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Bis aufs Blut - Thriller

Titel: Bis aufs Blut - Thriller
Autoren: PeP eBooks
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sein.
    Ich bin nicht gerade ein begnadeter Schlossknacker, aber um da reinzukommen, hätte jeder Teenager aus einer Hochhaussiedlung nicht mehr als ein paar Sekunden gebraucht. Ich trat mit meinem Koffer in die Eingangshalle und machte die Tür hinter mir zu. Eine Minute lang stand ich nur so da und lauschte in die Stille. Ich roch trocknenden Putz und feuchte Wandfarbe, abgehobeltes Holz und Lack. Das Erdgeschoss sah aus wie eine einzige Baustelle. Überall lagen und standen Planken und Gipskartonplatten, Zementund Mörtelsäcke sowie Rollen von Dämmmaterial. Ein paar Bodendielen hatte man losgestemmt, um an die Kabelkanäle heranzukommen, aber ich sah nirgendwo Rollen von neuem Kabel; das Zeug war wahrscheinlich zu teuer, um es einfach herumliegen zu lassen. Der Elektroinstallateur nahm es wahrscheinlich jeden Abend mit und brachte es am nächsten Tag wieder zurück. Ich kannte ein paar Elektriker, bei so was passen die auf.
    Elektrowerkzeuge waren ebenfalls keine zu sehen, und nur sehr wenige sonstige Werkzeuge. Vermutlich lagen sie irgendwo im Haus unter Verschluss. Auf dem Fußboden stand ein Telefon, eins von diesen alten Slimline-Modellen, bei denen der Hörer auf der Wählscheibe liegt. Es war zerschrammt und voller Farbspritzer, erstaunlicher aber fand ich die Tatsache, dass es angeschlossen war. Ich nahm den Hörer ab und hörte das Freizeichen. War eigentlich logisch: Die Arbeiten würden lange dauern; die Handwerker mussten irgendeine Möglichkeit haben, sich mit ihrer jeweiligen Firma in Verbindung zu setzen. Ich legte den Hörer wieder auf die Gabel und stand auf.
    Da ich das Haus nicht kannte, musste ich mich möglichst schnell mit den Räumlichkeiten vertraut machen. Ich ließ den Metallkoffer in der Eingangshalle stehen und stieg die Treppe hinauf. Ein paar Türen waren schon eingepasst, aber keine davon abgeschlossen, mit Ausnahme von der zu einer Art Abstellkammer. Dort, vermutete ich, wurden Werkzeug und Geräte verwahrt.
    Ich fand den Raum, den ich brauchte, im zweiten Stock.
    Der erste Stock befand sich nicht hoch genug über dem Straßenniveau. Es bestand immer die Gefahr, dass ein Passant zufällig nach oben sah - so selten dies auch tatsächlich geschehen mochte. Vom dritten Stock aus wurde hingegen der Schusswinkel ein bisschen zu schwierig. Unter anderen Umständen hätte ich die Herausforderung vielleicht angenommen, aber ich wusste, dass ich einen sauberen Treffer brauchte. Keine Zeit für Spielchen heute, es musste schnell und unauffällig ablaufen. Na ja, so unauffällig auch wieder nicht. Da war schließlich immer noch meine Visitenkarte.
    Im »Büro« meiner Wahl herrschte genau das gleiche Chaos wie überall sonst im Gebäude. Man war allem Anschein nach gerade dabei, eine Zwischendecke einzuziehen, von der wahrscheinlich für den Anschluss von PCs gedachte Elektrokabel herunterhingen. Die Zwischendecke, ein Gitter von weißen Kunststoffstreifen, würde später die eigentliche, mit kunstvollen Stuckgesimsen und einer noch kunstvolleren zentralen Rosette geschmückte Zimmerdecke verbergen.
    Ich überprüfte meine Fluchtwege: Da war nur die Haustür. Es sah so aus, als würden die Leute an einer Feuertür nach hinten raus arbeiten, aber vorerst hatten sie da ihre Leitern und Gerüste gestapelt und damit den Ausgang verbarrikadiert. Um wieder rauszukommen, würde ich also schon die vordere Tür nehmen müssen. Aber das beunruhigte mich nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass so wie Angriff die beste Verteidigung ist, Dreistigkeit die beste Tarnung sein kann. Verdächtig sieht der aus, der sich wegschleicht, nicht der, der einem entgegenkommt. Außerdem würden die Leute ja auf anderes zu achten haben.
    Das Fenster war gut. Es gab ein völlig unnützes Doppelglasfenster, das sich horizontal aufschieben ließ und hinter dem das ursprüngliche altmodische Aufziehfenster kam. Ich drehte das Fensterschloss auf und versuchte, den unteren Flügel hochzuschieben. Die Flaschenzüge klemmten erst, da die Schnüre mit Farbe überkrustet waren, gaben dann mit einem hörbaren Knirschen nach, so dass sich das Fenster um zwei Fingerbreit hob. Mit mehr Anstrengung bekam ich es noch ein wenig höher, aber ideal war das nicht. Es bedeutete, dass das Fernrohr durch die Fensterscheibe zielen würde, während die Mündung des Gewehrs ins Freie ragte. Aber ich hatte schon mal einen Abschuss unter fast identischen Bedingungen erledigt. Ehrlich gesagt, hätte ich das Fenster wahrscheinlich noch ein Stück
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