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Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt

Titel: Billon, Pierre - Die fünfte Offenbarung.odt
Autoren: Die fuenfte Offenbarung
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Vertrauen und unbedingte Hingabe, ganz im Gegenteil. Instinktiv wurde man durch sie weit eher zu Misstrauen gegenüber dem Heiligen und seiner Beschwörung der universellen Brüderlichkeit 509

    veranlasst.
    »Che vuole dire?«, fragte Lydia. »Was heißt ›unmöglich‹?«
    »D'Altamiranda ist felsenfest vom Wahrheitsgehalt seiner Verkün-digungen überzeugt«, antwortete Laurence. »Darin genau liegt seine Kraft! Sie haben ihn doch zu gleicher Zeit erlebt wie ich, Sie müssen doch wissen, was ich meine!«
    Kiersten stieß einen dumpfen Laut aus und holte dann mit verklärtem Gesicht tief Luft, als ob sie zu heftigem Gelächter ansetze.
    Dann jedoch begnügte sie sich mit einem erstickten Glucksen.
    »Das darf doch nicht wahr sein! Nein, das wäre einfach zu schön!
    Aber ja, tatsächlich! Wartet doch mal, ihr werdet gleich…«
    »Sei mal einen Augenblick still!«, bat Lydia, die Hand hebend.
    »Habt ihr das auch gehört?«
    Durch die offene Flügeltür drangen aus dem Park zu ihnen, die jetzt alle verstummt waren, laute Schreie herein.
    Sanguinetti sprang auf und wollte blitzschnell hinauslaufen. Laurence hinderte ihn rasch daran, indem sie ihm in wenigen Sätzen von dem Heilmittel berichtete, das sie den beiden Mädchen empfohlen hatte.
    »Die Sicherheitsbeamten werden rennen wie verrückt«, meinte Enrico Buglione und musste sich ein Grinsen verkneifen.
    »Ein Verrückter war ja schon dabei, das zu tun!«, entgegnete Sanguinetti und presste sich die Hand auf das pochende Herz.
    »Ihr verpasst noch das Beste!«, rief MacMillan und deutete mit dem Mundstück seiner Pfeife auf den Bildschirm. »Den Anfang vom Ende …«
    In Neapel waren die ersten Mirandisten schon aufgestanden, hatten sich aus der Menge gelöst und strebten dem Ausgang zu.
    »Also, wo bleibt denn jetzt deine Erklärung?«, fragte Lydia atemlos.
    Kiersten hielt es nicht mehr an ihrem Platz. Sie drehte den Ton der Fernseher leiser, denn El Guías Fünfte Offenbarung interes-510

    sierte jetzt niemanden mehr.
    »Also, ›er lügt mit jedem Atemzug‹, wie Laurence soeben sagte«, begann sie und schaute dabei die Letztere an. »Bei dieser Bemerkung ist bei mir der Groschen gefallen! Denn Thierry Bugeaud hat genau diesen Ausdruck verwendet, als er mir erstmals seinen Pinocchio bei der Arbeit vorführte. Über dessen Grundfunktionen habe ich euch ja schon kürzlich berichtet, ohne auf Details einzugehen.
    Sagen wir vereinfacht, dass das Programm die Videoaufnahme einer persönlichen Erklärung abtastet – Stimmschwankungen, Redeweise, Gesichtsausdruck usw. Dabei registriert es schon die geringfügigsten Abweichungen und kann so erkennen, ob jemand die Wahrheit sagt oder ob er bewusst lügt…«
    Luigi trug seinen Ehrennamen alter Fuchs nicht umsonst; vor allen anderen hatte er bereits jetzt begriffen, worauf Kiersten hinaus-wollte. Dennoch verhehlte auch er seine Verblüffung nicht.
    »Ein Teufelskerl, Ihr Thierry! Der hat den Ablauf umgekehrt!«
    »Pinocchio arbeitet ja aufgrund digitalisierter Eingaben«, bestätigte sie mit einem Kopfnicken. »Theoretisch kann er die natürlich nach Belieben verändern … Wie ihm das aber praktisch während einer Direktübertragung möglich war, begreife ich, das muss ich zugeben, selbst nicht recht …«
    Richter MacMillan unterbrach seine Tochter und fasste sie an der Hand – eine für ihn überraschende Geste. Suchte er eine Stütze, einen beruhigenden Halt? Er wandte sich wieder dem Bildschirm zu.
    »Lass mich das mal wiederholen, um sicherzugehen«, sagte er mit ernster Stimme. »Was ich hier sehe, ist also nicht Realität, stimmt das? Wir alle hier sind davon überzeugt, dass dieser Mann da uns zu täuschen versucht, aber dieser Eindruck ist das Ergebnis einer technischen Manipulation seiner Stimme und seines Gesichtsausdrucks. Ist das richtig so?«
    Lydia antwortete mit funkelnden Augen an Kierstens Stelle: 511

    »Thierry hat die Fähigkeiten von Pinocchio eingesetzt, um El Guías wahres Gesicht zu zeigen. Per togliere La maschera!« – Um ihm die Maske herunterzureißen!
    »Um ihm eine Maske aufzusetzen, wollen Sie wohl sagen!«, korrigierte MacMillan sie.
    »Dieses Programm wurde hier ganz im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Bestimmung, die Spreu vom Weizen zu trennen, eingesetzt. Wir sehen hier das Ergebnis: Es entdeckt keine Lügen mehr, sondern es erzeugt sie! Und das mit wahrhaft teuflischer Wirksam-keit…«
    Schweigen trat ein, und alle Blicke wandten sich wieder D'Altamiranda auf dem
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