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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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gut zueinander. Sie waren beide rund und gelb.«
    »Ich bin also rund und gelb?«
    »Im übertragenen Sinne! Für den Rest der Geschichte müssten wir in die Küche. Geht das?«
    Eli nickte.
    Paul stellte dort einen Topf mit Wasser auf den Herd, gab etwas Zucker hinein, schälte schnell die Birnen, entkernte und halbierte sie mit wenigen Handgriffen, bevor er sie in dem Zuckerwasser garte. »Die beiden Birnen lernten sich kennen.«
    »Jetzt sind sie nackig, oder? Ich meine, die Schale ist ab. Wir haben uns aber nie ohne Schale kennengelernt, und das sollen wir doch sein?«
    »Aber wir haben unsere Hüllen fallen lassen im übertragenen Sinn . Und plötzlich war alles ganz … süß.« Paul zweifelte mit einem Mal wieder an seiner Idee. Jetzt, wo er sich selber sprechen hörte, klang alles saublöd.
    »Das ist alles ziemlich an den Haaren herbeigezogen«, sagte Eli.
    Oh, Mist, sie sah es also genauso! Aber so schnell würde er nicht klein beigeben. »Willst du mir sagen, dass da nichts zwischen uns war? Und ist? Dass das ganz normale Küsse waren?«
    »Du willst mir mit diesem Puppen-, Pardon, Birnenspiel also sagen, dass unsere Küsse zuckersüß waren.«
    »So in etwa.«
    »Gut. Weiter.«
    Elis Gesicht zeigte immer noch keine Regung.
    »Dochdann passierte ein Unglück.« Paul holte die Schokoladensauce hervor. »Habt ihr irgendwo eine Mikrowelle?«
    »Lehnt David ab.«
    Paul beförderte einen weiteren Topf auf den Herd. »Kein Problem! Also, plötzlich legte sich etwas Dunkles über die beiden süßen, kleinen Birnen.« Er legte sie ganz nah zusammen auf einen Teller und übergoss sie dann mit der heißen Schokoladensauce. »Sie sahen einander nicht mehr.«
    »Du sprichst wie ein Märchenbuch.«
    »Es ist ein Märchen«, er sah sie an, »hoffe ich.«
    Immer noch kein Strahlen in ihren Augen, keine liebevolle Ermunterung. Er würde trotzdem weitermachen. Was blieb ihm sonst? Jetzt musste er stark bleiben. Später, wenn sie ihn abgewiesen hätte, konnte er dann verzweifeln.
    »Die eine Birne hielt das Ganze nicht mehr aus und brachte der anderen Blumen, um alles wiedergutzumachen.« Paul streute die kandierten Veilchen darüber, genau wie es das Originalrezept der französischen Kochlegende Auguste Escoffier aus dem 19 . Jahrhundert vorsah. »Da freute sich die andere Birne sehr. Sie sprachen sich lange aus, und vertrugen sich wieder. Und wenn sie nicht gestorben sind, liegen sie noch heute zusammen auf einem Teller.« Er blickte zögerlich auf. »Und, was hältst du von der Geschichte?«
    »Das Ende fand ich schwach.«
    »Wieso?
    »Ich vermisse die Stelle, an der sich die eine Birne bei der anderen entschuldigt.«
    »Oh, Eli. Ich, es tut mir echt so wahnsinnig …«
    »Dir? Es geht hier doch um zwei Birnen, oder sehe ich das etwa falsch?«
    Paul steckte zwei Gabeln in die Birnenstücke. »Ja, genau, zwei Birnen. Hatte ich ihnen eigentlich schon Namen gegeben? Das eineist Paul … ino Birno, und das andere … Birnen … spatz. Ein Birnenmädchen.«
    »So heißen die also? Gut zu wissen. Und jetzt die Entschuldigung.«
    Fand sie das Ganze lächerlich? Ließ sie ihn das alles nur aus Rache durchziehen, um ihn dann gleich hochkant rauszuwerfen?
    Paul senkte die Stimme, immerhin sprach er jetzt die männliche Birne: »Es tut mir total leid, dass ich nicht zugehört habe, als du erzählt hast, dass du eine … vegetarische Birne bist.«
    Er hob die Stimme, nun war er schließlich Birnenspatz: »Ist schon gut.«
    »So schnell vergibt sie ihm?«, fragte Eli.
    »So sind Birnen. Überhaupt nicht nachtragend. Tolles Obst.« Er holte das Vanilleeis aus der Kühlbox und gab es auf den Teller. Der sah nun … ziemlich matschig aus.
    »Und?«, wollte Eli wissen. »Was hat es jetzt mit dem Eis auf sich?«
    »Ähm …« Mist, so weit hatte er nicht gedacht. »Die beiden machten zusammen einen tollen Skiurlaub in den Alpen.«
    Eli sah ihn schweigend an. Eine lange Zeit. Worauf wartete sie? Hatte er sich gerade nicht entschuldigt? Sollte sie jetzt nicht etwas sagen? Stattdessen führte sie eine Gabel samt Birne zum Mund.
    Doch dann hielt sie inne.
    »Darf ich die überhaupt essen? Ich meine, wo ich sie nun doch mit Namen kenne und sie gerade so eine schöne Zeit im Schnee haben?«
    Paul schob ihr den Teller zu. »Damit kommen sie sicher klar.«
    »Haben Sie Birne Helene?«, fragte Eli dann.
    »Ja, klar. Da steht sie doch. Birne Helene. Wie sie sein sollte.«
    »Heinrich!«, sagte Eli.
    Heinrich? Wer war Heinrich? Die Birne
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