Bienensterben: Roman (German Edition)
ein Bett, oder?«
»Hast du wohl recht«, sag ich.
»Und wo willst du jetzt mit dem Hund hin?«, fragt er.
»Gassi gehen.«
»Wo denn?«
»Drymen.«
»Das ist doch am Arsch der Welt, Marnie.«
»Na ja, ich dachte mir, er kann ruhig mal was anderes sehen.«
Da wuselt Bobby dann zu Sandys Beinen, springt ihm auf den Schoß und reibt sich an ihm und alles, und Sandy mag es natürlich, Sandy halt.
»Echt ein süßes kleines Vieh, oder?«
»Ja, auf jeden Fall.« Ich geb Bobby einen kleinen Klaps, und er leckt mir die Hand. Ich krieg voll das schlechte Gewissen, weil ich weiß, gleich setz ich ihn in der Pampa aus.
»Willste nen Schluck?«, fragt Sandy Bobby und schüttet sich was aus der Flasche in die hohle Hand.
»Lass das, Sandy«, sag ich.
»Was denn?«
Bobby schlabbert es auf und ich krieg ein schlechtes Gewissen, aber dann denk ich mir, gut, einen angetüdelten Hund wird man leichter los als einen nüchternen, und der Drink hat ihm ja offensichtlich geschmeckt.
»Na okay«, sag ich. »Aber nur ein bisschen.«
Bobby trinkt wie ein Profi.
»Guter Junge«, sagt Sandy.
»Du hast sie nicht mehr alle«, sag ich zu ihm.
Er drückt den Halteknopf. »Ich muss hier raus.«
Er trinkt die Flasche aus und schiebt sie unter den Sitz. Sie kullert hin und her. Dann haucht er sich in die hohle Hand.
»Riecht man, dass ich was getrunken hab?«, fragt er.
»Bisschen schon«, sag ich. »Nimm ein Kaugummi«, rat ich ihm.
»Mach ich«, sagt er.
»Na, dann hoff ich, das läuft gut mit deiner Ma«, sag ich.
»Ja, hoff ich auch.«
Er tätschelt Bobby. »Viel Glück, Kleiner«, sagt er, und ich fühl mich wieder total beschissen, weil ich Bobby gleich in einem Ort namens Drymen aussetzen werde, und genau das mach ich dann auch. Klar mach ich mir einen Kopf, was wohl aus ihm wird. Dass er vielleicht verhungert oder so, aber was hätte ich machen sollen? Es stand einfach zu viel auf dem Spiel, und er ist immer wieder in den Garten. Mir blieb nichts anderes übrig, also hab ich die Leine losgemacht und den ganzen Heimweg nur geheult. Ich konnte echt nicht anders.
Lennie
Das Frühstück heute Morgen war eine recht steife Angelegenheit. Es kamen die üblichen Bitten, die Milch herüberzureichen, und die nach Cola zu den Cornflakes. Auch Marnie trank eine Tasse Tee und aß ein paar Toasts, worüber ich mich sehr freute, ich sehe das Mädchen ja nur zu gern essen, aber ich konnte die ganze Zeit nur denken: Wie in aller Welt sind eure Eltern bloß in die Blumenbeete gekommen? Man würde ja fragen, aber man traut sich auch nicht recht.
»Alles klar, Lennie?«, fragte Marnie.
»Ja, Liebes. Und bei dir?«
»Wie immer.«
Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich weiß nicht, wie es mir die ganze Zeit entgehen konnte. Als ich ihre ernsten kleinen Gesichter sah, wie sie Cornflakes und Toast kauten, dachte ich wieder an die Schatten, die in ihren Augen liegen, an die langen Blicke, die sie einander zuwerfen, die sanft auf die Schulter gelegte Hand, die zum Schweigen ermahnt, und das Husten, das einen sorglos geäußerten Gedanken unterbricht, an dessen Stelle schnell ein anderer gesetzt wird. Ich denke an ihre Spaziergänge am Meer, an die geflüsterten Diskussionen und die verlegenen Blicke über den Esstisch. Am meisten muss ich daran denken, was sie da die ganze Zeit geheim halten mussten, was für eine ungeheure Last sie an jedem einzelnen Tag hier bei mir mit sich herumgeschleppt haben. Ich denke an die Eltern und frage mich, was in aller Welt sie wohl getan haben könnten, dass sie jetzt tot in ihrem eigenen Garten verscharrt sind, aber tief im Inneren weiß ich, dass sie es verdient haben, egal, was es war.
Ich möchte den Mädchen helfen und es laut hinausschreien, doch ich schweige von den Gräbern in ihrem Garten, so wie ich auch von meinem eigenen Grab schweige.
Marnie
Er poliert gerade den Altar und hantiert mit Blumengestecken rum. Ich will das Ganze schnell über die Bühne bringen, deshalb red ich nicht lange um den heißen Brei.
»Wenn du losfahren und Izzy suchen willst, dann mach, aber wir kommen nicht mit. Uns ist egal, wo sie ist. Lass uns damit in Ruhe.«
Ich dreh mich auf dem Absatz um und geh, aber dann hör ich hinter mir schnelle Schritte, und auf einmal packt er mich an den Schultern und drückt mich gegen die Wand.
»Was glaubst du eigentlich, wer du bist, mein Fräulein? Dass du hier einfach hereinspazierst und glaubst, du hättest mir was zu sagen, du unverschämte
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