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Bilder bluten nicht

Bilder bluten nicht

Titel: Bilder bluten nicht
Autoren: Léo Malet
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sind. Im Palais Royal, dem ehemaligen Stadtschloß der Herzöge von Orléans, sind heute der Staatsrat und der Verfassungsrat untergebracht, und in einem anderen Flügel residiert das Kulturministerium. In einem weiteren Anbau ist die Comédie Française untergebracht, die es sich zur Tradition gemacht hat, in jeder Spielzeit wenigstens ein Stück von Molière in ihren Spielplan aufzunehmen. Das Theater dagegen, in dem der damals schon todkranke Molière den eingebildeten Kranken mimte - seine letzte Rolle, die er nur um wenige Stunden überlebte, bevor er in seiner nahegelegenen Wohnung in der Rue de Richelieu starb - dieses Theater existiert nicht mehr. Es trug den Namen ,Théâtre du petit Cardinal’, und gemeint war damit in trügerischer Bescheidenheit der große Kardinal, eben Richelieu, dessen Ehrgeiz hingereicht hatte, auch selbst ein heute allerdings vergessenes Drama zu schreiben.
    Noch vor Ausbruch der großen Revolution brannte das Theater ab. Ein paar Jahre nur, bevor sich, just im Park des Palais Royal, der Vorhang zum Theater der Revolution hob.
    Es war im heute auch längst nicht mehr aufzufindenden Café Foy, einem der bevorzugten Treffpunkte des Jakobinerklubs. Dort sprang am 13. Juli 1789 der Advokat und Journalist Camille Desmoulins auf einen der Tische und rief zum Sturm auf die Bastille auf.
    Der Garten des Palais Royal ist allseitig von Arkaden umgeben, in denen sich viele kleine Boutiquen niedergelassen haben. In der Galerie Montpensier auch drei oder vier Läden, in denen Orden und Medaillen und allerlei soldatisches Schmuckwerk zu kaufen sind. Einer der Vorbesitzer war gewiß Octave Miret, dem Burma damals den turbulent verlaufenen Besuch abstattete.

     
    Aber die Besitzer und Mieter von Einliegerwohnungen im Palais Royal hatte, wie die Geschichte zeigt, des öfteren mit dem Schicksal zu hadern. Der heißblütige Demoulins hatte die von ihm propagierte Revolution ja auch nur ein paar Jahre überlebt. Und der vormalige Besitzer des Palais, Louis Philippe, der seinen adligen Mantel schnell noch in den zugigen Wind der Revolution hängte, um als von seinen Standesgenossen verachteter Philippe Égalité doch noch auf der Guillotine zu enden, dieser Louis Philippe hatte ja erst, um von seinen immensen Schulden herunterzukommen, das Erdgeschoß des Palais an fliegende und später seßhafte Händler vermietet.

    Auf der Nordseite des Palais liegt die Galerie de Beaujolais. Auch dort hatten sich früher etliche Cafés eingerichtet. Das Café Lemblin beispielsweise, in dem Stendhal und Brillat-Savarin Stammgäste waren, oder das Café de Chartres, in dem der sonst so welterfahrene Alexander von Humboldt — als habe die französische Küche nichts anderes zu bieten! - stets Nudelsuppe, Hammelfleisch und grüne Bohnen bestellte. Später richtete sich hier das Grand Vefour ein, bis vor wenigen Jahren eines der besten Restaurants in ganz Frankreich und noch heute beliebtes Ziel zahlungskräftiger amerikanischer Touristen.
    Im Obergeschoß der Galerie Beaujolais hatte Ende der 30er Jahre die Schriftstellerin Colette eine Wohnung bezogen, die vierzehnte und schließlich letzte in Paris. Sie blieb dort bis zu ihrem Tod 1954 ein Vierteljahrhundert. Die letzten Jahre ihres Lebens an den Rollstuhl gefesselt.
    Das Palais Royal war stets ein beliebter Treffpunkt. Colette hatte hier Freundschaft mit Jean Cocteau geschlossen, Balzac und Victor Hugo machten der Dichterin Valmore ihre Aufwartung, und Stefan Zweig traf sich hier mit André Gide.
    Nestor Burma hatte anderes im Sinn, als er den Innenhof des Palais Royal aufgesucht hatte. Aber er durchquerte ihn oft, denn er lag ja auf dem Weg zu seinem Büro in der Rue des Petits-Champs. Es war gleich neben der Passage de Choiseul, das früher einmal Foyer zum kleinen Theater ,Bouffes Parisiennes’ war, in dem Offenbachs ,Orpheus in der Unterwelt’ seine Uraufführung erlebte. Die Passage wirkt heute ebenso heruntergekommen wie die Rue des Petits-Champs. Léo Malet hat seinen Detektiv deshalb dort einquartiert, weil er selbst in diesem Viertel einmal Zeitungen ausgetragen hatte.
    Nur etwa 200 Schritte weiter grüßt wieder das mondäne Paris. Mag sein, daß es in der Avenue de l’Opéra auch mal ein Cabaret ,Grillon’ gegeben hat - es ist ein Viertel, in dem das Geld locker sitzt. Nicht nur, weil sich dort viele Banken installiert haben. Schließlich ist die Place Vendôme nicht weit, das Zentrum der Juweliere. Gut geschützt freilich von der Vielzahl von
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