Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene
Autoren: Carsten Sebastian Henn
Vom Netzwerk:
hieß doch Paulino Birno.Der Name klang so doof, dass Paul ihn vermutlich sein Lebtag nicht vergessen würde.
    »Heinrich!«, wiederholte Eli.
    Die Szene im Restaurant! Sie kannte tatsächlich Loriots Pappa ante Portas , den Birnbaum’schen Familiensketch, Teil 2 ! Heinrich Lohse fragte den Ober, ob sie Birne Helene hätten, und seine Frau Renate, die das Thema nicht mehr erträgt, herrscht ihn mit seinem Namen an.
    Paul legte sich ein Küchenhandtuch über den Unterarm und machte einen Diener vor der am Küchentresen stehenden Eli. Sie, also Heinrich Lohse, zog die Augenbrauen hoch, um ihrer Darstellung Nachdruck zu verleihen. Ein bisschen sah sie jetzt sogar aus wie der junge Loriot. Wenn der eine wunderschöne, rothaarige Frau gewesen wäre.
    »Das ist unsere Spezialität … Wir servieren ein naturbelassenes Birnenmark mit Vanillesauce …«, gab Paul den Ober.
    »Birne Helene ist eine gekochte Birne mit Vanilleeis und heißer Schokoladensauce!«, dozierte Eli.
    »Unsere Birne Helene ist mit Vanillesauce und wird immer gern genommen …«
    »Ihre Birne ist eben keine Birne Helene!«
    »Dann nehmen Sie ein Stück Apfelkuchen, der ist mit Schokoladensauce …«
    »Nein, nein, vielen Dank …«
    Eli knickte sogar die rechte Hand ab, um ihre Damenhaftigkeit zu verdeutlichen. Denn nun wurde sie wieder zu Renate. Ganz alte Schauspielschule!
    »Wenn ich jetzt noch ein mal ›Birne Helene‹ höre, werfe ich mich hier auf den Boden und beiße in die Auslegware!«
    Es entstand eine Stille, die sich dick wie Nebel über alles im Raum legte. Paul hätte gern laut losgelacht, Eli umarmt, an sich gedrückt, nicht mehr losgelassen, ihren Herzschlag gespürt, sie herumgewirbelt. Doch er traute sich nicht. Alles, was er herausbrachte, war: »Was ist mit Dave?«
    »Er ist ein toller Mann, ein echter Traum.«
    »Das habe ich mir schon gedacht«, antwortete Paul leise.
    Das war es. Er musste gehen. Sie könnten Freunde sein, klar. Doch das würde er nicht aushalten. Paul war so sicher gewesen, dass Eli ihn und nicht Dave lieben würde. Wie hatte er sich nur so täuschen können?
    »Aber er ist nicht mein Traum«, ergänzte Eli. Und plötzlich war der Nebel verschwunden, keine einzige Spur war mehr da.
    »Was?«
    »Schau dich doch um, seit Wochen soll ich hier ein Nest bauen, und keinen einzigen Zweig habe ich besorgt – im übertragenen Sinne natürlich.«
    »Natürlich.« Hörte er gerade richtig?
    »Aber ich habe es nicht begriffen.« Sie schaute ihn an.
    »Bis du mich im Fernsehen gesehen hast?«
    Sie schüttelte den Kopf und zog eine zusammengefaltete Zeitungsseite aus ihrer Hosentasche. »Bis ich deine letzte Anzeige gelesen habe.«
    »Seit wann weißt du denn, dass ich es bin?« Hoffnung durchfuhr Paul wie ein warmer Sonnenstrahl.
    »Seit ich deine Anzeige gelesen habe.« Sie lächelte. Jetzt ging die Sonne auf, ach was, Dutzende Sonnen gingen auf. »Erst heute, ich war eigentlich in Köln, es war purer Zufall. Oder etwas ganz anderes.« Ihre Finger fuhren zärtlich über die Chiffre-Zahlen. Die hatte die Redaktion aus Versehen vertauscht. Jetzt hatte er die 270313 . Das hatte zu einigen Problemen geführt, über die Paul sich immer noch ärgerte. Kein Brief hatte ihn diese Woche erreicht – und jede Schreiberin verdiente doch eine Antwort.
    Elis Wangen wurden rot, und sie strich ihre Haare zurück. »Dann erst habe ich dich in Davids Show gesehen.«
    »Ichwürd dich gerne küssen«, sagte Paul. Was für ein dummer Satz! Man tat es einfach, statt darüber zu reden. Aber das hatte er jetzt von seiner höflichen, bergischen Erziehung.
    »Das klingt nach einer sehr guten Idee«, antwortete Eli. »Aber vorher muss ich noch etwas erledigen.« Sie drückte ihn auf einen Umzugskarton, setzte sich auf Pauls Schoß und blickte ihm tief in die Augen. »Es tut mir leid, ich war so blöd. Warum hab ich nicht mit dir geredet, warum bin ich einfach weggelaufen? Ich wusste doch die ganze Zeit, dass wir zusammengehören. Aber ich war nur sauer. So unglaublich sauer.« Eli blinzelte, eine kleine Träne rollte die Wange hinab. »Bist du dir sicher, dass du eine wie mich überhaupt willst?«
    »Und wenn mich die Jungs aus Oberbech, Leuscherath, Wellerscheid, Oberbohnrath und Niedermiebach dafür verprügeln würden. Mit dir möchte ich immer tanzen wollen!«
    »Was soll das bedeuten?«
    »Die Antwort gibt’s erst … morgen früh.« Paul versank in Elis Augen und wusste auf einmal, dass er sich gerade noch einmal Hals über Kopf in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher