunderbarer Simon-Kommentar. Und nicht ein Lächeln, um anzudeuten, dass er Witze machte.
    »Dussel! Ich meine doch nicht, dass ich sie essen will. Ich will nur wissen, ob das klappt.«
    »Nein. Jetzt ist es so weit. Ehe es dunkel wird.«
    Sofort wurde ich wieder ernst.
    Simon sammelte mehr Reisig und Rinde. Er fand auch einen hohlen Birkenstamm. So was brennt gut. Er schob Asche über die Glut. Sagte, mit etwas Glück könnten wir das Feuer nach dem Tauchen einfach wieder anpusten und dass es schön sein würde, das Feuer rasch zum Lodern zu bringen, wenn wir durchgefroren wieder ans Ufer kämen.
    Wir trugen Druckluftflaschen, Atemregler, Tauchermasken, Schnorchel, Flossen und die schwarzen betagten Militärtaucheranzüge aufs Eis hinaus.
    Simon ging mit seinem GPS voraus.
    Im August hatten wir den Kajak getragen, hatten ihn dort, wo es möglich war, durchs Wasser gezogen, über den Vittangiälv zum Tahkojärvi, und von dort waren wir zum Vittangijärvi hochgepaddelt. Wir hatten im See gelotet. Als wir die Stelle gefunden hatten, gab Simon sie unter »Wilma« ins GPS ein.
    Aber im Sommer war der alte Hof auf dem Westufer von Feriengästen bewohnt.
    »Jetzt stehen sie mit ihren Ferngläsern da drin«, hatte ich gesagt und ans andere Ufer hinübergespäht. »Und fragen sich, was wir für komische Käuze sind. Wenn wir jetzt tauchen, wird die ganze Gegend das in null Komma nix erfahren.«
    Als wir fertig waren, waren wir also ans Westufer gepaddelt, hatten den Kajak an Land gezogen und waren zum Hof hochgewandert. Dort hatten wir uns zum Kaffee einladen lassen. Und ich hatte ihnen vorgeflunkert, wir bekämen einen Hungerlohn vom SMHI , um die Wassertiefe im See auszuloten. Das habe irgendetwas mit dem Klimawandel zu tun.
    »Sowie sie für den Winter dichtmachen«, sagte ich zu Simon, als wir uns mit dem Kajak nach Hause kämpften. »Dann können wir auch ihr Boot benutzen.«
    Aber dann kam das Eis, und wir mussten warten, bis es dick genug war, dass es trug. Wir konnten unser Glück kaum fassen, als es nicht schneite, jetzt würde auch die Sicht nicht ganz schlecht sein. Einige Meter wenigstens. Aber wir würden ja sehr viel tiefer tauchen.
    Simon sägte das Eis auf. Er schlug mit der Axt ein Loch hinein, das Eis war dafür noch dünn genug. Dann griff er zum Fuchsschwanz. Eine Motorsäge hätten wir nicht mitschleppen können, außerdem hätte die einen Höllenlärm gemacht, und Aufmerksamkeit erregen war wirklich das Letzte, was wir wollten. Es war wie ein Buchtitel: »Wilma, Simon und das Geheimnis des Flugzeugs«.
    Während Simon das Loch sägte, nagelte ich zwei Latten zu einem Kreuz zusammen, das wir über das Loch legen wollten, um die Sicherungsleine daran zu befestigen.
    Wir zogen alles aus, bis auf unsere Thermounterwäsche aus Wollfrottee, und stiegen in die Taucheranzüge.
    Dann setzten wir uns an den Rand des Eislochs.
    »Geh direkt auf vier Meter Tiefe«, sagte Simon.
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