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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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Kapelle Blut getröpfelt, um trinkgeldfördernde Schauermärchen erzählen zu können.
    Einige Gruppen überzeugter Anhänger hatten die Zerschlagung der Organisation jedoch überstanden. Wie alle fanatischen Verfechter einer ihnen heiligen Überzeugung sahen unerschütterliche Mirandisten in den Schlägen, denen nun ihre Sekte ausgesetzt war, nur eine neue Bestätigung für die Richtigkeit ihres Glaubens. Neue Jünger stießen zu ihnen, für welche die Heimlichkeit allein schon eine Verlockung war. Und Kenneth Sabbagh wusste aus sicherer Quelle, dass der erneute Zusammenschluss der aktiven Mitglieder in Frankreich, der Schweiz und in Großbritannien bereits wieder im Gange war.
    Gegen Miguel Ambrosio D'Altamiranda war ein internationaler Haftbefehl erlassen worden, der noch zu keinem Erfolg geführt hatte … das weit verbreitete Gerücht von seinem Tod ließ sich nicht unterdrücken. Luigi Sanguinetti bemerkte dazu, man verfechte diese Meinung bestimmt deswegen so nachdrücklich, um ihn später umso wirkungsvoller wieder auferstehen lassen zu können: »Die 520

    Welt ist doch voller Leute, die ganz gierig sind auf neue Untaten El Guías!«
    James Paddington betrachtete versonnen die Schaukel dort im Garten. Als er sie das letzte Mal gesehen hatte, war das an einem sonnigen Tag gewesen – doch sein Herz war damals in Düsternis gehüllt.
    Heute dagegen löste der Blick dorthin heitere Gelassenheit aus, obwohl der Himmel grau war und auf der Wiese der Schnee schmolz.
    Julien holte zwei Flaschen Bier aus dem Kühlschrank. Er bewegte sich noch immer etwas mühsam. Komplikationen hatten seine Ge-nesung verzögert, was die Ärzte nicht daran hinderte, von ›unerhörtem Glück‹ zu reden: Wenn der Schuss ihn nur einen Zentimeter weiter links getroffen hätte, wäre er am Rückenmark verletzt worden. Vor drei Wochen hatte er seinen Dienst wieder aufgenommen.
    »Wollen Sie einen kleinen Besichtigungsrundgang machen?«
    »Keinerlei Veranlassung dazu«, antwortete Paddington und zog seinen Kugelschreiber hervor, um das vor ihm liegende Attest zu unterschreiben. »Das Umfeld hier kommt mir ›äußerst gesund‹ vor.«
    »In einem Ausmaß, das … na ja. Schauen Sie sich doch mal um: Nirgends auch nur ein Fusselchen Staub! Und ich finde nichts mehr im Haus, weil alles so perfekt aufgeräumt ist. Die wahre Diktatur des ›Jedes Ding an seinem Platz!‹ Als ob man in der Schweiz wäre
    … Manchmal, offen gesagt, übertreibt sie es. Vielleicht könnten Sie mal mit ihr reden. Sie betet Sie an.«
    »Für wen sie wirklich eine Schwäche hat, wissen Sie gut genug …«
    Man hörte Schritte auf der Treppe, und Rose Boniface trat in die Küche. Sie hatte mindestens zwanzig Pfund abgenommen, und ihr kastanienrotes Haar war nach der neuesten Mode geschnitten. Sie begrüßte ein wenig verlegen Dr. Paddington. (Nie hätte sie gewagt, von ihm als Teddybär zu reden, noch nicht einmal in ihrem tiefsten Herzen.) Es war für sie eine wahre Sensation, ihn hier so ganz 521

    familiär in ihrer Küche sitzen zu sehen. Zweimal pro Woche besuchte sie ihn ganz offiziell in seinem Büro – und dabei ging es nicht um Banalitäten! Kurz nach Juliens Verwundung hatte sie diese Therapie aufgenommen. Sowohl für sein eigenes Leben als auch für seine Ehe war dieser Vorfall zu einem Wendepunkt und Neuanfang geworden.
    Das Telefon klingelte, Rose nahm ab und bat nach einem stillen Seufzer den Anrufer um etwas Geduld.
    »Sandrine?«, fragte Julien.
    »Nein, so früh noch nicht! Ein gewisser Matthieu … Er meldete sich sehr höflich …«
    »Oje, das ist schon mal ein schlechtes Zeichen …«, flachste Julien.
    In Begleitung von Balzac kam Maia herein. Sie war um einen Viertel Kopf gewachsen und nun rundum weit besser gepolstert.
    Der Labrador stupste sie mit der Schnauze an: Er wollte hinter den Ohren gekrault werden.
    »Ich habe ihm die Pfoten abgewischt, weil er sonst überall Schnee hinträgt.«
    Sie lächelte strahlend; Julien, Rose und Teddybär schauten sie ge-rührt an. Da sie das Mädchen nicht gekannt hatten in jenem früheren Leben, als es noch Gabriella hieß, konnten sie nicht voll ermessen, dass dieses Lächeln ans Wunderbare grenzte.
    (Der liebe Gott schien ja doch gelegentlich ein Ohr zu haben für die Ansprachen, die Laurence aus weiter Ferne an ihn richtete.)
    »Ein Anruf für dich, ein gewisser Matthieu … sagt dir das etwas?«
    »Ma si, das ist doch der Bruder von Thomas!«
    »Was du nicht sagst! Und Thomas ist der Freund von
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