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Birne sucht Helene

Birne sucht Helene

Titel: Birne sucht Helene
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Paul berichtete auch von Tine, und wie er die Beziehung mit ihr beendet hatte. Offiziell, darauf hatte Tine bestanden, war sie diejenige gewesen, die den Schlussstrich gezogen hatte. Sollte sie doch erzählen, was sie wollte. Es scherte Paul weniger als Meister Proper die neuesten Sommerfrisuren.
    »Ich lebe lieber alleine als mit einer Frau, bei der ich mir vorkomme wie Knetgummi. Je nach Belieben hat sie mich mal so und mal so gedreht.«
    »Jaja, Jung, das machen die Frauen. Die wollen die Männer immer ändern. Dabei geht das nicht. Zumindest nicht auf Dauer. Undwer es versucht, der macht sie kaputt. So einfach ist das. Du bist aber noch nicht kaputt, oder?«
    »Ein paar Kratzer am Selbstbewusstsein, ein paar Beulen im Herzen. Und der Motor schnurrt nicht mehr richtig, Oma. Wegen Eli. Ich bin immer noch verliebt in sie wie ein kleiner Junge. Wie ein kleiner, dummer, dummer Junge.«
    Oma Gerti gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Dann schnitt sie schmunzelnd einen Apfel, goss etwas fertige Schokoladensauce darüber und stellte das damit gefüllte Tellerchen vor Paul. »Bitte sehr, Birne Helene.«
    »Nee, nicht heute, Oma.«
    »Na, komm schon, Jung. Mir zuliebe. Birne Helene.«
    Sie wollte den alten Loriot-Sketch spielen, der war ein Klassiker in der Familie Birnbaum. Bei jedem Familienfest wurde er zum Besten gegeben. Länder mochten Nationalhymnen haben, die Birnbaums hatten einen Sippenwitz. Oma Gerti wollte die Renate spielen, die im Film von Evelyn Hamann verkörpert wurde. Paul musste also als Heinrich Lohse ran. Er atmete tief durch und legte los.
    »Das is aber ’n Apfel …!«
    »… mit Schokoladensauce …«, entgegnete Oma Gerti.
    »Dann ist es keine Birne Helene, sondern ein Apfel Helene …«
    »Das gibt’s überhaupt nicht!«
    »Ein Apfel ist ein Apfel, und eine Birne ist eine Birne …«
    »Lass es stehen, wenn’s dir nicht schmeckt …«
    »Es schmeckt mir ja …«
    »Dann iss es doch!«
    »Ich ess es ja … aber nicht unter falschem Namen!«
    Paul musste lachen. Er konnte gar nicht anders. So wie ihm bei Herbert Zimmermanns Kommentar zum Finale der Fußball- WM 1954 immer die Tränen kamen (»Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen – Rahn schießt – Tooooor! Tooooor! Tooooor! Tooooor!«).Oma Gerti lachte mit ihm. Es tat gut, so unglaublich gut. Irgendwann nahm sie seine Hand in ihre und drückte diese ganz fest.
    »Geh zu ihr, Jung. Sonst wirste doch nicht glücklich.«
    »Aber wie? Und wo?«
    Sie stand langsam auf, schlurfte ins Wohnzimmer und kam mit dem Fernsehmagazin zurück, das es immer kostenlos mit der Samstagsausgabe der Tageszeitung gab.
    »Du weißt vielleicht nicht, wo du deine Eli findest, aber der hier …«, sie blätterte kurz und zeigte dann auf ein großes Foto, »der weiß es bestimmt. Musst nur über deinen Schatten springen und ihn fragen.«
    Über den Schatten springen. Genau wie Andy gesagt hatte.
    Paul folgte ihrem Blick. Das Bild gehörte zu einer Live-Kochshow: Der heiße Löffel – Mit David Lindenhof.
    »Die filmen das in Ossendorf, steht dabei. Kämpf um sie, Jung.«
    Paul griff sich seinen Autoschlüssel. Denn was Oma Gerti sagte, war Gesetz.
    Vor allem, wenn es so etwas verdammt Kluges war.
    »Liebelein, jetzt kauf schon irgendwas – sonst schenk ich euch den Samtsessel in Mundform – so wahr ich Alexander Löschmeyer heiße.«
    »Mir gefällt aber nichts so richtig.« Eli wusste nicht mehr, in welchem Kölner Möbelhaus sie gerade vor einer Glasvitrine stand. Irgendwie sahen die alle gleich aus.
    »Das ist jetzt der fünfte Laden!«, beschwerte sich Löschi.
    »Ich weiß.«
    »Und ihr lebt immer noch mit Dutzenden Umzugskartons und deiner klapprigen alten Einrichtung. Okay, eine neue Küche ist schon drin, aber auch nur, weil David die aussuchen durfte.«
    »Es ist schrecklich, oder?«
    »Schrecklich?Für dich? Mir tun meine zarten Füße weh und ich kann keine Sitzgarnituren mehr sehen. Da entwickelt sich gerade eine Polsterallergie bei mir. Krieg ich schon Pusteln?«
    Eli lachte. »Stell dich nicht so an. Nur noch ein Geschäft – und da kauf ich bestimmt was.«
    Sie verließen den Laden und gingen gleich um die Ecke in den nächsten. Eli hielt ihr Wort – sie kaufte einen Salzstreuer. Und schenkte ihn Löschi.
    »Und jetzt gehen wir beide schön was essen, ja? Ich lad dich ein.« Sie hakte sich bei Löschi unter.
    »Das habe ich mir aber auch redlich verdient.«
    Eli wusste, dass Löschi sich kulinarisch etwas anderes vorgestellt hatte,
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