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Bernie und Chet

Titel: Bernie und Chet
Autoren: Spencer Quinn
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Eissplitter in meinem Maul herum und kühlten mich ab. Abendessen – und sei es auch nur ein schneller Imbiss wie jetzt – war etwas, auf das wir uns immer freuten, Bernie und ich.
    Er klappte seinen Laptop zu. »A ndererseits ist sie wohlbehalten wieder zurück. Das ist das Wichtigste. Aber du verstehst auch, warum ich es andererseits nicht ganz so schlimm finde, das Geld genommen zu haben?«
    Klar. Wir brauchten dringend Geld. Unsere Finanzen waren ein Desaster: Ehefrauenunterhalt, Kinderunterhalt, Hawaiihosen und fast keine Aufträge außer Scheidungssachen. Bernie redete ständig davon, beinahe jeden Abend. Eine Ameise, eine von diesen saftigen schwarzen, kam unter dem Herd vor und versuchte an mir vorbeizuflitzen. Was bildete die sich ein? Ich musste kaum meine Zunge bewegen. Bernie erklärte immer wieder, wie wichtig Proteine waren.
    Bernies Schlafzimmer – ganz schön unordentlich, überall verstreut Klamotten, Bücher, Zeitungen – lag hinten raus, mit Blick auf den Canyon. Er schlief in dem großen Bett, das er früher mit Leda geteilt hatte. Damals hatte ich in der Küche geschlafen, jetzt schlief ich auf dem Boden am Fußende des Betts. Irgendwo unter all dem Kram befand sich ein schöner weicher Teppich.
    »N acht, Chet.«
    Ich schloss die Augen. Allmählich wurde es kühler; Bernie hatte die Klimaanlage ausgeschaltet und die Fenster aufgemacht. Im Canyon war jede Menge los – Kojotengeheule, Rascheln, ein schriller Schrei, der abrupt aufhörte. Bernies Atem wurde ruhiger und gleichmäßiger. Er stöhnte ein- oder zweimal im Schlaf, dann murmelte er etwas, das wie »W er weiß?« klang. Ein Auto fuhr die Straße entlang. Dem Geräusch nach zu urteilen, schien es langsamer zu werden, als es sich dem Haus näherte. Ich hob den Kopf. Das Auto fuhr vorbei, das Motorengeräusch wurde immer leiser, bis es schließlich ganz verschwand. Ich stand auf, drehte mich einmal im Kreis und legte mich wieder hin, streckte die Beine. Ein weißes Ohr, ein schwarzes Ohr? Na und? Wenig später stromerte ich durch den Canyon, jagte im Mondschein Kojoten, Eidechsen und Nabelschweine – im Traum, versteht sich. Im wirklichen Leben war der Canyon Sperrgebiet für mich, es sei denn, ich war mit Bernie unterwegs. Aber er vertraute mir. Zumindest musste ich nicht mit einem elektrischen Zaun klarkommen wie der arme alte Iggy.
    Ich wachte von Bernies Schnarchen auf. Im Zimmer war es dunkel bis auf einen schwachen silbernen Streifen zwischen den Vorhängen. Ich stand auf – ich fühlte mich gut, ziemlich hungrig, ein bisschen durstig – und ging zum Bett. Bernie lag auf dem Rücken; außer seinem Gesicht, vom Kinn aufwärts, war nichts von ihm zu sehen. Seine Stirn war voller Falten, so wie immer, wenn er angestrengt über irgendein schwieriges Problem nachdachte. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe; er sah müder aus als vorhin, als er ins Bett gegangen war. Ich legte meinen Kopf auf die Decke.
    Ein Auto kam die Straße runter. Dieses Mal fuhr es nicht vorbei, sondern blieb leise quietschend stehen. Eine Tür wurde zugeschlagen. Allein von diesem Knall her war ich mir ziemlich sicher, wer es war. Ich trabte aus dem Schlafzimmer, durch die Küche und weiter ins Wohnzimmer. Das Fenster ging zur Straße raus, und richtig, da war Leda, und sie kam mit großen Schritten aufs Haus zu. Charlie saß im Auto und starrte aus dem Fenster.
    Ich rannte ins Schlafzimmer.
    »C het, um Himmels willen.« Bernie packte die Decke und versuchte mich daran zu hindern, sie ihm wegzuziehen. »L ass mich in Ruhe, ich schlafe.«
    Dingdong. Die Haustür.
    Bernie setzte sich auf. »I st da jemand?«
    Dingdong.
    »C het! Was zum Teufel soll das? Geh vom Bett runter.«
    Ich stand auf dem Bett? Und stupste Bernie mit der Pfote an? Huch. Ich sprang runter. Bernie stand auf, zog seinen Morgenmantel über, den mit den vielen Löchern und ohne Gürtel. Er ging rasch aus dem Zimmer, die Haare in alle Richtungen abstehend, kräftiger Mundgeruch. Ich lief hinterher. Bernie öffnete die Tür, blinzelte ins Licht. Leda hatte helle Augen, die Farbe des Winterhimmels. Sie sah Bernie an, seine unordentlichen Haare, seinen Morgenmantel, dann mich, dann wieder Bernie. Bernie stand einfach nur mit offenem Mund da.
    »M acht es dir Spaß, mich derart in Verlegenheit zu bringen?«, fragte sie.
    »H ä?«, sagte Bernie.
    Ich verstand es auch nicht. Ich hatte schon immer Schwierigkeiten gehabt, Leda zu verstehen, selbst wenn ich so dicht vor ihr stand wie jetzt und jede
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